Versicherer Die dubiosen Methoden der Volksfürsorge

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Verbraucherschützer warnen

Streichpotenzial der Krankenkassen
Karten von Krankenversicherungen Quelle: AP
Ein Mund Quelle: Robert Kneschke - Fotolia.com
Bonusheft Quelle: dpa
Gymnastik Quelle: Robert Kneschke - Fotolia.com
Akupunktur Quelle: gms
Eine Impfdosis des Mittels Pandemrix gegen Schweinegrippe Quelle: dpa
Geschientes Bein Quelle: Peter Atkins - Fotolia.com

Sodann soll der Kunde, so der Leitfaden, bereit sein für einen Gesprächstermin. Bei dem Treffen bekommt er dann als Begrüßungsgeschenk einen bereits bezahlten Lottoschein.

Was dabei herauskommen soll, erinnert an die Aktion vor rund drei Jahren. Diesmal werden vor allem Kunden mit einer beitragsfrei gestellten Police angesprochen, allerdings jetzt, um ihnen eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung zu verkaufen. Der Trick auch hier: Wer nur wenig Geld übrig hat für eine neue Versicherung, soll seine stillgelegte Versicherung kündigen. Die Volksfürsorge sagt hierzu nur, dass die Aktion nicht gezielt auf beitragsfreie Verträge ausgerichtet sei.

Der Rückkaufwert wird diesmal auf einem Depot bei der Generali geparkt, um daraus einen Teil der monatlichen Raten für die neue Police zu bedienen. Die Summe solle so gestreckt werden, dass sie mindestens fünf Jahre reiche, „damit wir auf der sicheren Seite sind“, berichtet ein Berater. Denn will der Kunde nach diesem Zeitraum die Versicherung dann nicht mehr, kann der Berater, sprich: die Volksfürsorge, die Provision behalten. Das Unternehmen gab hierzu keine Stellungnahme ab.

Teure Rentenversicherungen

In den Bezirksdirektionen gibt es bereits Listen, welcher Berater wie viele „Besuchsaufträge“ bekommen hat. Zudem sollen die Vorgesetzten nachhalten, wie erfolgreich jeder Mitarbeiter war. „Wenn einer nicht mitmachen will, dann bekommt die Kundendaten ein anderer“, sagt ein Vertriebler. Die Volksfürsorge gab hierzu keine Stellungnahme ab. Und auch hier wurde die interne „KEN“-Regel ausgesetzt. Das heißt, der Berater bekommt dieselbe Provision wie für einen völlig neuen Vertrag. Zudem sollen die besten Verkäufer eines von 90 iPads 3 erhalten. „Legen Sie am besten gleich los, denn bei dieser Aktion zählt nicht Glück, sondern Fleiß!“, heißt es in den Wettbewerbsbedingungen.

Und der Kunde?

Jeder fünfte Arbeitnehmer wird laut Bund der Versicherten arbeits- oder berufsunfähig. Eine Absicherung kann deshalb sinnvoll sein. Verbraucherschützer verurteilen solche Vertriebsaktionen, wie sie die Volksfürsorge betreibt, dennoch. So etwas „habe mit bedarfsgerechter Beratung nichts zu tun“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender beim Bund der Versicherten. Mit den Produkten würden jeweils ganz andere Ziele verfolgt. „Eine Lebensversicherung zu kündigen ist fast immer schlecht für den Kunden“, warnt zudem Honorarberater Horvat. Das liegt unter anderem an den niedrigen Rückkaufwerten. Das Analysehaus Franke und Bornberg hat diese unter die Lupe genommen: Zahlt beispielsweise ein 30-jähriger Kunde monatlich 100 Euro in eine private Rentenversicherung der Generali ein, die 35 Jahre lang laufen soll, erhält er im Kündigungsfall erst nach 16 Jahren Laufzeit sein eingezahltes Kapital zurück.

Ausgedünnte Hierarchieebenen

Ob die neue fragwürdige Offensive der Volksfürsorge aus dem Tief hilft, ist offen. Deshalb plant der Vorstand vorsorglich eine neue Sparrunde. Um Details zu besprechen, hatten es sich die Chefs vom 21. bis zum 24. Mai mit den wichtigsten Führungskräften auf Mallorca gemütlich gemacht. Heraus kam dabei nach Informationen der WirtschaftsWoche, dass die Hierarchieebenen weiter ausgedünnt werden sollen. Mit einigen Führungskräften laufen bereits Trennungsgespräche. In dieser Woche, am 12. Juli, sollen die konkreten Maßnahmen bei einer Führungskräftetagung in Hamburg bekannt gegeben werden. Die Volksfürsorge gab hierzu keine Stellungnahme ab. 2010 hatte der Vorstand noch die Parole ausgegeben: „Wir sind der starke und dynamisch wachsende Vertrieb mit den zufriedensten Kunden und den erfolgreichsten Mitarbeitern.“

Erst recht muss es für die Kunden wie Hohn klingen, was Vorstandssprecher Bernd Felske vor wenigen Monaten in einem Interview sagte: nämlich dass die Volksfürsorge „den Menschen in den Mittelpunkt jedes Beratungsgesprächs“ und „und seine Ziele und Wünsche in den Vordergrund“ stelle.

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