Wendelin Wiedeking Der Absturz des "Mr. Porsche"

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Bei Porsche hat sich die Belegschaft über die Jahre an Wiedekings polternde Art gewöhnt. Denn er spendierte den Beschäftigten wegen der immer höher kletternden Gewinne stets üppige Boni.

Doch die nicht minder selbstbewusste VW-Belegschaft brachte Wiedeking mit provozierenden Forderungen gegen sich auf: Heilige Kühe müssten geschlachtet werden, dröhnte Wiedeking und zielte damit auf den großzügigen Haustarif der Wolfsburger. Mit Rückendeckung der beiden Porsche-Familien hatte der Porsche-Chef im Herbst 2005 mit der schleichenden VW-Übernahme durch den Kauf von immer mehr Stammaktien begonnen. Den Schritt über die Marke von 50 Prozent bezahlte er Anfang 2009 jedoch mit geliehenem Geld - der Anfang vom Ende.

Porsche hat sich an der VW-Übernahme verschluckt

Nach Ausbruch der Finanzkrise bekam Porsche nur noch mühsam seine Refinanzierung unter Dach und Fach. Die Banken knauserten. Inzwischen ist der Kreditmarkt für das mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldete Unternehmen tot. In der Not wandte sich der wendige Wiedeking sogar an die Wolfsburger und bettelte bei VW um einen Kredit. Gönnerhaft wurde ihm dieser von seinen Widersachern im VW-Aufsichtsrat - Piech und Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff - gewährt.

Sie planten bereits den großen Gegenschlag: VW schluckt Porsche. Der Hund sollte ihrer Meinung wieder mit dem Schwanz wedeln, nicht umgekehrt wie von Wiedeking geplant. Um sein Vorhaben zu retten, kippte der umtriebige Wiedeking selbst einen seiner Grundsätze (“Luxus und Stütze vertragen sich nicht“) und beantragte gegen den Willen seiner Berater bei der Staatsbank KfW einen Milliardenkredit. Prompt holte er sich eine Abfuhr und zog sich den Spott der Branche zu.

Unmögliches Rollenspiel: "Vom Durchmarschierer zur Demut"

In einem integrierten Konzern von VW und Porsche, wie er von den Porsche-Eigentümern angestrebt wird, ist kein Platz für Wiedeking. Das hatte schon vor Monaten VW-Patriarch Piech klar gemacht: „Das Rollenspiel müsste wechseln, vom Durchmarschierer zur Demut - ich weiß nicht.“ Der Abgang bei Porsche wird Wiedeking mit einer in der deutschen Wirtschaftsgeschichte beispiellosen Abfindung in Höhe von 50 Millionen Euro versüßt.

Am 28. August wird Wiedeking 57 Jahre alt - zu früh, um in Rente zu gehen. Mit seinem Millionenvermögen hat er sich in den vergangenen Jahren in zahlreiche Unternehmen eingekauft. Dazu zählen unter anderem ein Schuhhersteller, ein Restaurant und diverse E-Commerce-Firmen.

Daneben kann sich Wiedeking nun nach einem der längsten und dramatischsten Übernahmekriege in der deutschen Wirtschaftsgeschichte seiner Familie (eine Tochter und ein Sohn Namens Wendelin) und seinen Hobbys widmen. Der passionierte Raucher schätzt Jazz, sammelt Modellautos, bastelt und baut auf dem eigenen Grundstück mit Hilfe eines alten Porsche-Traktors Kartoffeln an.

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