Werbebranche Autovermieter Sixt in der Hall of Fame

Erich Sixt ist als erster Kunde neues Mitglied der Hall of Fame der deutschen Werbung - weil er Werbung zur Chefsache macht und dank witziger Kampagnen zu Deutschlands größtem Autovermieter wurde.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Autovermieter Erich Sixt Quelle: AP

Der Impuls kommt am Freitagnachmittag. Drei Tage später wollen die Lufthansa-Piloten einen unbefristeten Streik starten – „darauf müssen wir unbedingt noch reagieren“, denkt Erich Sixt. Und greift zum Telefon. Es folgt ein kurzes Gespräch mit Jean-Remy von Matt – als „typisch Sixt“ wird der Mitgründer der Hamburger Werbeschmiede Jung von Matt und seit 25 Jahren Sixts Werbepartner, später beschreiben, was nun folgt. Zwei Stunden zerbrechen sich die Hamburger Kreativen über Sixts Blitz-Auftrag den Kopf: Sie sollen eine Anzeige entwickeln, die den bevorstehenden Pilotenstreik humorvoll aufgreift.

Eine Handvoll Entwürfe schicken die Hamburger Kreativen am frühen Abend nach München. Sixts Favorit: das Porträt eines Piloten, dazu der Spruch „Unterbezahlt? Werden Sie Chauffeur bei Sixt!“

Um 19 Uhr, drei Stunden nach Sixts Kurztelefonat mit von Matt, ist die Anzeige online. Und gerade noch genug Zeit, um das Motiv für Wochenbeginn, punktgenau zum Start des Pilotenstreiks, in drei Tageszeitungen zu platzieren. „Das war ein wenig aus der Hüfte geschossen“, sagt Sixt, „eine Bauchentscheidung – aber die richtige.“

Sixt macht Werbung zur Chefsache

Schnell reagieren, kreative Lösungen finden, sofort entscheiden: Geht es um Werbung für sein Unternehmen, kennt der Mehrheitseigentümer und Vorstandschef von Deutschlands größtem Autovermieter keine Kompromisse. Sein hohes Engagement und seine Identifikation mit Branche und Thema ist einer der Gründe, Erich Sixt als neues Mitglied in die Hall of Fame der deutschen Werbung aufzunehmen. Sixt ist der erste Kunde, der es in den illustren Kreis von mittlerweile zwei Dutzend Branchengrößen geschafft hat – und neben dem 1988 verstorbenen Fotografen Reinhart Wolf der einzige ohne Agenturkarriere im Lebenslauf.

„Für Erich Sixt war Werbung von Anfang an Chefsache“, begründet Roland Tichy, Chefredakteur der WirtschaftsWoche und Vorsitzender der Hall-of-Fame-Jury, die ungewöhnliche und dennoch einstimmige Entscheidung der Juroren. „Er hat die Marke Sixt ganz wesentlich über freche Slogans und Bilder zu Deutschlands führendem Autovermieter aufgebaut.“

Um Werbekoryphäen wie Sixt zu ehren und die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der Branche zu würdigen – im Krisenjahr 2009 machte sie gut 29 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigte rund 550 000 Mitarbeiter – gründete die WirtschaftsWoche 2001 die Hall of Fame der deutschen Werbung. Mit der Aufnahme in die Ruhmeshalle werden Persönlichkeiten geehrt, die sich um das Ansehen der Werbung in Deutschland verdient gemacht haben. Erich Sixt ist das 24. Mitglied – auch, weil er, so die Hall-of-Fame-Jury, „auch in Krisenzeiten an Werbung festhält und sich seit Jahrzehnten unbeirrbar für sie engagiert.“

Werbeanzeige des Quelle: dpa

Dass Marketing ein „dicker Bauklotz in meiner Strategie“ ist, bestätigt auch Sixt selbst. Was aber nicht heißt, dass er dafür leichten Hernzens Geld ausgibt. „Sixt ist kein Big Spender, eher das, was man auf norddeutsch kniepig nennt“, sagt Holger Jung, Mitgründer von Sixts langjähriger Agentur Jung von Matt. „Sixt achtet sehr auf Effizienz."

Fünf Prozent des Umsatzes stehen zu Jahresbeginn fürs Marketing im Plan. „Aber Pläne“, sagt Sixt, „habe ich nicht selten, um sie über den Haufen zu werfen.“

Das Budget für die Agentur Jung von Matt, mit der Sixt seit 1990 zusammenarbeitet, ist dann auch „viel kleiner als Außenstehende annehmen“, sagt Agentur-Mitbegründer Jean-Remy von Matt, der seinen Vorzeigekunden fürs Image regelmäßig nur im hinteren Drittel der Etats sieht, die die Hamburger Renommier-Agentur betreut.

Nachlässigkeiten duldet Kunde Sixt allerdings nicht. So kann es schon mal passieren, dass Sixt einen Gesprächspartner nach fünf Minuten vor die Tür setzt, weil der keine Krawatte trägt. Weil von Matt das weiß, packt er bei Besprechungen in Pullach immer einen Reserveschlips ein – falls einer aus dem Team „oben ohne“ in den Flieger steigt.

Autovermieten als faszinierende Dienstleistung

„Mit Sixt zu arbeiten, ist eine Herausforderung, seit 25 Jahren“, sagen Jung und von Matt unisono. „Aber die Mühe lohnt.“ Denn als Mehrheitsaktionär und marketing-verrückter Vorstandschef ist er „immer gut für schnelle, mutige Entscheidungen. Der Mann ist ein Unikat“.

Und das in vielerlei Hinsicht. „Es gibt kein Werbemotiv, das nicht über meinen Schreibtisch geht“, sagt Sixt. Von Marktforschung hält der Bayer „rein gar nix“, seit er Anfang der Sechzigerjahre Statistik-Vorlesungen für sein Wirtschaftsstudium besuchte. „Daran verdienen nur die Agenturen“. Statt auf wissenschaftliche Auswertungen setzt Sixt auf das spontane Urteil seiner Mitarbeiter („unsere Micro-Poll“) von der Sekretärin über den Buchhalter bis zum Verkaufsleiter – bevor er ein neues Anzeigenmotiv freigibt. „Ich schau den Leuten ins Gesicht“, dann weiß ich Bescheid“, sagt Sixt.

Sein Kreativ-Credo: eine Botschaft mit wenigen Worten auf den Punkt bringen – „und dabei ein Schmunzeln erzeugen.“

Das gelang dem Vollblutunternehmerin den vergangenen zweieinhalb Jahrzehten immer wieder. Einmal pro Jahr setzt er sich ans Steuer seines eigenen Flugzeugs, um innerhalb von zwei Tagen mehr als ein Dutzend Flughäfen abzuklappern – und als Regelbrecher im Geiste Joseph Schumpeters nach neuen Werbemöglichkeiten zu fahnden, die den Kunden zwischen Flugzeug und Sixt-Schalter begleiten. Sei es auf einem am Gepäckband fest installierten Reisekoffer, sei es an den Wänden der sogenannten Finger beim Einsteigen ins Flugzeug, sei es an Fluggastbrücken oder auf Schiebetüren im Ankunftsbereich. Oder auf den Mülltonnen am Sicherheitscheck – Sixt lässt nichts unversucht, um das körperlose Produkt Autovermieten zu einer faszinierenden Dienstleistung aufzuladen. „Für den Wettbewerb ist Sixt ein strategischer Dwarslöper“, sagt Werber Jung. „Er überrascht immer wieder mit neuen Ideen.“

Sixt-Werbung von 2001 mit der Quelle: AP

So ließ er etwa eine riesige Sixt-Giraffe am Düsseldorfer Flughafen aufstellen, die schnell zum beliebten Treffpunkt für Reisende avancierte. In Frankfurt lud er auf der angeblich längsten Indoor-Werbewand der Welt auf 400 Metern Länge zur einer Bilderzeitreise durch 4000 Jahre, von der Erfindung des Rads bis zur Gegenwart – mit frechen Anspielungen auf die Sixt-Wagenpalette. Die riesigen schwarz-orange gestrichenen Treppentürme in Berlin-Tegel wiederum muten fast an wie moderne Kunst. Ein Parkhaus am Münchner Flughafen bepflasterte Sixt mit Megapostern, in Köln ließ er Knoten in die Betonsäulen drehen und am Hamburger Airport Fahrzeuge von der Decke hängen. Im Jahr 2006 leuchtete sogar der Tower des Flughafens in Hannover für kurze Zeit in knalligem Sixt-Orange – dazu gab es den Slogan: „Mayday! Preise im freien Fall“. Seine Devise: „Nutze jede Möglichkeit.“

Nur eine lehnt er in Sachen Werbung kategorisch ab: die Vermarktung der eigenen Person. „Ich bin nicht eitel“, sagt Sixt, der nur einmal sein Konterfei zur Verfügung stellt – bei der Einführung der Internet-Tochter e-Sixt, für die sich der knorrige Unternehmer mit Baseball-Cap ablichten lässt. Allen weiteren Avancen dieser Art hat Sixt widerstanden – „dafür genieße ich es bis heute, unerkannt in Restaurants und Hotels zu gehen.“

Legendäre Werbung mit Polit-Promis

Statt auf das eigene Gesicht setzt Sixt auf Provokationen mit einem Augenzwinkern. Dabei bewegt er sich gern am Rande der politischen Korrektheit. So machte er zum Beispiel einmal mit einem verbeulten Porsche auf das Sportwagen-Angebot aufmerksam („Wir vermieten auch an Frauen“), zeigte die wichtigsten Regionen eines Männerhirns im Querschnitt („Sex“, „Driving“) oder warb mit Heino („Vorher“) und Roberto Blanco („Nachher“) um potenzielle Cabriofahrer.

Legendär sind seine Anzeigen mit Polit-Promis, mit denen der bekennende Neoliberale Sixt gern süffisant auf brandaktuelle Ereignisse reagiert – und dabei kein Lager verschont: Karl Marx legte er ein Bismarck-Zitat in den Mund und wandelte es zu seinem Leitspruch ab („Freiheit ist ein Luxus, den sich jedermann leisten kann“). Mit Guido Westerwelle („Mehr Netto vom Brutto“) warb er für „mehr Auto für Netto“, mit den markanten Augenbrauen des damaligen Bundesfinanzministers Theo Waigel („Soll Ihre nächste Gehaltserhöhung seinen Mercedes finanzieren? Oder Ihren?“) für seine Leasing-Angebote.

Über das Konterfei des damaligen Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder empfahl Sixt wiederum Wagen mit Navigationssystem („Sixt hat auch Autos für Leute, die noch nicht genau wissen, wo sie hinwollen“). Und Ulla Schmidt legte er im Sommer 2009 nach Bekanntwerden ihrer Dienstwagenaffäre in Spanien ein – natürlich unautorisiertes – Versprechen in den Mund: „Nächstes Mal miete ich bei Sixt“. Die Blitzaktion baldowerte Sixt mit seinem Sohn bei einem Glas Wein am Rande der Salzburger Festspiele aus, die damalige Bundesgesundheitsministerin reagierte verschnupft. „Aber da habe ich ein breites Kreuz“, sagt Sixt. „Ich riskiere auch mal, dass der Anwalt kommt.“

So wie bei Oskar Lafontaine, dessen Rücktritt als Bundesfinanzminister im März 1999 Sixt umgehend per Annonce kommentieren ließ: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit“. Lafontaine klagte gegen das Motiv wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte – und verlor sieben Jahre später vor dem Bundesgerichtshof, der das Motiv als Satire einstufte und erlaubte.

Wesentlich souveräner reagierte seinerzeit Angela Merkel („interessanter Vorschlag für Haarstyling“), als Sixt sie 2001 vor seinen Karren spannte: Jung von Matt verpasste der CDU-Chefin aufgetufftes Haar und textete dazu: „Lust auf eine neue Frisur? Mieten Sie sich ein Cabrio“.

Das Motiv schrieb damals Werbegeschichte – auch unter ökonomischen Aspekten: Obwohl es jeweils nur einmal in einer Tageszeitung und einem Magazin abgedruckt wurde (Schaltkosten: 96 000 Euro), sorgte das Motiv für enormen medialen Wirbel. Und schaffte so Aufmerksamkeit, die in Werbezeit umgerechnet gut und gerne 3,2 Millionen Euro wert gewesen wäre.

Sixts Lieblingsmotiv ist allerdings ein anderes – eine Anzeige von 1985, die erste, die unter von Matts Ägide entstand: „Mieten Sie Ihren Mercedes 190 E zum Golftarif“. Was im Vergleich zu späteren Slogans und Motiven eher bieder daher kam, treffe laut Sixt bis heute die zentrale Botschaft auf den Kopf: „Drive first class – pay economy“.

"Es wird einmal ein Wunder geschehen"

Eine Devise, die seit jeher die DNA des 1912 von Sixts Großvater Martin in München gegründeten Auto- und Chauffeur-Verleihers ist. „Es wird einmal ein Wunder geschehen“, ist Ende der Dreißigerjahre vor einem weiblichen Profil auf einem Sixt-Werbeplakat zu lesen. „Hier ist es: Mercedes Benz für 49 Reichsmark am Tag“.

Aus gut 60 Mercedes-Fahrzeugen besteht damals der Fuhrpark des Unternehmens, das da schon Erich Sixts Vater Hans leitet. Sixt senior spricht perfekt Englisch, hat den amerikanischen Unternehmergeist aufgesogen und zahlreiche Kontakte in die USA – unter anderem eine Kooperation mit American Express.

Diese Kontakte verhelfen dem „Vollblut-Unternehmer“, wie Erich Sixt seinen Vater nennt, nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur schnell zur Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft, sondern auch zu einem lukrativen Vertrag mit der Militärbehörde: Sixt wird exklusiver Partner der amerikanischen Besatzer in Bayern – als Autovermieter für Privatfahrten hundertausender dort stationierter GIs.

Die Amerikaner bezahlten in heiß begehrten Dollar, Sixt steigt innerhalb kurzer Zeit zum reichsten Bürger Bayerns auf – vor Steuern. 95 Prozent muss Sixt senior abführen und nach der Währungsreform, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Ende des Exklusivvertrags mit den US-Besatzern wieder von vorn anfangen.

Das gelingt ihm unter anderem mit der Entwicklung eines selbst entwickelten Garagensystems, das vor allem bei der Bundeswehr Anklang findet und ihm viel Geld beschert – bis er versäumt, das Patent zu verlängern. „Mein Vater folgte immer seinem Instinkt“, erinnert sich Erich Sixt, „er war ein Visionär.“

Der Vater lässt Sohn Erich früh Verantwortung übernehmen – und beauftragt ihn 1962 damit, die europäische Expansion des Münchner Mittelständlers voranzutreiben. Die Idee: Mietwagen europaweit zum Einheitspreis. Also geht Sixt junior mit gerade mal 18 Jahren nach Paris, bezieht ein kleines Hinterzimmer mit Telefonanschluss zur Untermiete und versucht als Einzelkämpfer, die Geschäfte in Frankreich anzukurbeln – die Kooperation mit US-Reiseketten sichert viele Kunden aus Übersee.

Nachts putzt Sixt die Autos, bringt sie morgens zu Hotels. Oder wartet am Flughafen Le Bourget auf die Kunden, die damals schon im Flugzeug per Bordansage („Mr Sixt is waiting for you“) an ihren Mietwagen erinnert wurden.

Regelmäßig reist Sixt auch nach Cannes und Le Havre, um Reisende des Luxusliners SS France in Empfang zu nehmen, darunter viele prominente Schauspieler und Schriftsteller. „Arthur Miller“, erinnert sich Sixt, „war ein großer Mercedes-SL-Fan.“

Leasingidee aus den USA

Doch das genügt nicht: Vater und Sohn Sixt blasen die ehrgeizigen Expansionspläne ab, „sie hätten uns fast in den Ruin getrieben.“ Erich Sixt hilft bei der Sanierung des Familienbetriebs. Und verabschiedet sich nach vier Semestern vom Wirtschaftsstudium – „die Statistik-Kurven kamen mir immer seltsamer vor, jenseits jeglicher Realität.“

1969, mit 25 Jahren, übernimmt Sixt endgültig das Ruder vom gesundheitlich angeschlagenen Vater. 200 Autos gehören nun zum Sixt-Fuhrpark, das Unternehmen ist „gerade so profitabel“.

Jetzt versucht Sixt das Leasing-Geschäft, das er bei einem längeren USA-Aufenthalt kennengelernt hatte, auch in Deutschland zu etablieren. Er schickt Telexe an Münchner Unternehmen und angelt sich das Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei als Kunden.

Nach geglücktem Start lässt die nächste Krise nicht lange auf sich warten: Die Ölkrise 1973. „Ich stand auf einer Autobahnbrücke südlich von München und starrte ins Leere – kein Auto weit und breit, es war gespenstisch“, erinnert sich Sixt. „Damals dachte ich, das ist das Ende.“

Doch der Jungunternehmer übersteht auch diese Krise, ist Ende der Siebzigerjahre an allen wichtigen Flughäfen Deutschlands vertreten und in ein weltweites Reservierungssystem eingebunden. Sixt bringt das Unternehmen 1986 an die Börse, gründet Niederlassungen in ganz Europa, erschließt sich über Kooperationen mit dem ADAC, der Deutschen Bahn und vielen Fluglinien Millionen potenzieller Kunden – seit 1994 ist er Deutschlands größter Autovermieter, heute sind rund 130 000 Wagen unter dem Sixt-Logo unterwegs.

Mit kapp 57 Prozent der Stammaktien ist Erich Sixt nicht nur Mehrheitsaktionär, sondern nach wie vor wichtiger Impulsgeber für die Zukunft des Unternehmens: Vor kurzem hat er mit Sohn Konstantin eine elektronische Plattform für den Verkauf persönlich konfigurierter Neuwagen gegründet. Und wenn der 65-Jährige von der Möglichkeit schwärmt, den kompletten Mietprozess von der Kontaktaufnahme über die Auswahl des Modells, die Schlüsselübergabe bis hin zur Rechnung über mobile Internetanwendungen zu buchen, zückt er sofort sein Handy und demonstriert die gesamte elektronische Wertschöpfungskette. Zu der zählt auch eine Applikation fürs iPhone, über die monatlich mehrere tausend Autos reserviert werden. „Ich habe einen leichten Hang zum Chaos“, sagt Sixt. „Aber ich bin ein großer Verfechter des papierlosen Büros.“

Vorbild Warren Buffet

Zu Autos dagegen habe er ein „gestörtes Verhältnis“. Neue Modelle aus dem Unternehmen sind für ihn „funktionale Fortbewegungsmittel“, die er gern mal ohne Gurt testet. Sein privater Fuhrpark besteht vor allem aus ausgemusterten ehemaligen Firmenwagen – darunter ein BMW V8 aus den Fünfzigerjahren, zwei Mercedes Pullman und ein Flügeltürer. Und der Mercedes Landaulet aus dem Jahr 1935, den sein Vater während des Krieges in einer Scheune unter Heu versteckte, um ihm so den Zugriff der Wehrmacht zu entziehen. Und der nach dem Krieg zum Grundstein des unternehmerischen Neustarts wurde.

Lustkäufe wie den Erwerb einer neuen Harley-Davidson gönnt sich Sixt eher selten. „Auch wenn es nach Koketterie klingt: Geld bestimmt nicht mein Leben“, sagt Sixt, der sich als Anleger ein „eher unglückliches Händchen“ bescheinigt. „Viel wichtiger als finanzieller Erfolg ist die geistige Freiheit.“

Die bewahrt er sich auf seinen regelmäßigen Touren auf den Wallberg, seinen Hausberg am Tegernsee, bei einem Flug über die Alpen oder bei tiefgründiger Lektüre, etwa der Schriften von Seneca. Oder Karl Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, das Sixt schon als Jugendlicher gelesen hat und es immer wieder zur Hand nimmt. „Es lehrt einen, die eigenen Hypothesen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Sixt, der auch die Stiftung Lesen finanziell unterstützt. Denn „lesen ist überlebenswichtig und hilft uns, unser kindliches Staunen zu bewahren.“

Das gilt auch für seine Liebe zur Musik: Als Teenager entdeckt er den Jazz, verdient sein erstes Geld als Schlagzeuger in einer Schwabinger Jazz-Combo. Und hat inzwischen Wagner für sich entdeckt. „Das trägt einen weg“, sagt Sixt, als sein Mobiltelefon klingelt – mit einem Motiv aus der Wagner-Oper „Tristan“.

Im Sommer wird Sixt 66 – ein Alter, in dem andere längst auf dem Golfplatz an ihrem Handicap arbeiten. Für Sixt ist das keine Option. „Einen Gang zurückschalten? Niemals“, sagt er und erzählt mit glänzenden Augen von einer Hauptversammlung des US-Beteiligungsunternehmens Berkshire Hathaway, die er vor zwei Jahren besuchte. Damals beobachtete er begeistert, wie sich Chairman Warren Buffett, zu dem Zeitpunkt 78, und sein Stellvertreter Charles Munger, 84, sechs Stunden lang den kritischen Fragen der mehr als 20 000 Aktionäre stellten. „Das war fantastisch“ sagt Sixt. „Gegen die beiden bin ich ja noch ein Jungspund. Ich will noch lange Gas geben.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%