Werbebranche Autovermieter Sixt in der Hall of Fame

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So wie bei Oskar Lafontaine, dessen Rücktritt als Bundesfinanzminister im März 1999 Sixt umgehend per Annonce kommentieren ließ: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit“. Lafontaine klagte gegen das Motiv wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte – und verlor sieben Jahre später vor dem Bundesgerichtshof, der das Motiv als Satire einstufte und erlaubte.

Wesentlich souveräner reagierte seinerzeit Angela Merkel („interessanter Vorschlag für Haarstyling“), als Sixt sie 2001 vor seinen Karren spannte: Jung von Matt verpasste der CDU-Chefin aufgetufftes Haar und textete dazu: „Lust auf eine neue Frisur? Mieten Sie sich ein Cabrio“.

Das Motiv schrieb damals Werbegeschichte – auch unter ökonomischen Aspekten: Obwohl es jeweils nur einmal in einer Tageszeitung und einem Magazin abgedruckt wurde (Schaltkosten: 96 000 Euro), sorgte das Motiv für enormen medialen Wirbel. Und schaffte so Aufmerksamkeit, die in Werbezeit umgerechnet gut und gerne 3,2 Millionen Euro wert gewesen wäre.

Sixts Lieblingsmotiv ist allerdings ein anderes – eine Anzeige von 1985, die erste, die unter von Matts Ägide entstand: „Mieten Sie Ihren Mercedes 190 E zum Golftarif“. Was im Vergleich zu späteren Slogans und Motiven eher bieder daher kam, treffe laut Sixt bis heute die zentrale Botschaft auf den Kopf: „Drive first class – pay economy“.

"Es wird einmal ein Wunder geschehen"

Eine Devise, die seit jeher die DNA des 1912 von Sixts Großvater Martin in München gegründeten Auto- und Chauffeur-Verleihers ist. „Es wird einmal ein Wunder geschehen“, ist Ende der Dreißigerjahre vor einem weiblichen Profil auf einem Sixt-Werbeplakat zu lesen. „Hier ist es: Mercedes Benz für 49 Reichsmark am Tag“.

Aus gut 60 Mercedes-Fahrzeugen besteht damals der Fuhrpark des Unternehmens, das da schon Erich Sixts Vater Hans leitet. Sixt senior spricht perfekt Englisch, hat den amerikanischen Unternehmergeist aufgesogen und zahlreiche Kontakte in die USA – unter anderem eine Kooperation mit American Express.

Diese Kontakte verhelfen dem „Vollblut-Unternehmer“, wie Erich Sixt seinen Vater nennt, nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur schnell zur Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft, sondern auch zu einem lukrativen Vertrag mit der Militärbehörde: Sixt wird exklusiver Partner der amerikanischen Besatzer in Bayern – als Autovermieter für Privatfahrten hundertausender dort stationierter GIs.

Die Amerikaner bezahlten in heiß begehrten Dollar, Sixt steigt innerhalb kurzer Zeit zum reichsten Bürger Bayerns auf – vor Steuern. 95 Prozent muss Sixt senior abführen und nach der Währungsreform, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Ende des Exklusivvertrags mit den US-Besatzern wieder von vorn anfangen.

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