Ist es nicht unbefriedigend, dass Versicherer solche existenziellen Großrisiken nicht abdecken können.
Es stimmt, dass es heute im Grunde keine Deckungen für das Risiko einer Pandemie gibt. Das ist aus Sicht unserer Branche natürlich unbefriedigend. Es sind schließlich noch weitere Szenarien denkbar. Auch Cyberangriffe können unabsehbare, existenzielle Folgen haben.
Was ist zu tun?
Die Versicherungsbranche allein kann Schäden dieser Dimension schlicht nicht tragen. In der Schweiz könnten alle Anbieter zusammen vielleicht fünf oder zehn Prozent eines Großereignisses wie Corona decken. Wir können aber enger mit dem Staat zusammenarbeiten: Das beginnt schon bei Themen wie der Schadensermittlung und -abwicklung. Diese Themen sind nicht die Kompetenz des Staates, der deshalb teilweise viel zu viel bezahlt hat.
Damit ist aber kein möglicher Schaden abgesichert.
Wir sollten auch über innovative Lösungen nachdenken. Warum soll es nicht möglich sein, Pandemierisken zu verbriefen und dadurch handelbar zu machen? Das ist bei Naturkatastrophen seit Jahren möglich. Dafür bräuchte es einen klaren politischen Rahmen.
Auch Naturkatastrophen wie die Flut im Ahrtal haben Ihre Branche zuletzt intensiv beschäftigt.
Das Hochwasser im vergangenen Jahr hat Schäden in Höhe von 20 Milliarden Euro verursacht, nur etwa die Hälfte der Kunden war versichert. Das Ergebnis ist unbefriedigend. Wenn die Politik einspringt, ist es ungerecht gegenüber jenen Menschen, die selbst vorgesorgt haben. Andererseits kann man auch schlecht hinnehmen, dass viele Familien einfach ihr gesamtes Hab und Gut verlieren.
In den meisten Kantonen der Schweiz gibt es eine Pflichtversicherung für Gebäude, über die auch in Deutschland diskutiert wird. Wäre das eine Lösung?
Sie wäre eine Option, aber ich bin grundsätzlich skeptisch gegenüber solchem staatlichen Zwang. Es wäre schon viel geholfen, wenn wir gemeinsam noch mehr aufklären würden, sodass die Menschen aus eigener Einsicht eine Police abschließen.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine konfrontiert Unternehmen mit neuen Risiken. Wären sie versichert, wenn der Strom ausfällt?
Folgen des Stromausfalls sind nur gedeckt, wenn sie wiederum die Folge eines versicherten Ereignisses sind – also etwa eines Brandes oder eines Einbruchs. Wenn der Strom einfach abgestellt wird, springen wir nicht ein.
Welche Risiken hat der Krieg dann für Ihre Branche?
Wichtig sind für uns vor allem die indirekten Risiken: Die Inflation treibt womöglich die Schadenssummen in die Höhe, sodass wir sicherstellen müssen, dass wir bei den Beiträgen rechtzeitig reagieren. Die direkten Risiken sind dagegen überschaubar. Wir haben einige Kunden nach Russland und in die Ukraine begleitet, bei denen sich nun spezielle Fragen stellen: Etwa die, ob Lager in Russland noch versichert sind. Wenn eine Fabrik bombardiert wird, fällt das unter die Kriegsklausel, sodass wir nicht für den Schaden aufkommen.
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