Jeder vierte Schaden an Flachbildfernsehern ist nicht plausibel, hat der GdV herausgefunden. In den Schadensmeldungen stolpert der Nachbar über ein Kabel und reißt den Fernseher vom Tisch oder ein Sektkorken trifft den Bildschirm und zertrümmert diesen – alles Schäden, die genauso entstanden sein könnten. Aber in vielen Fällen passt das Schadensbild nicht zur Schilderung des Hergangs.
Nur ein Kavaliersdelikt?
Es gibt drei Arten des Versicherungsbetrugs: Erstens, der Schaden ist nicht versichert, also stellt der Kunde den Hergang gegenüber seiner Versicherung anders dar. Fast zwei Drittel aller Betrüger gehen so vor. Zweitens: Ein Drittel aller Schummler übertreibt bei der Schadenssumme. Und drittens: Nur vier Prozent betrügen, indem sie ihrer Versicherung einen Schaden vorgaukeln, der gar nicht existiert. Die Zahlen haben der GdV und die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in einer breit angelegen Untersuchung ermittelt.
In den Augen der Bevölkerung gilt Versicherungsbetrug ähnlich wie Schwarzfahren als Bagatelle. Gut 20 Prozent der Deutschen meinen, es sei ein Kavaliersdelikt, wenn man die Versicherung mehr bezahlen lasse, als gerechtfertigt sei, so die Studie von GdV und GfK.
Die Haltung dahinter sei simpel, sagt Gothaer-Mann Leicht: Jahrelang habe man in die Versicherung eingezahlt, dächten sich Betrüger, da müsse man schließlich auch mal „was rausbekommen“. Andere treiben Verärgerung und Frust über die mächtigen Versicherer, die etwa bei Arzt- oder Klinikfehlern die Auszahlung verschleppen oder gleich ganz verweigern.
Beim Betrug kennt die Kreativität kaum Grenzen. So meldete sich ein Reitlehrer bei der Allianz. Vor Jahren hatte er eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Nun erklärte er, ein chronisches Rückenleiden erlaube ihm nur noch zwei Stunden Büroarbeit am Tag, was der Mann durch ein ärztliches Gutachten untermauerte. Um seine monatliche Rente zu ermitteln, bat die Allianz um eine aktuelle Gehaltsabrechnung. Als diese einging, stutzten die Sachbearbeiter: Für eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden fiel das aktuelle Salär, das die Reitschule ihm zahlte, ungewöhnlich hoch aus. Vor seiner angeblichen Invalidität hatte er kaum weniger verdient.





Jetzt legten die Ermittler los. Im Internet fanden sie aktuelle Fotos, auf denen der Mann Kinder im Reiten unterrichtete. Die Allianz forderte ein Gutachten eines anderen Arztes an. Das Rückenleiden stellte sich als Hexenschuss heraus. Später fanden die Ermittler heraus, dass der Reitlehrer und der Arzt des ersten Gutachtens in derselben Straße wohnten.
440.000 Euro habe sein Haus in diesem Fall durch die Ermittlungen gespart, rechnet Alexander Vollert vor, im Vorstand der Allianz Deutschland für das Schaden- und Unfallgeschäft zuständig. In diesem Bereich verzeichnen die Münchner wie alle Versicherer die meisten Betrügereien.
Auch Vollert will dem Treiben der Trickser nicht länger tatenlos zusehen. Darum hat die Allianz im Frühjahr eine eigene Einheit zur Betrugsabwehr gegründet. Insgesamt 80 Spezialisten beschäftigen sich bei dem Münchner Versicherer inzwischen mit dem Thema. Außerdem hat Vollert die neue Position eines Betrugskoordinators geschaffen. Der soll künftig die Arbeit der Abwehrspezialisten in Sach-, Kranken- und Lebensversicherung steuern.