Windenergie Welche Anlagenbauer das Milliardengeschäft machen

Mancher Windrad-Hersteller hat sich zu früh gefreut. Der Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland beschert der Branche zwar mehr Aufträge. Aber er verschärft auch den Wettbewerb. Da kommt manch kleiner Konkurrent in Bedrängnis.

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Windräder drehen sich unweit Quelle: dpa

Sie gelten als die Gewinner des Atomdesasters in Japan. Doch niemand von ihnen jubelt – das verbietet der Anstand. „Eine solche Katastrophe nützt niemandem“, sagte am vorvorigen Donnerstag Hannes Hesse, der Hauptgeschäftsführer des Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.

Die Rücksichtnahme auf Japan im Vorfeld der Hannover Messe ehrt den Spitzenfunktionär. Die verbesserten Geschäftsaussichten seiner Branche, die unübersehbar sind auf der weltgrößten Industrieschau, kann der Lobbyist aber nicht verdecken. Durch den forcierten Ausstieg aus der Atomkraft, den das AKW-Unglück in Fukushima Deutschland bescherte, zählt die Windenergie mehr als bisher zu den Stützen der künftigen Stromerzeugung.

Damit einher geht aber auch der Wandel vieler Hersteller – weg von teilweise handwerksähnlichen Produzenten hin zu Meistern der Großtechnologie. Mit Windrädern, die vor 20 Jahren vor manchem Bauernhof standen und heute mehrere Nummern größer den Horizont verzieren, haben die künftig gigantischen Propeller nichts mehr gemein. Vor allem die Nachfrage nach Anlagen für Offshore-Windparks, als Stromfabriken vor der Küste, treibt die Entwicklung. Einst Domäne des Mittelstandes, wird das Geschäft zur Angelegenheit der Konzerne. Das zeigt eine Analyse, die die WirtschaftsWoche zusammen mit Experten erstellte.

Etablierte gegen Newcomer

Allen voran Hersteller von Großanlagen gehen voraussichtlich goldenen Zeiten entgegen. „Bei einem Ausbau der Offshore-Windenergie profitieren vor allem die etablierten Anlagenhersteller wie Vestas aus Dänemark oder Siemens“, sagt Dirk Briese, Windexperte beim Marktforschungsinstitut wind:research in Bremerhaven. Der Vorteil der Champions liege auf der Hand. „Sie können – auf Basis der vorhandenen Erfahrungen – ihre Kapazitäten schneller erhöhen als Offshore-Neulinge wie etwa Nordex.“

Aber auch Newcomer könnten von dem Boom auf hoher See profitieren, allerdings nur, wenn sie einen finanzstarken Konzern im Rücken hätten, meint Experte Briese. Zu ihnen zähle die Windsparte des staatlichen französischen Atomkonzerns Areva, der 2007 den deutschen Windradbauer Multibrid aus Bremerhaven übernommen hat. Auch Repower aus Hamburg könnte mit von der Partie sein. Der börsennotierte Windradbauer gehört zu mehr als 90 Prozent dem indischen Windenergieriesen Suzlon, einem der größten Windturbinenhersteller der Welt, der Repower nun vollständig übernehmen will.

Milliarden-Geschäft

Der Ausbau der Windenergie vor den europäischen Küsten, allen voran vor den deutschen, ist ein Multi-Milliarden-Geschäft. Bis 2015, so die Prognosen von Experten, könnten in Dutzenden Hochsee-Windfarmen rund 70 Gigawatt installiert werden, zehn davon vor den deutschen Küsten. Die maximal benötigte Stromleistung in Deutschland lag bisher bei 80 Gigawatt, meist aber deutlich darunter. „Wir erwarten, dass Deutschland hinter Großbritannien in naher Zukunft der zweitwichtigste Offshore-Markt Europas werden wird“, prognostiziert René Umlauft, Chef der Konzernsparte für erneuerbare Energien bei Siemens.

Wer mit seinen Windmühlen die Nase vorn haben wird, ist noch offen. Chancen rechnet sich Repower aus, da das Unternehmen schon seit 2006 Offshore-Erfahrungen sammelt. Die heutige Suzlon-Tochter, die von 2001 bis 2007 der ehemalige Hamburger SPD-Umweltsenator und heutige RWE-Manager Fritz Vahrenholt leitete, hat sich mit zwei Windradtypen im Offshore-Markt positioniert, die eine Leistung von fünf und sechs Megawatt bringen. Für den schwedischen Energiekonzern Vattenfall errichtete Repower vor zwei Wochen die erste von insgesamt 30 Fünf-Megawatt-Turbinen des Offshore-Windparks Ormonde in der Irischen See. Ormonde ist laut Vattenfall der erste Offshore-Park Großbritanniens, in dem eine so große Zahl von Windturbinen der Fünf-Megawatt-Klasse zum Einsatz kommt. Im Vergleich zu den geplanten Windfarmen vor der deutschen Küste sind das allerdings vergleichsweise kleine Parks: Im Schnitt sollen dort zwischen 40 und 80 Fünf-Megawatt-Anlagen aufgestellt werden.

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