Wenn's um Geld geht... Sparkassen bieten trügerische Sicherheit

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Ein Kundenberater der Quelle: dpa

Mehr als die Basel-Regeln treffen die Sparkassen die Vorgaben zum Verbraucherschutz. So müssen sie etwa von Juli an zu jedem von ihnen vertriebenen Produkt ein Informationsblatt liefern. Ausführliche Beratungsprotokolle sind bereits vorgeschrieben. Einzelne Sparkassen haben die Beratung am Telefon aus Angst vor drohenden Haftungsklagen eingestellt. Zudem müssen sich künftig alle Berater bei der BaFin registrieren lassen. Bei Falschberatungen drohen Bußgelder oder sogar ein Berufsverbot. Bei all dem leiden die Sparkassen unter ihrer dezentralen Struktur. Jedes selbstständige Institut muss diese Themen ebenso umsetzen wie eine Großbank. Für kleinere Institute sind Aufwand und Kosten jedoch proportional deutlich größer.

Insider erwarten wegen des Kostendrucks zwar keine Fusionswelle unter den Sparkassen, schätzen aber, dass bereits jetzt zwischen 10 und 15 Prozent der Sparkassen so schwach sind, dass sie unter verschärfter Beobachtung ihrer Verbände stehen. Sie könnten wegen der steigenden Anforderungen gezwungen sein, ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Zig Anläufen zum Trotz ist eine Lösung des dringendsten Problems nicht in Sicht.

Risiko Landesbanken

Die Landesbanken sind die Achillesferse des gesamten öffentlich-rechtlichen Bankensektors. Obwohl auch Haasis seit Jahren auf Fusionslösungen drängt, ist der große Wurf nicht in Sicht. Nun wird die WestLB zerschlagen. Bei den übrigen staatlich gestützten Instituten LBBW, BayernLB und HSH Nordbank ist – anders als bei der ebenfalls geretteten Commerzbank – trotz verbesserter Ergebnisse keine Rückzahlung der Hilfen in Sicht. Selbst solide durch die Krise gekommene Banken wie die Frankfurter Helaba und die Nord/LB in Hannover sind nun auf die Unterstützung ihrer Eigner angewiesen. Bundesländer und Sparkassenverbände haben bei beiden Instituten erklärt, ihr in Form stiller Einlagen gehaltenes Kapital demnächst in hartes Kernkapital umzuwandeln. Die Europäische Bankenaufsicht wollte die bisherige Form der Beteiligung im aktuellen Stresstest nicht anerkennen, Helaba und Nord/LB würden folglich durchfallen. Für die Eigentümer heißt das aber: Verluste treffen sie künftig direkt und zwingen sie zu Abwertungen ihrer Beteiligung.

Auch wenn die Sparkassen öffentlich gern auf Distanz zu den Landesbanken gehen, ist die Verbindung so eng, dass sie unmittelbar unter den dortigen Problemen leiden. So kann schon jetzt jede Sparkasse ausrechnen, wie viel sie zum Kapital der geplanten regionalen Sparkassen-Zentralbank zuschießen muss, die auf Druck aus Brüssel aus der maroden Düsseldorfer WestLB ausgegliedert werden soll. Insgesamt sind dafür aus Nordrhein-Westfalen wohl 600 Millionen Euro erforderlich, für die Sparkasse in Düsseldorf wären das 25 Millionen Euro, in Krefeld 20, in Duisburg 11. Hinzu kommen die Rückstellungen, die die Sparkassen in den kommenden 25 Jahren für Verluste der in eine Bad Bank ausgelagerten WestLB-Vermögenswerte treffen müssen. Hierfür werden schon jetzt jährlich Millionen fällig, insgesamt müssen die Sparkassen Verluste von 7,5 Milliarden Euro absichern. „Wenn sämtliche Garantien tatsächlich verloren wären, hätte das erhebliche Folgen für die Stadt“, sagt Hans-Jürgen Petrauschke, Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse Neuss.

Sparkassen sind passivlastig

Die Pleite einer Landesbank wäre für die Sparkassen wegen der vielfachen Verflechtungen noch weit dramatischer. Sie sind Miteigentümer der Landesbanken, wenn sie auch im Zuge der Krise ihre Beteiligung etwa in Bayern deutlich reduziert haben. Nach Schätzungen der Ratingagentur Fitch waren sie 2009 noch mit einem Buchwert von insgesamt 20 Milliarden Euro an den Landesbanken beteiligt. Hier könnten bei Verlusten weitere Abschreibungen erforderlich sein. Das Risiko geht über die Beteiligungen hinaus. Sparkassen sind traditionell passivlastig, haben also deutlich mehr Einlagen in ihrer Bilanz, als sie Kredite vergeben. Aktuell liegt die Differenz bei mehr als 100 Milliarden Euro. Dieses Geld legen sie traditionell vor allem bei den Landesbanken an und investieren es in Wertpapiere. Ende 2010 hatten die Sparkassen knapp 57 Milliarden Euro an Kreditinstitute verliehen und rund 270 Milliarden Euro Wertpapiere in ihrer Bilanz – wie Fitch schreibt, "vor allem inländische Bankanleihen".

Zusätzlich riskant: Rutschen Landesbanken in die roten Zahlen, müssen die Eigentümer sogenannter Nachranganleihen Verluste hinnehmen, weil die Landesbanken die vorgesehenen Kuponzahlungen aussetzen und den Nominalwert der Anleihen herabsetzen können – so geschehen bei der kriselnden HSH Nordbank, wo der Nominalwert auf 79 Prozent sank. Machen die Landesbanken wieder Gewinne, füllen sie den Wert der Anleihen auf und holen Zinszahlungen nach. Das kann aber dauern.

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