Werbebranche Autovermieter Sixt in der Hall of Fame

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Doch der Jungunternehmer übersteht auch diese Krise, ist Ende der Siebzigerjahre an allen wichtigen Flughäfen Deutschlands vertreten und in ein weltweites Reservierungssystem eingebunden. Sixt bringt das Unternehmen 1986 an die Börse, gründet Niederlassungen in ganz Europa, erschließt sich über Kooperationen mit dem ADAC, der Deutschen Bahn und vielen Fluglinien Millionen potenzieller Kunden – seit 1994 ist er Deutschlands größter Autovermieter, heute sind rund 130 000 Wagen unter dem Sixt-Logo unterwegs.

Mit kapp 57 Prozent der Stammaktien ist Erich Sixt nicht nur Mehrheitsaktionär, sondern nach wie vor wichtiger Impulsgeber für die Zukunft des Unternehmens: Vor kurzem hat er mit Sohn Konstantin eine elektronische Plattform für den Verkauf persönlich konfigurierter Neuwagen gegründet. Und wenn der 65-Jährige von der Möglichkeit schwärmt, den kompletten Mietprozess von der Kontaktaufnahme über die Auswahl des Modells, die Schlüsselübergabe bis hin zur Rechnung über mobile Internetanwendungen zu buchen, zückt er sofort sein Handy und demonstriert die gesamte elektronische Wertschöpfungskette. Zu der zählt auch eine Applikation fürs iPhone, über die monatlich mehrere tausend Autos reserviert werden. „Ich habe einen leichten Hang zum Chaos“, sagt Sixt. „Aber ich bin ein großer Verfechter des papierlosen Büros.“

Vorbild Warren Buffet

Zu Autos dagegen habe er ein „gestörtes Verhältnis“. Neue Modelle aus dem Unternehmen sind für ihn „funktionale Fortbewegungsmittel“, die er gern mal ohne Gurt testet. Sein privater Fuhrpark besteht vor allem aus ausgemusterten ehemaligen Firmenwagen – darunter ein BMW V8 aus den Fünfzigerjahren, zwei Mercedes Pullman und ein Flügeltürer. Und der Mercedes Landaulet aus dem Jahr 1935, den sein Vater während des Krieges in einer Scheune unter Heu versteckte, um ihm so den Zugriff der Wehrmacht zu entziehen. Und der nach dem Krieg zum Grundstein des unternehmerischen Neustarts wurde.

Lustkäufe wie den Erwerb einer neuen Harley-Davidson gönnt sich Sixt eher selten. „Auch wenn es nach Koketterie klingt: Geld bestimmt nicht mein Leben“, sagt Sixt, der sich als Anleger ein „eher unglückliches Händchen“ bescheinigt. „Viel wichtiger als finanzieller Erfolg ist die geistige Freiheit.“

Die bewahrt er sich auf seinen regelmäßigen Touren auf den Wallberg, seinen Hausberg am Tegernsee, bei einem Flug über die Alpen oder bei tiefgründiger Lektüre, etwa der Schriften von Seneca. Oder Karl Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, das Sixt schon als Jugendlicher gelesen hat und es immer wieder zur Hand nimmt. „Es lehrt einen, die eigenen Hypothesen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Sixt, der auch die Stiftung Lesen finanziell unterstützt. Denn „lesen ist überlebenswichtig und hilft uns, unser kindliches Staunen zu bewahren.“

Das gilt auch für seine Liebe zur Musik: Als Teenager entdeckt er den Jazz, verdient sein erstes Geld als Schlagzeuger in einer Schwabinger Jazz-Combo. Und hat inzwischen Wagner für sich entdeckt. „Das trägt einen weg“, sagt Sixt, als sein Mobiltelefon klingelt – mit einem Motiv aus der Wagner-Oper „Tristan“.

Im Sommer wird Sixt 66 – ein Alter, in dem andere längst auf dem Golfplatz an ihrem Handicap arbeiten. Für Sixt ist das keine Option. „Einen Gang zurückschalten? Niemals“, sagt er und erzählt mit glänzenden Augen von einer Hauptversammlung des US-Beteiligungsunternehmens Berkshire Hathaway, die er vor zwei Jahren besuchte. Damals beobachtete er begeistert, wie sich Chairman Warren Buffett, zu dem Zeitpunkt 78, und sein Stellvertreter Charles Munger, 84, sechs Stunden lang den kritischen Fragen der mehr als 20 000 Aktionäre stellten. „Das war fantastisch“ sagt Sixt. „Gegen die beiden bin ich ja noch ein Jungspund. Ich will noch lange Gas geben.“

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