Veturo.de: Teures Schaufenster

In den umkämpften Markt der Online-Routenplaner wagt sich mit der Novacom GmbH ein reines Softwareunternehmen. Die Webseite veturo.de lässt die Produkte der Branchengrößen alt aussehen.

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Erinnern Sie sich noch an die Flatrate beim Internetzugang? Dort mussten die meisten privaten Telekom-Konkurrenten die Segel streichen, weil sie von ihren Kunden zwar pauschale Gebühren verlangten, sie aber ihrerseits zeitgebunden bei der Telekom abrechnen mussten. Ein ähnliches Problem plagt die Novacom GmbH. Sie hat unter der Adresse www.veturo.de (Esperanto für „Fahrt“) einen Online-Routenplaner ins Netz gestellt. Für jede berechnete Route muss sie dafür Gebühren an ihren Datenlieferanten Teleatlas abführen. Der Unterschied zur Flatrate: Der Dienst von veturo.de ist kostenlos. Je mehr Erfolg die Webseite hat, desto teurer wird es also für Novacom. Dazu kommt, dass die Routenberechnung sehr aufwendig ist und ständig drei Server gleichzeitig beschäftigt. Und der Erfolg lässt nicht auf sich warten. Die Website landkartenindex.de bezeichnet den Dienst als „Schmuckstück unter den Routenplanern“ – und das in einem Segment, das bisher von finanzkräftigen Mineralölkonzernen und Landkartenverlagen beherrscht wurde. Doch einen Vermarkter hat Novacom – trotz postleitzahlengenauer Werbe-Möglichkeit – noch nicht gefunden. „Die Website frisst uns ein wenig die Haare vom Kopf“, gibt Frank Haagen, Mit-Gründer und Geschäftsführer von Novacom, zu. Die Software-Firma besteht aus zwölf Mitarbeitern und kommt ohne Risiko-Kapital aus. Für Erlöse soll deshalb weniger die Website selbst als vielmehr das B2B-Geschäft sorgen. Novacom will die geographischen Dienste an weitere Firmen verkaufen, beispielsweise an Logistik-Unternehmen. Auch eine Anbindung an das Betriebswirtschafts-System SAP R3 ist und diverse XML-Schnittstellen sind vorhanden. „Wir wollen weiter als Softwaredienstleister leben“, sagt Haagen. Dafür ist veturo.de das Schaufenster. Nach eigenen Angaben ist Novacom mit mehreren großen Kunden im Gespräch und hofft, im dritten oder vierten Quartal schwarze Zahlen schreiben zu können. Dabei hatte Novacom ursprünglich keine besonders innige Beziehung zu Geographie-Software. Alles begann damit, dass aus Steuergründen ab 1999 ein Fahrtenbuch für Dienstwagen geführt werden musste. Für den Hausgebrauch entwickelten ein paar Novacom-Mitarbeiter ein elektronisches Fahrtenbuch. „Programmierer sind ja irgendwo auch Spielkinder“, gibt Haagen zu. Und weil damals kein straßengenauer Routenplaner zu haben war, wurde der noch gleich mit eingebaut. Mitte 2000 band das Projekt dann aber fast die ganze Kapazität von Novacom, weil zeitgleich auch viele Wettbewerber im Netz erschienen. Im September wurde die Seite als Beta-Version gelauncht, seit dem 15. November ist sie in der aktuellen Version online. Die zugrundeliegenden „Vektor-Daten“, ein enges Raster aus geographischen Punkten, haben nach Haagens Auskunft 99 Prozent der deutschen Straßen abgedeckt, 80 Prozent davon auch mit Hausnummern. Eine Stichprobe gibt diesen Zahlen recht: veturo.de findet selbst eine Straße im westlichen Münsterland, die nur zwei Anwohner hat und nur zur Hälfte asphaltiert ist. Bei jeder Abfrage wird aus dem Datensatz in Echtzeit („on the fly“ im Informatiker-Jargon) eine entsprechende Karte generiert. Dabei ist ganz Deutschland in „Kacheln“ und „Layer“ unterteilt. Die Kacheln sorgen dafür, dass immer nur der Datensatz der benötigten Region geladen werden muss. Mit den Layern können verschiedene Ebenen wie Folien aufeinander gelegt werden. So können die Karten – je nach Kundenwunsch – um Tankstellen, Geldautomaten oder Szene-Kneipen ergänzt werden. Einen WAP-Dienst gibt es auf der Webseite nicht, aber er ist rudimentär vorhanden. „Wir können das, aber den Dienst zu perfektionieren hätte sicherlich noch einen Mann-Monat gekostet, und wir können es uns nicht leisten, alles bis zu Perfektion zu entwickeln, aber nachher keine Abnehmer dafür zu finden“, so Haagen. Das gleiche gilt auch für Stau-Meldungen. Die Anbindung sei kein Problem, aber die Daten seien aber teuer. Ein weiterer Zukunftsmarkt sind die Telematik-Dienste. Haagens Ziel ist, die derzeit von CD-Roms gespeisten Navigationssysteme in Autos durch die Online-Routenplanung von Novacom abzulösen. Nur das digitale Fahrtenbuch, mit dem alles begann, hat Haagen „völlig aus den Augen verloren“. Details zu veturo.de

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