Versicherungskonzerne Prudential sagt AIG-Übernahme ab

Der britische Versicherungskonzern Prudential zieht sein 30-Milliarden-Dollar-Angebot für das AIG-Asiengeschäft zurück. Der staatliche US-Versicherungsgigant AIG bleibt auf seinen Kronjuwelen sitzen.

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Die AIA-Zentrale in Hongkong, Quelle: REUTERS

Es sollte eigentlich die größte Übernahme in der Versicherungsbranche werden. Doch der Traum vom britischen Versicherungsgiganten ist geplatzt. Der britische Anbieter Prudential teilte heute mit, sich von dem mehr als 30 Milliarden Dollar teuren Kauf des AIG-Asiengeschäfts, dass unter AIA firmiert, zurückzuziehen. Prudential hatte große Pläne mit AIA. Der britische Versicherer wollte zum Marktführer in Südostasien aufsteigen. Mit der Übernahme wäre Prudential zudem zu einem der größten Versicherer der Welt aufgestiegen – noch vor Allianz und Axa. Der in der Finanzkrise gestrauchelte, vom US-Steuerzahler gerettete und inzwischen in Staatsbesitz befindliche Versicherungskonzern AIG setzt nun wieder auf den Börsengang des lukrativen Asiengeschäfts, sollte sich kein anderer Käufer finden.

30 Milliarden Dollar waren zuwenig

Der Rückzug von Prudential war spätestens seit gestern erwartet worden, nachdem AIG zuvor das neue Angebot von 30,4 Milliarden Dollar abgelehnt und auf den ursprünglich vereinbarten 35,5 Milliarden bestanden hatte. Prudential musste den Preis neu verhandeln, weil der Druck der eigenen Aktionäre immer größer wurde und der Aktienkurs seit der Übernahme vielfach unter Druck stand. Der Rückzug sei im Interesse der Aktionäre, hieß es dementsprechend. „Wir haben den Aktionären zum Preis sehr genau zugehört und eine Neuverhandlung der Bedingungen mit AIG eingeleitet. Leider war es nicht möglich, eine Einigung zu erzielen“, sagte Prudential-Chairman Harvey McGrath. „Wir ziehen uns deswegen von der Transaktion zurück.“

Für den ehrgeizigen Prudential-Chef Tidjane Thiam, der noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist und das Unternehmen mit der Akquisition zum Primus im Wachstumsmarkt Asien machen wollte, ist es strategisch eine herbe Schlappe. Als Vertragsstrafe werden knapp 153 Millionen Pfund (180 Mio. Euro) fällig, die an AIG gehen. Alle Kosten zusammengerechnet – etwa für Berater – kalkuliert Prudential mit Belastungen von 450 Millionen Pfund, oder umgerechnet 539 Millionen Euro. Analysten und Fondsmanager hatten zuletzt gesagt, ein Scheitern würde das Management unter enormen Druck setzen und vielleicht sogar in einer Zerschlagung Prudentials münden.

Schulden beim Steuerzahler tilgen

Mit dem Geld, das bis zum Herbst hätte fließen sollen, wollte AIG einen Teil seiner Schulden beim amerikanischen Steuerzahler begleichen. Dieser hatte den einst weltgrößten Versicherungskonzern in der Finanzkrise mit 182 Milliarden Dollar vor dem Untergang bewahrt und ist dafür nun Hauptanteilseigner. Um den Kauf der American International Assurance Company (AIA) stemmen zu können, hatte Prudential eine Kapitalerhöhung über 21 Milliarden Dollar geplant. Mehrere Großaktionäre hatten sich aber im Vorfeld über den Kaufpreis beschwert, so dass das Prudential-Management um die notwendige Mehrheit für die Kapitalerhöhung auf der Hauptversammlung am 7. Juni fürchten musste. Jetzt ist auch die historische Kapitalerhöhung vom Tisch.

Der amerikanische Versicherungsgigant AIG wird zerschlagen, um der US-Regierung die Milliardenhilfen für die Rettung zurückzahlen zu können. Die Asien-Tochter AIA ist prinzipiell für alle großen Versicherer interessant. Wegen der Krise und den vermutlich höheren Kapitalanforderungen in der Zukunft halten viele Unternehmen wie Europas Branchenprimus Allianz derzeit aber ihr Geld zusammen. Es ist daher fraglich, ob ein AIA-Börsengang an die von Prudential gebotenen Summen herankommt.

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