Versicherungskonzern Allianz schnappt sich Compliance-Chef der Commerzbank

Allianz-Chef Oliver Bäte muss jährlich zertifizieren, dass die Versicherung US-Vorgaben umsetzt. Quelle: Bloomberg

Nach dem Fondsskandal in den USA tauscht Allianz-Chef Oliver Bäte abermals den Compliance-Chef aus. Der Neue kommt von der Commerzbank – und hat viel Erfahrung im Umgang mit den Behörden in den USA.

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Die Allianz wirbt ihren neuen Compliance-Chef von der Commerzbank ab, um ihr schwieriges Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden in den USA und Deutschland wieder zu verbessern. Armin Barthel, seit 2016 bei der Bank für Gesetzes- und Regeltreue (Compliance) verantwortlich, wechselt Anfang Januar in derselben Funktion zu dem Münchner Versicherungskonzern, wie ein Allianz-Sprecher auf Anfrage bestätigte.

Nach einem fast sechs Milliarden Euro teuren Vergleich mit der US-Börsenaufsicht SEC und dem US-Justizministerium wegen Betrugs bei hauseigenen Hedgefonds steht die Allianz unter Druck, die Kontrollen bei der Fondstochter Allianz Global Investors (AGI) zu schärfen. Allianz-Chef Oliver Bäte und sein Compliance-Chef müssen jährlich in einem Zertifikat versichern, dass AGI und Allianz die SEC-Vorgaben erfüllen. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin verlangt zudem konzernweite Verbesserungen.

Der promovierte Jurist Barthel bringt Erfahrung in der Aufarbeitung von Skandalen mit. Die Commerzbank hatte 2015 wegen Verstößen gegen amerikanische Iran-Sanktionen sowie Geldwäscheregeln in einem Vergleich 1,45 Milliarden Dollar gezahlt und US-Anwälte als Aufpasser akzeptieren müssen. Barthel habe die Compliance-Organisation erneuert und dafür gesorgt, dass die US-Behörden 2019 ein gutes Abschlusszeugnis ausgestellt hätten, heißt es in der Bank. Er sei ein „unabhängiger Kopf“ und verfüge über „genug persönliche Integrität, sich nicht reinreden zu lassen“, sagt ein Topmanager, der mit ihm gearbeitet hat.

Chef Oliver Bäte verkauft die Allianz als technologisch führenden Top-Konzern. Doch in einer internen Wutrede schimpft er auf IT und Manager, nennt Mitarbeiter feige – und attackiert US-Behörden.
von Lukas Zdrzalek

Seine Aufgabe bei der weitverzweigten Allianz mit ihren teils sehr eigenständig agierenden Töchtern könnte allerdings schwieriger werden. Schon vor dem Fondsskandal in den USA flogen in den vergangenen Jahren immer wieder Verfehlungen irgendwo auf der Welt auf. Der Finanzaufsicht BaFin ist seit Langem ein Dorn im Auge, dass zu wenig für die Einhaltung der Compliance-Vorschriften getan werde. Die BaFin dringt laut Allianz-Kreisen darauf, die Verantwortung stärker zu zentralisieren.

Barthel folgt auf Hervé Gloaguen, der das Amt erst im Mai 2020 übernommen hatte. Gloaguen habe sich „in besonderer Weise um die Compliance-Funktion verdient gemacht, die er erfolgreich gestärkt, modernisiert und durch unterschiedliche Herausforderungen geführt hat”, sagte der Allianz-Sprecher.

In einer internen Wutrede zerlegt Allianz-Chef Oliver Bäte den eigenen Konzern: Er schimpft über den Umgang mit Excel und Mitarbeiter-Ausreden, lästert über frühere Vorstände – und bejubelt einen deutschen Konkurrenten.
von Lukas Zdrzalek

Der Franzose, von Haus aus Wirtschaftsprüfer, war ein Vierteljahrhundert bei der Allianz, viele Jahre als ihr Revisionschef. Er wird im Laufe des Jahres 2023 60 und erreicht damit den für Allianz-Topmanager frühesten Zeitpunkt, in Ruhestand zu gehen. Die schwache Verfassung der Allianz-Compliance geht maßgeblich auf den Bäte-Vertrauten Thomas Lösler zurück, der die Organisation zehn Jahre verantwortete und 2019 nach hartnäckiger BaFin-Kritik ausgetauscht wurde. Lösler leitet inzwischen das Büro von Aufsichtsratschef Michael Diekmann.

Barthel verlässt die Commerzbank nach 17 Jahren in diversen Rechts- und Compliancefunktionen. Als Nachfolger holt das Institut seinen langjährigen Compliance-Mann Hans-Georg Beyer vom niederländischen Finanzkonzern ING zurück, wo Beyer im September als Compliance-Chef der Deutschland-Tochter gestartet war.

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