Kfz-Versicherung Black Box verspricht Rabatte für brave Autofahrer

Junge Autofahrer verursachen hohe Schäden, deshalb zahlen sie hohe Versicherungsprämien. Autoversicherer wollen sie nun per Black Box am Steuer überwachen - und locken mit günstigeren Prämien. Ein Manöver mit Risiko.

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Ein Stau auf einer Autobahn Quelle: dpa

Seit ihrer Erfindung stecken Versicherungen in einem Dilemma: Sie können nur vermuten, welches Risiko sie mit einem Kunden eingehen. Allein der Kunde weiß, wie gefährlich er für die Assekuranz tatsächlich ist. Dieses Problem versuchen die Autoversicherer nun mithilfe von Big Data zu lösen, der massenhaften Sammlung von Daten.

Eine kleine schwarze Box am Armaturenbrett, nicht größer als eine Zigarettenschachtel und voller Elektronik, macht die Kontrolle möglich. Mal wieder zu hart gebremst? Ein Kurvenverhalten wie auf der Achterbahn? Der digitale Beifahrer petzt alle auffälligen Manöver an die Assekuranz.

Die VHV Versicherung aus Hannover bietet die sogenannte Telematik-Technik in diesem Jahr erstmals im großen Stil an. Ab Oktober führt Deutschlands viertgrößter Kfz-Versicherer einen Tarif ein, bei dem der Fahrstil der Kunden die Prämie beeinflusst. „Wir rechnen mit 10.000 Versicherten, die sich eine Box einbauen“, sagt Per-Johan Horgby, VHV-Vorstand für das Privatkundengeschäft, der WirtschaftsWoche. Horgby hofft so auf mehr Kunden und weniger Schäden, „weil Telematik-Fahrer vorsichtiger unterwegs sind“.

Infografik
Das funkt die Telematik-Box an die Versicherung:

Mit einer Versicherungsprämie in Abhängigkeit vom Fahrstil (Fachjargon: „Pay as you drive“, also „Zahle, wie du fährst“) befinden sich die Niedersachsen in prominenter Gesellschaft. Auch Marktführer Allianz denkt über die Einführung einer solchen Police in Deutschland nach. Und der hierzulande drittgrößte Kfz-Versicherer Axa wird wohl im vierten Quartal mit Telematik-Tarifen für junge Fahrer in den Markt gehen.

Versicherungen zweifeln an Rentabilität

Doch das Geschäftsmodell ist umstritten. Vor anderthalb Jahren bot S-Direkt, eine Tochter der Provinzial Rheinland, erstmals in Deutschland Tarife mit Telematik-Technik an. Das Medienecho war groß, der wirtschaftliche Erfolg eher klein: S-Direkt beließ es bei einem Test mit 1000 Fahrern. Man könne aufgrund der erhobenen Daten keine genauen Risiken kalkulieren, „das ist Harakiri“, sagte damals ein Provinzial-Vorstand.

Diebstahl kaskoversicherter Pkw von 2003 bis 2013

Auch R+V, die Nummer sechs in Deutschland, zweifelt, dass sich der digitale Beifahrer rechnet: Nach einem Test mit 1500 Kunden bilanziert Projektleiter Marc-Oliver Matthias: „Wir gehen nicht davon aus, dass es in den kommenden Jahren nennenswerte ,Pay as you drive‘-Produkterfolge geben wird.“

Ein Grund, es trotzdem zu versuchen, ist die schwierige Situation der Autoversicherer in Deutschland. 96 Anbieter kämpfen um Prämieneinnahmen von rund 25 Milliarden Euro pro Jahr und bremsen sich mit Niedrigpreisen gegenseitig aus. Vor zwei Jahren haben noch vier von fünf ein Minus gemacht. Erst 2014 fuhren sie im Durchschnitt zum ersten Mal seit sieben Jahren Gewinne ein.

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