Werbung Praktiker knickt vor dem Deutschen Werberat ein

Mit einer schadenfreudigen Werbekampagne wollte die Baumarktkette im Dezember davon profitieren, dass im Ruhrgebiet eine Filiale des Konkurrenten Hellweg abgebrannt war. Nach einem Bericht auf wiwo.de gab´s mächtig Ärger und nun eine Quasi-Entschuldigung.

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An einer schadenfroh wirkenden Werbekampagne nach einem Großbrand beim Konkurrenten Hellweg hat sich die Baumarktkette Praktiker die Finger verbrannt. Nachdem wiwo.de im Dezember darüber unter dem Titel „Hurra, der Baumarkt brennt“ berichtet hatte (siehe Bildergalerie), schaltete sich der Deutsche Werberat ein und stellte Praktiker zur Rede.

Um einer Beanstandung oder gar einer Rüge durch den Werberat zu entgehen, zog Praktiker die Kampagne innerhalb weniger Tage zurück und versprach, die entstandenen Unstimmigkeiten und Irritationen auszuräumen. Das ist vergangene Woche geschehen: Praktiker-Marketingvorstand Pascal Warnking hat gegenüber Hellweg-Eigentümer Reinhold Semer per Telefon Stellung genommen – eine Quasi-Entschuldigung, die Praktiker aber anders nennt: eine „Klarstellung, um Missverständnisse auszuräumen“.

"Wir haben noch zwei Eisen im Feuer"

Dabei war die Praktiker-Kampagne in Essen nicht missverständlich, sondern eindeutig. Ende September vergangenen Jahres war die Hellweg-Filiale in Essen-Kettwig komplett abgebrannt. Praktiker warb daraufhin in Essen auf Großplakaten mit dem Slogan „Wir haben noch zwei Eisen im Feuer“, unterlegt von lodernden Flammen und mit Hinweis auf die Adressen zweier nahe liegender Praktiker-Filialen. Direkt vor den Ruinen am Unglücksort war ein Transporter mit demselben Slogan geparkt.

Wenige Tage nachdem wiwo.de im Dezember Fotos von der Kampagne veröffentlicht und kommentiert hatte, wurden die Plakate neutral überklebt und das Werbe-Fahrzeug entfernt. Doch inzwischen war der Deutsche Werberat aufmerksam geworden und teilte Praktiker mit, es sei eine Beschwerde eingegangen: Der Beschwerdeführer meine, „dass mit dieser Werbung ein Unglücksereignis auf pietätlose Weise zum Thema einer Werbemaßnahme gemacht werde“.

Praktiker wies eine „Instrumentalisierung dieses Unglücksfalls“ von sich: Man habe die Hellweg-Kunden nur auf die alternativen Einkaufsmöglichkeiten aufmerksam machen wollen. Ein Unternehmenssprecher gibt aber gegenüber wiwo.de zu: “Im Nachhinein betrachtet war das sicher ein Missgriff.“

Den Slogan hatte Praktiker in einem ähnlichen Fall schon einmal verwendet. Allerdings war damals – Ende der 90er-Jahre – ein eigener Baumarkt in Kassel abgebrannt. Mit der Noch-Eisen-im-Feuer-Werbung wies das Unternehmen damals auf einen anderen nahen Praktiker-Markt hin. Was vor zehn Jahren selbstironisch ankommen sollte und auch ankam, wurde als Ironie auf Kosten anderer nun ein Rohrkrepierer.

Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft ZAW, verbucht es als Erfolg für den Deutschen Werberat, dass Praktiker auf dessen Intervention hin „eingesehen hat, dass man über diese Werbeform ein Fragezeichen setzen muss“. Nur wenn kritisierte Unternehmen uneinsichtig bleiben, greift der Werberat zum Sanktionsmittel der Beanstandung oder in krasseren Fällen zur öffentlichen Rüge.

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