
München Europas größter Versicherer leidet stärker als erwartet unter der Schuldenkrise. Im dritten Quartal verdiente die Allianz mit 258 Millionen Euro fast 80 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum und enttäuschte damit die Börse. Hauptgrund waren Abschreibungen auf Aktien und griechische Staatsanleihen. Analysten hatten einen Rückgang des Nettogewinns um 56 Prozent auf 552 Millionen Euro erwartet. In den neun Monaten sank der Gewinn damit 2,24 Milliarden Euro – ein dickes Minus von 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Weitere Lasten in Südeuropa schiebt der Konzern vor sich her, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Das gilt vor allem für Italien. Insgesamt hat die Allianz 413,5 Milliarden Euro in Zinspapieren angelegt. 35 Prozent der festverzinslichen Wertpapiere stecken in Staatsanleihen. Von den gesamten Rentenanlagen entfielen zum 30. September 2011 auf Spanien 1,2 Prozent, Griechenland und Irland 0,1 Prozent sowie Portugal 0,2 Prozent. In Italien liegen dagegen 6,2 Prozent der gesamten Rentenanlagen.
Der Buchwert der italienischen Staatsanleihen betrug Ende September 25,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag lag über dem Marktwert der Papiere. Das bedeutet: Schon zum Bilanzstichtag vor anderthalb Monaten hatte die Allianz brutto nicht realisierte Verluste von 2,2 Milliarden Euro in den Büchern. Der größte Teil davon entfällt auf die Kunden. Der Versicherer selbst rechnet netto, also nach Beteiligung der Versicherungsnehmer und Steuern, im Zwischenbericht mit Verlusten von 385 Millionen Euro, die er noch nicht realisiert hat.
Insgesamt saß die Allianz Ende September in den Krisenstaaten Südeuropas auf stillen Lasten von 2,7 Milliarden Euro brutto und 562 Millionen Euro netto. Absolut habe sich das Engagement in Staatsanleihen der Krisenstaaten dabei seit Ende 2010 von 36,2 Milliarden Euro auf 32,3 Milliarden Euro verringert. Bezogen auf griechische Staatsanleihen hat die Allianz im dritten Quartal Wertberichtigungen in Höhe von 198 Millionen Euro brutto verbucht, nachdem bereits im zweiten Quartal 2011 Wertberichtigungen in Höhe von 644 Millionen Euro vorgenommen worden waren.
Mit dem Versicherungs- und Vermögensanlagegeschäft war die Allianz dagegen zufrieden. Der Umsatz im dritten Quartal 2011 sei erneut auf hohem Niveau gewesen. Der Gesamtumsatz der Allianz Gruppe belief sich auf 24,1 Milliarden Euro und lag damit 1,8 Prozent unterhalb des Wertes des dritten Quartals des Vorjahres. Die Einnahmen in den ersten neun Monaten fielen dadurch um 1,5 Milliarden Euro auf 78,5 Milliarden Euro.
Erfolgreiche Entwicklung in der Vermögensverwaltung
Im Kerngeschäft sei ein solides Ergebnis erzielt worden, erklärte die Allianz weiter. Das operative Quartalsergebnis von 1,906 Milliarden Euro habe zwar 7,3 Prozent unter dem Vorjahresergebnis gelegen, bleibe aber auf Zielkurs. Der Betriebsgewinn sank vor allem aufgrund niedrigerer Anlageerträge in der Lebens- und Krankenversicherung im Vergleich zu 2010. In der Schaden- und Unfallversicherung seien die Ergebniszahlen stabil geblieben.
Und in der Vermögensverwaltung habe die Allianz sogar ihre erfolgreiche Entwicklung fortgesetzt und den Betriebsgewinn erneut gesteigert. Die gesamten verwalteten Anlagen stiegen um 10,3 Prozent auf den bislang höchsten Stand von 1.592 Milliarden Euro. Ende des dritten Quartals 2010 lag der Wert bei 1.443 Milliarden Euro. Die für Dritte verwalteten Anlagen erreichten 30. September 2011 ein Niveau von 1.222 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreswert von 1.131 Milliarden Euro.
Im Quartalsergebnis von 258 Millionen Euro machten sich vor allem Wertminderungen 931 Millionen Euro bemerkbar, weil der Versicherer Abschreibungen auf Beteiligungen im Finanzsektor und griechische Staatsanleihen vornahm. Zudem sei der effektive Steuersatz der Allianz Gruppe deutlich auf 60 Prozent im Vergleich zu 34,4 Prozent im dritten Quartal 2010 gestiegen, weil der Großteil der Wertminderungen steuerlich keine Berücksichtigung finde.
„Alle Marktteilnehmer sind derzeit mit der Ungewissheit und den großen Schwankungen an den Kapitalmärkten konfrontiert. Aufgrund unserer soliden operativen Ertragslage und unserer Kapitalstärke hält die Allianz diesen Widrigkeiten weiterhin gut stand“, erklärte Finanzvorstand Oliver Bäte. „Wir halten weiterhin daran fest, unser operatives Ergebnisziel für 2011 von 8,0 Milliarden Euro zu erreichen, plus/minus 0,5 Milliarden Euro.“
Wichtig sei auch, dass der Konzern trotz des Abschwungs an den Aktienmärkten und der anhaltenden Staatsschuldenkrise seine Kapitalstärke erhalten habe. Das Eigenkapital stieg um 2,2 Prozent auf 43,56 Milliarden Euro im Vergleich zum 30. Juni 2011. An der Börse wird der Konzern dagegen derzeit mit weniger als 33 Milliarden Euro bewertet.