Versicherung Ein Jahr nach der Flut ist immer noch ein Viertel der Schäden offen

Fünf der 8,5 Milliarden Euro Gesamtschäden sind bislang ausgezahlt. Materialmangel und knappe Ressourcen bei Handwerksbetrieben verzögern den Wiederaufbau.

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Die Bahnstrecke im rheinland-pfälzischen Altenahr ist seit der Flut im Juli 2021 nicht mehr vorhanden. Quelle: dpa

Ein Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind noch ein Viertel der Versicherungsfälle offen. Insgesamt hätten die Versicherer aber bereits fünf der 8,5 Milliarden Euro Gesamtschäden ausgezahlt, teilte der Branchenverband GDV am Mittwoch mit.

„Für die Schadenregulierung ziehen wir insgesamt eine positive Bilanz, doch jetzt hängt die Regulierung am Tempo des Wiederaufbaus“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). In den noch offenen Fällen hätten Versicherte vielfach große Teile des Schadens bereits ersetzt bekommen.

Bei der Flutkatastrophe nach schweren Unwettern kamen im Juli 2021 in Deutschland etwa 170 Menschen ums Leben. Insgesamt verzeichneten die Versicherer 213.000 Schadenfälle, davon 40.000 beschädigte Autos und andere Fahrzeuge, 54.000 Versicherungsfälle in der Hausratversicherung, 91.000 beschädigte Wohngebäude und 28.000 Firmen, die durch die starken Regenfälle ab dem 14. Juli Sachschäden und Betriebsunterbrechungen meldeten.

In den Katastrophengebieten mussten über 2.000 Einfamilienhäuser mit versicherten Schäden von mehr als 100.000 Euro wieder in Stand gesetzt werden. Im Kreis Ahrweiler lag der Durchschnittsschaden bei 210.000 Euro pro Wohngebäude. „Das ist der höchste jemals gemessene Schadendurchschnitt bei Wohngebäuden.“

Im Kreis Euskirchen war jedes vierte Haus beschädigt. Insgesamt lag der Schaden rund um Wohngebäude im Schnitt bei 42.100 Euro, der größte Schaden bei einem Einfamilienhaus betrug laut GDV 960.000 Euro.

Politik debattiert über eine Pflichtversicherung

Die Hochwasserkatastrophe habe für besonders viele, besonders teure und besonders komplexe Schäden gesorgt, erläuterte Sabine Krummenerl, Vorsitzende des GDV-Ausschusses Privatkunden. In jedem vierten Versicherungsfall dauerten Wiederaufbau und Instandsetzung jedoch noch an.

„Es fehlt häufig Material, es fehlen noch immer Handwerker“, sagte Krummenerl. In den noch offenen Fällen stehen Instandsetzungen und damit Zahlungen von 3,5 Milliarden Euro aus.

Als Konsequenz der Flut debattiert die Politik über eine Pflichtversicherung, die die Branche allerdings skeptisch sieht. Die Versicherer fordern vielmehr größere Anstrengungen zur Schadenvermeidung – etwa durch Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten.

„Eine Pflichtversicherung allein verhindert keinen Schaden“, sagte Asmussen. „Wenn wir Prävention und Klimafolgenanpassung vernachlässigen, wird der Klimawandel eine Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien in Gang setzen.“ Manchmal reiche es etwa, „wenn Gebäude nicht ebenerdig, sondern auf einem kleinen Sockel gebaut werden“.

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