Fragwürdige Dienstreise Wüstenrot droht nach Bordellaffäre mit Konsequenzen

Die Bausparkasse Wüstenrot prüft die zweifelhafte Incentive-Reise nach Rio de Janeiro. Bis zu 20 Handelsvertreter sollen dort in einen einschlägigen Nachtclub eingekehrt sein. Es drohen personelle Konsequenzen.

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Ausgerechnet die besten Mitarbeiter haben dem Finanzkonzern Wüstenrot & Württembergische (W&W) einen schlüpfrigen Skandal eingebrockt. Quelle: dpa

Frankfurt/Düsseldorf Eine fragwürdige Reise von freien Handelsvertretern der Bausparkasse Wüstenrot nach Rio de Janeiro könnte harte Folgen haben. „Wir prüfen derzeit intensiv, ob einzelne Teilnehmer gegen unsere Verhaltensregeln oder Rechtsvorschriften verstoßen haben“, sagte Bernd Hertweck, Vorstand der Wüstenrot Bausparkasse AG. Gegebenenfalls werde man personelle Konsequenzen ziehen oder disziplinarische Maßnahmen ergreifen.

Bei einer Incentive-Reise für die besten freien Handelsvertreter von Wüstenrot im April vergangenen Jahres kehrten bis zu 20 Teilnehmer in einen Nachtclub in Rio ein, der als Kontakthof für käuflichen Sex dient. Mindestens drei Mitarbeiter, darunter Führungskräfte, nahmen sich Prostituierte mit aufs Zimmer. Das Handelsblatt hatte gestern ausführlich über den Fall berichtet.

Dass Wüstenrot nun schnell disziplinarische Schritte einleiten will, hält José A. Campos Nave, Leiter der Compliance-Abteilung der renommierten Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner für den richtigen Weg. „Es reicht nicht, Werte nur auf irgendein Papier zu schreiben. Sie müssen auch vorgelebt werden“, sagt der Anwalt. „Mit einem offen zur Schau getragenen Bordellbesuch könnten sich Führungskräfte erpressbar machen. Mit so einem Verhalten ist die Durchsetzung der Corporate Governance praktisch obsolet.“

Der Branchenverband der Bausparkassen erwartet keinen Imageschaden durch den Skandal. „Das zitierte Ereignis gehörte nicht zum Reiseprogramm des Unternehmens“, sagte ein Sprecher des Verbands der Privaten Bausparkasse am Montag. „Einen Imageschaden für die Branche befürchten wir nicht. Denn die Menschen sind klug genug zu unterscheiden: Was können Unternehmen wirklich steuern und was nicht?“ sagte der Sprecher. Wichtig sei dem Verband, dass es in den Firmen klare Verhaltensregeln gebe, die auch durchgesetzt würden. „Das ist hier der Fall“, meinte der Sprecher. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass man fragwürdiges moralisches Verhalten einzelner Teilnehmer unterbinden könne.

Incentive-Reiseveranstalter sehen sich mit Vorwürfen konfrontiert, deren Verallgemeinerung sie zurückweisen. „Es gibt in jeder Branche schwarze Schafe, die damit auch die übrigen 99,9 Prozent schnell in Verruf bringen“, sagt Patrick Patridge vom Branchenverband für Incentive-Reisen. In der Wirtschaftskrise hätten die Incentive-Reiseanbieter stark gelitten, denn viele Unternehmen hätten am Etat für solche Veranstaltungen gespart. In den letzten Monaten sei der Markt langsam wieder in Bewegung gekommen. Patridge hofft, dass sich dies durch die Negativberichterstattung nicht ändert. „Incentive-Reisen sind ein wichtiges Zeichen der Anerkennung, wenn Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten gute Umsätze erzielt haben.“

Wüstenrot fällt für Umsatzsteigerungen der Branche allerdings aus. Die Bausparkasse kündigte gestern an, Incentive-Reisen künftig nur noch in Deutschland abzuhalten.

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