VW, Bahn, Pro Sieben Wie Chefs ihrem Unternehmen schaden

Volkswagen-Aufseher Larry Thompson hat dem Autobauer eine verdorbene Unternehmenskultur attestiert. Doch VW ist nicht allein: Peinliches Lästern, faule Ausreden und schlechte Stimmung belasten viele Konzerne.

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Manipulation der Motorensoftware als „technisches Problem“. Quelle: dpa

Düsseldorf Auf die Frage, wie es zu der Diesel-Affäre hatte kommen können, sagte Volkswagen-Chef Matthias Müller im Januar 2016 in einem Radiointerview, die Manipulation der Motorensoftware sei „ein technisches Problem“ gewesen. Die Vorwürfe gegen das Unternehmen spielte er herunter. „Wir haben nicht gelogen“, erklärte Müller einem US-Sender. Später wurde das Interview auf Bitten des Autobauers ein zweites Mal geführt.

Nun erklärte VW-Aufpasser Larry Thompson im Interview mit dem Handelsblatt: Bei Volkswagen gab es bei einigen Mitarbeitern eine „verdorbene Unternehmenskultur. Sie war nicht von Ehrlichkeit und Offenheit geprägt.“ Die für die Affäre verantwortlichen Manager hätten sich offensichtlich keine Gedanken darüber gemacht, dass sie ihr Unternehmen in eine bedrohliche Situation bringen würden.

Im September 2015 wurde bekannt, dass VW eine illegale Abschalteinrichtung in ihren Diesel-Fahrzeuge verwendet hat, um die US-Abgasnormen zu umgehen. Die Schummelsoftware war in rund elf Millionen Autos im Einsatz. Thompson wurde im Frühling 2017 von der US-Regierung als Aufpasser bei Volkswagen eingesetzt und soll den Wolfsburgern auf die Finger schauen, damit sich Verfehlungen wie im Dieselskandal nicht wiederholen können.

Doch VW ist nicht der einzige Konzern mit einer fragwürdigen Firmenkultur. Hier weitere Bespiele, wie Chefs ihren Unternehmen schadeten.

Pro Sieben Sat 1: Lästerei mit Konsequenzen

„Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert“, sagte der Noch-Vorstandschef von Pro Sieben Sat 1, Thomas Ebeling, jüngst gegenüber Analysten über seine Zuschauer. Die Pressestelle des Medienkonzerns versuchte, die Aussage ihres Vorstandschefs zu relativieren. Es habe sich dabei um eine „zugespitzte Aussage im Zusammenhang mit einer provokanten Frage durch einen französischen Analysten“ gehandelt. Ebeling habe die „gerne von Analysten verwendeten Stereotypen eines TV-Zuschauers“ in englischer Sprache reflektiert. Ziehe man die Aussage aus dem Kontext und übersetze sie wörtlich, könne dies missverstanden werden. Allerdings lässt sowohl die Aussage Ebelings als auch der Kontext wenig Spielraum für Interpretationen zu. Das sah wohl auch Aufsichtsratschef Werner Brandt so – und zog die Konsequenzen: Der Chef des Medienkonzerns verliert seinen Posten Anfang 2018.

Uber: Rüpel-Chef Kalanick

Die Software-Entwicklerin Susan Fowler brachte ihn zu Fall: Rüpel-Chef Travis Kalanick. Sie deckte eine Unternehmenskultur voller Sexismus beim Fahrdienstanbieter Uber auf, die den Firmengründer schließlich aus dem Amt trieb. Für die Enthüllung wurde Fowler gemeinsam mit weiteren Mitstreiterinnen vom US-Magazin „Time“ zur Person des Jahres 2017 gekürt.

Samsung: Feuer und Flamme

Es waren explosive Nachrichten, die von der amerikanischen Provinz aus die Welt umrundeten. Vor dem Start eines Linienflugs am Flughafen Louisville, Kentucky, hatte ein Smartphone Feuer gefangen. Grüngrau bis braun seien die Schwaden gewesen, „richtig hässlich“, berichtete der Besitzer Brian Green später amerikanischen Medien. Die Crew ließ die Maschine evakuieren. Die Hitze brannte sogar ein Loch in den Teppich auf dem Boden der Kabine. Für die Passagiere ging alles gut aus, für Hersteller Samsung verlief die Sache nicht ganz so glimpflich. Der koreanische Konzern rief das Smartphone Galaxy Note 7 zurück. Und viele Airlines setzen das neue Samsung-Smartphone wegen Brandgefahr auf die Verbotsliste.

Goldman Sachs: „Gottes Werk“ und Teufels Beitrag

In einem Gespräch mit der britischen Zeitung „Sunday Times“ traf der Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, eine umstrittene Äußerung. Banker verrichteten „Gottes Werk“, zitierte ihn die Zeitung und löste damit eine heftige Reaktion aus. Relativ kurz nach Ausbruch der Finanzkrise, die einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in vielen Ländern ausgelöst hatte, erschien der Ausdruck vermessen und überheblich. Im Dezember 2017 ist Lloyd Blankfein nach wie vor Chef der Bank mit Sitz in New York.

Deutsche Bahn: Peinlicher Fehlstart

Man ist es fast schon gewohnt: Peinliche Pannen und schlechte Ausreden bei der Deutschen Bahn – auch beim Prestigeobjekt Berlin-München. Denn auf die glamouröse Eröffnung folgen Ausfälle und Verspätungen. Ein Projekt historischen Ausmaßes hatte der Konzern verkündet sowie die größte Angebotsverbesserung in der Geschichte der Deutschen Bahn. Doch gleich am ersten Tag folgte die Blamage. Kaum mit einem Gala-Abend eröffnet, wurde ein ICE mit Ehrengästen vom Zugsicherungssystem ETCS ausgebremst, das alles vollautomatisch macht. Der Grund: Ein Raddurchmesser war in der Werkstatt falsch eingegeben worden. Das führte zu falschen Tempoberechnungen während der Fahrt, ETCS war verwirrt und ordnete eine Zwangsbremsung an. Auch bei der Pünktlichkeit hapert es: Die Bahn muss das Netz sanieren, aber Baustelle bringen Verspätungen und Ausfälle. Baut sie nicht, läuft es eines Tages auf das gleiche hinaus. Das Langfristziel „85 Prozent pünktlich“ gibt Bahnchef Lutz aber nicht auf.

Nokia: Einfach „vergessen“

Schon älter, aber trotzdem peinlich: 2006 wurde der damalige Chef von Nokia bei einem Ausrutscher erwischt: Olli-Pekka Kallasvuo kam gerade aus der Schweiz und hatte bei der Einreise nach Finnland „vergessen“, ein paar Reisemitbringsel im Wert von 11.000 Euro zu verzollen. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er von einem Nicht-EU-Land in ein EU-Land reise, sagt er damals. Und das von einem ausgebildeten Jurist. Die Vergesslichkeit kostete ihn stattliche 31.000 Euro Strafe. Immerhin: Kallasvuo nahm es gelassen und entschuldigte sich freundlich für sein Missgeschick.

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