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Versicherung im Umbruch Generali-Deutschland-Chef will Kosten um bis zu 30 Prozent senken

Mit weniger Personal, deutlich reduzierten Angeboten sowie dem Umzug des Vorstandes von Köln nach München will Generali Deutschland auf das schwierige Geschäft aufgrund der niedrigen Zinsen reagieren.

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Schriftzug der Generali Deutschland Quelle: dpa

„Wir müssen unsere Struktur stark vereinfachen und Komplexitäten reduzieren. Ich will unter anderem die Kosten in den weniger kundenrelevanten Stabsbereichen um 30 Prozent senken“, kündigte Vorstandschef Giovanni Liverani im Interview mit der WirtschaftsWoche an. Neben der internationalen Generali-Holding mit Sitz in Italien sei eine Holding mit 400 Mitarbeitern in Deutschland nicht sinnvoll: „Weder unsere Kunden noch die Aktionäre wollen dafür zahlen. Und die wollen beispielsweise auch nicht für 34 Vorstandsmitglieder zahlen, die wir in Deutschland hatten. Unsere Wettbewerber haben zwischen 10 und 20 weniger. Es muss auch nicht jede deutsche Tochtergesellschaft eigene Controller, Entwickler und Personaler haben“, unterstrich Liverani.

Gleichzeitig kündigte der Chef des Allianz-Konkurrenten Alternativen zur klassischen Kapitallebensversicherung an. "Wir verkaufen jetzt vor allem fondsgebundene Lebensversicherungen mit Garantie auf das eingezahlte Geld und Renditechancen durch höheres Risiko“.

Liverani verteidigt Vitality-Versicherungen

Sein für 2016 geplantes Vitality-Programm verteidigte er gegen die Kritik von Datenschützern. „Es ist mir ein Rätsel, warum manche Deutsche ihrer Versicherung so weit vertrauen, dass sie ihnen 30 Jahre lang jeden Monat Geld überweisen, aber bei Daten solches Misstrauen herrscht“, sagte Liverani. Bei Vitality kann der Versicherungskunde günstigere Tarife erhalten, wenn er im Gegenzug Daten zu seinem Lebensstil preisgibt. „Ein Versicherer unterliegt schließlich strengen Kontrollen – anders als Google oder Facebook, denen viele Menschen bedenkenlos private Daten geben“, unterstrich er.

Dafür verprassen Deutsche ihre Lebensversicherung
Platz 10: Hobbys (1,7 Prozent)Rund 40 Milliarden Euro zahlen deutsche Versicherer jährlich für auslaufende Lebensversicherungen aus. Das stecken nur 1,7 Prozent der Empfänger in ihre eigenen Hobbys. Die Zahlen stammen von der Gothaer Versicherung. Diese hat die Gesellschaft für Konsumforschung GfK beauftragt, über 1.000 Deutsche zu ihren "Zahltag-Wünschen" zu befragen, wenn die Lebensversicherung fällig ist. Quelle: dpa
Platz 9: Zweit-Wohnsitz im Ausland (2,7 Prozent)Ein Domizil an der Sonne gilt als klassische Ausgabe für Senioren. Dabei wollen nur 2,7 Prozent der Befragten ihre Lebensversicherung für eine Immobilie auf Mallorca und Co. verprassen. Quelle: dpa
Platz 8: Erfüllung von Kauf-Wünschen (3 Prozent)Deutschlands Senioren geben sich bescheiden. Auch dem Klischee des Rentners, der sich endlich ein Cabrio leisten kann, wollen sie nicht folgen. Nur drei Prozent wollen sich solche teuren Wünsche erfüllen, wenn die Lebensversicherung fällig ist. Quelle: dpa
Platz 7: Wohnung oder Haus kaufen (7,7 Prozent)Deutlich mehr Befragte wollen im Alter eine Immobilie kaufen: 7,7 Prozent planen ihre Lebensversicherung dafür einzusetzen. Die Rekord-Preise zahlreicher Immobilien in München, Düsseldorf oder Frankfurt können sich ohnehin nur noch junge Glücksritter oder eben "Best-Ager" leisten. Der Deutschen Bank zufolge stiegen die Immobilienpreise in Großstädten seit 2008 jährlich um sieben Prozent. Quelle: dpa
Platz 6: Anlage für Kinder oder Enkelkinder (9,3 Prozent)Viele Deutsche geben sich bei der Lebensversicherung uneigennützig: 9,3 Prozent nutzen die Auszahlung, um sie wieder für ihre Kinder oder Enkelkinder anzulegen. Quelle: obs
Platz 5: Renovierungen (10,7 Prozent)Im Alter haben sich viele Deutsche oft schon Haus und Grund zugelegt - und bringen mit ihrer Lebensversicherung Haus und Wohnung wieder in Schuss. 10,7 Prozent der Befragten haben Renovierungen als "Zahltag-Wunsch" angegeben. Quelle: dpa
Platz 4: Weitersparen (11,8 Prozent)Kaum ist das ersparte Geld da, soll es wieder reinvestiert werden: 11,8 Prozent wollen nach der Auszahlung ihrer Lebensversicherung weiter sparen. Quelle: dpa

Man wolle Anreize für die Kunden setzen und habe das Angebot voll im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen aufgebaut. „Wir bekommen nur den Vitality-Status übermittelt, den ein Kunde mit seiner gesunden Lebensweise erreicht hat. Teilnehmen kann jeder – egal, ob jung oder alt, ob krank oder gesund – und muss keiner. Dann gibt es zum Beispiel Rabatte für den Bioladen oder das Fitnessstudio“, erklärte der Manager das künftige Produkt und kündigte weitere Entwicklungen an: „Wir arbeiten an einem Produkt, bei dem ein intelligentes Thermostat im Haus erkennt, ob jemand daheim ist. Ist jemand öfter zu Hause, verbilligt sich zum Beispiel die Diebstahlversicherung, weil es unwahrscheinlicher ist, dass eingebrochen wird.“

Generali habe in Italien bereits eine Million Kunden, deren Autos mit einer Blackbox ausgestattet sind. Darin würden die Fahrerdaten speichert. „Bei angemessener Fahrweise zahlt der Kunde für seine Versicherung deutlich weniger. Solche Telematik-Tarife werden wir Anfang 2016 auch in Deutschland anbieten“, sagte Liverani.

Versicherungsbranche durch niedrige Zinsen bedroht

Durch die niedrigen Zinsen sieht Liverani die Versicherungsbranche bedroht. „Ich will nicht ausschließen, dass es einige nicht schaffen. Wenn ich sehe, dass manche Lebensversicherer immer noch Überschussbeteiligungen von deutlich über 3,5 Prozent gewähren, mache ich mir Sorgen“, sagte Liverani im Interview. Sein Unternehmen wolle den niedrigen Zinsen mit verstärkten Investitionen in Aktien begegnen. „Wir suchen nach Lösungen, mit denen wir unsere durchschnittliche Rendite bei der Kapitalanlage steigern können. Im vergangenen Jahr lagen wir bei 3,6 Prozent. Dazu werden wir die Aktienquote hochfahren“, kündigte er an.

Zurückhaltend äußerte sich Liverani zu den Möglichkeiten, die Prämien der Versicherten in Autobahnen oder Windparks zu investieren. „Engagements in Stromnetze oder Windparks bieten langfristig konstante Renditen von fünf bis sechs Prozent, passen also ideal zur Lebensversicherung. So richtig fliegt Infrastruktur aber noch nicht, wegen der strengen Vorschriften."

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