Hürden zu niedrig Ersatzkassen kritisieren Medizinproduktgesetz

Der Vorsitzende des Ersatzkassen-Verbandes, Holger Zahn, fordert striktere Regeln für den Markt für Medizinprodukte. Die Hürden seien zu niedrig.

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Ein defektes Silikon-Brustimplantat des französischen Herstellers PIP. Quelle: dapd

Berlin Nach dem Skandal wegen fehlerhafter Brustimplantate fordern die Ersatzkassen striktere Regeln für den Milliardenmarkt der Medizinprodukte. „Die Hürden für eine Neuzulassung sind hierzulande extrem niedrig“, sagte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Christian Zahn, am Dienstag in Berlin. Zurzeit müssten die Hersteller lediglich nachweisen, dass das Produkt seinen Zweck erfüllt.

Jedes Jahr kommen Zahn zufolge etwa 400.000 neue Medizinprodukte wie Gehhilfen, Hörgeräte sowie künstliche Knie- und Hüftgelenke neu auf den Markt. „Und es wird kräftig in diesem Markt verdient“, sagte der vdek-Vorsitzende. Der Gesamtumsatz der Medizintechnik-Unternehmen in Deutschland habe 2010 bei 20 Milliarden Euro gelegen.

Zahn mahnte eine Weiterentwicklung des Medizinproduktegesetzes an. Es fehlten klinische Studien zur Zweckmäßigkeit und zum therapeutischen Nutzen sowie die Verpflichtung, eine Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen.

Am Entwurf der Bundesregierung für ein Patientenrechtegesetz begrüßte der Verband grundsätzlich, dass ein über Jahrzehnte gewachsenes Richterrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden solle. Aber die Patienten wüssten oft nicht, welche Rechte sie hätten und wie sie diese einfordern könnten. „Es darf nicht passieren, dass die Rechte der Patienten im Ergebnis geschwächt werden“, sagte Zahn.

Weiter bemängelte der Vorsitzende, dass der Referentenentwurf keinerlei Regeln zu den sogenannten IGel-Leistungen enthält. Diese individuellen Gesundheitsleistungen muss der Patient selbst bezahlen. Zahn schlug vor, das Angebot „zum Schutz des Patienten vor medizinisch fragwürdigen Leistungen“ zu begrenzen und eine hinreichende Bedenkzeit für die Patienten vorzusehen.


Finanzpolster für 2012

Zur angekündigten Pflegereform erklärte der Verband, dass bedauerlicherweise die notwendige Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs auf die lange Bank geschoben werde. Wenn bei der Begutachtung nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch Verhaltensauffälligkeiten stärker erfasst würden, könnte vor allem den Demenzkranken noch mehr geholfen werden, erklärte der vdek-Vorsitzende.

Zur finanziellen Lage sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Ballast, die sechs Ersatzkassen mit ihren mehr als 25 Millionen gesetzlich Krankenversicherten könnten das neue Jahr mit einem Überschuss beginnen. Für das erste bis dritte Quartal 2011 verzeichneten die Ersatzkassen einen geschätzten Überschuss von rund 1,7 Milliarden Euro.

Auch wenn das vierte Quartal schwächer gewesen sei, bleibe immer noch ein Überschuss. „Aber aus schwarzen Zahlen können schnell rote Zahlen werden“, mahnte Ballast. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die „unsinnige Veranstaltung“ des Zusatzbeitrags der Vergangenheit angehören könnte. Die letzte Ersatzkasse wolle den Zusatzbeitrag zum 1. April abschaffen.

Dem vdek gehören sechs Ersatzkassen an: Barmer GEK, Techniker Krankenkasse, DAK-Gesundheit, KKH-Allianz, HEK - Hanseatische Krankenkasse und hkk. Zusammen konnten sie 2011 ihren Marktanteil im Bereich gesetzliche Krankenkasse auf 37,2 Prozent ausbauen. Sie sind damit Marktführer vor AOK (35,1 Prozent) und BKK (16,2 Prozent).

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