Zeitarbeit Konzerninterne Zeitarbeitsfirmen sorgen für Streit

Immer mehr Unternehmen gründen eigene Zeitarbeitsfirmen, um ihre teure Stammbelegschaft in billige Leiharbeitskräfte zu verwandeln. So umgehen sie die Tariflöhne der eigenen Branche. Doch die trickreichen Firmenkonstrukte stoßen zunehmend auf Widerstand.

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Tag der Zeitarbeit in der Quelle: dpa

Persana, PSG, aqtiv – alles Unternehmen, die Zeitarbeitskräfte  einstellen, aber nur auf dem Papier existieren. Sie befinden sich meist im selben Gebäude, auf demselben Flur und im selben Raum wie die Personalabteilung der Muttergesellschaft, die einen guten Namen haben kann: TUI, Arbeiterwohlfahrt, Uniklinik Essen. Aber wer sich dort bewirbt, redet mit Personalsachbearbeitern, die für beide Gesellschaften arbeiten, und muss aufpassen, welchen Arbeitsvertrag diese aus der Schublade nehmen: den des Konzerns oder den der konzerneigenen Zeitarbeitsgesellschaft.

Immer mehr Unternehmen gründen eigene Zeitarbeitsfirmen, um ihre teure Stammbelegschaft in billige Leiharbeitskräfte zu verwandeln. „Drehtüreffekt“ heißt der Mechanismus in der Branche – angestammte Mitarbeiter verlassen das Unternehmen auf dem Papier und kehren im nächsten Augenblick als Leiharbeiter zurück.

Firmenkonstrukte der Personalchefs unter Kritik

Die meisten Unternehmen, die Zeitarbeit konzernintern nutzen, umgehen dabei die Tariflöhne der eigenen Branche, sie sparen also Personalkosten, sie sparen zudem die Marge, die ein professioneller Personalverleiher wie Adecco oder Manpower in Rechnung stellt, und sie haben stets direkten Zugriff auf das billige und flexibel einsetzbare Arbeitskräftereservoir. Deutsche Bahn und Deutsche Telekom, Volkswagen und BASF, Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes und der Arbeiterwohlfahrt, Krankenhäuser, Zeitungsverlage, Abfallentsorger und Immobiliengesellschaften halten sich solche diskreten Töchter mit hunderten, manche mit tausenden hausinternen Leiharbeitern. In den Krankenhäusern etwa wird die Flucht aus dem öffentlichen Tarifvertrag TVÖD von der Ausnahme zur Regel.

Eines der größten Heere von Zeitarbeiterinnen entsteht derzeit in den Drogerieläden der Schlecker-Kette unter dem Namen Meniar. Der Konzern behauptet zwar, Meniar sei „eine eigenständige Gesellschaft außerhalb der Firma Schlecker“. Doch wer genau recherchiert, stößt auf enge Verbindungen.

Die trickreichen Firmenkonstrukte der Personalchefs sind aber zunehmend umstritten - nicht nur unter Betriebsräten und Gewerkschaften. Hochkarätige Juristen warnen, die am Markt nicht aktiven Leiharbeitsunternehmen stellten rechtlich und finanziell ein hohes Risiko für die Muttergesellschaften dar. Und auch die großen Zeitarbeitsverbände wehren sich jetzt gegen die branchenfremde und imageschädigende Konkurrenz, obwohl viele der umstrittenen Unternehmen bei ihnen Mitglied sind.

Mehr über das Thema und auch über die Leiharbeits-Verhältnisse bei Schlecker sowie ein Interview mit dem Münsteraner Arbeitsrechtsprofessor Peter Schüren lesen Sie in der Titelgeschichte der neuen WirtschaftsWoche. Ausgabe 47/2009 mit dem Artikel "Gefährliches Spiel - Wie Unternehmen ihre Beschäftigten in Leiharbeiter verwandeln" ist ab kommenden Montag, dem 16.11.2009 im Zeitschriftenhandel erhältlich. Abonnenten finden das neue Heft bereits am Samstag im Briefkasten.

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