Unwetter Wirtschaftsweise Schnitzer: Pflichtversicherung gegen Elementarschäden sinnvoll

Der Kursaal in Bad Neuenahr ist komplett verwüstet. Quelle: dpa

Kann eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in einer derartigen Krisensituation wie der jetzigen hilfreich sein? Top-Ökonomen in Deutschland sind geteilter Meinung.

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Die Münchner Ökonomin Monika Schnitzer, Mitglied der Wirtschaftsweisen, hat sich für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in Deutschland ausgesprochen. Diese sei sinnvoll, „wenn man verhindern will, dass manche auf eine solche Versicherung verzichten, im Vertrauen darauf, im Katastrophenfall Hilfe durch den Staat zu erhalten“, sagte sie der WirtschaftsWoche. Allerdings müsse die Höhe der Prämien auf die Höhe der Risiken abgestimmt sein. „Wessen Haus und Grund stärker gefährdet sind, sollte höhere Prämien zahlen“, so Schnitzer. Die Bewertung der Risiken müsse zudem regelmäßig angepasst werden – und Anbieter der neuen Versicherung sollte nicht der Staat sein. Schnitzer: „Eine Pflichtversicherung kann und sollte privatwirtschaftlich angeboten werden“.

Auch Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, befürwortet eine Pflichtversicherung. „Diese müsste aber mit einem Selbstbehalt ausgestattet sein, damit die Anreize zum Selbstschutz aufrecht bleiben“, sagte er der WirtschaftsWoche. Die Prämien sollten „an die existierenden Risiken angepasst werden, wie das bei anderen Versicherungen auch der Fall ist“. Dies habe „zusätzliche positive Anreizwirkungen und verhindert das Subventionieren hoher Risiken durch niedrige“.

Wie Schnitzer sieht auch Felbermayr „keinen Grund, warum eine Versicherung nicht privatwirtschaftlich bereitgestellt werden sollte“. Allerdings solle der Staat in einer Übergangsphase helfen, wenn Besitzer von Häusern in Überschwemmungsgebieten plötzlich mit hohen Prämien konfrontiert würden. Der Vorschlag des Ökonomen: über 20 Jahre linear abfallend die Prämien staatlicherseits zu subventionieren.

Eine Gegenposition im Lager der Top-Ökonomen vertritt Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts. „Für eine Pflichtversicherung für private Immobilienbesitzer sehe ich keine hinreichende Begründung“, sagte er der WirtschaftsWoche. Wenn sich die Politik trotzdem für eine Pflichtversicherung entscheide, sollte diese „auf jeden Fall privat sein“ und müsste „eine sehr hohe Selbstbeteiligung geben, damit die Fehlanreize, in hochwassergefährdeten Gebieten zu bauen, in Grenzen gehalten werden“.

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Eine staatliche Lösung lehnt Fuest ab. „Eine staatliche Hochwasserversicherung würde vermutlich keine Prämien vorsehen, die das Risiko angemessen abbilden und wäre eine Umverteilung zu Gunsten von hochwassergefährdeten Standorten. Profitieren würden vor allem die Eigentümer der dortigen Immobilien, Verlierer wären Eigentümer von Immobilien an nicht hochwassergefährdeten Standorten.“

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