Deutsche Bank Ein Platz im Trockenen für Ackermann

Tiefrot sind die Zahlen der Deutschen Bank, die Postbank-Übernahme gerät zum Drahtseilakt. Doch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zahlt die Postbank-Beteiligung nun mit eigenen Aktien, schont die Bilanz und holt sich so ein wenig Staat ins Haus - ein perfektes Timing. Geprellt sind nur die Aktionäre.

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Das Timing der Postbank-Beteiligung durch die Deutsche Bank ist schon bemerkenswert. Nur einen Tag, nachdem aus der Deutschen Bank durchsickerte, sie wolle die Postbank-Anteile mit eigenen Aktien bezahlen, muss Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auf der vorgezogenen Präsentation seiner Quartalszahlen tiefrote Zahlen auf den Tisch legen. Wochenlang hatte er immer wieder betont, die Deutsche Bank sei von der Finanzkrise weniger stark betroffen, das Ergebnis solle noch zumindest eine schwarze Null ausweisen.

Jetzt der Offenbarungseid: Nach einem Verlust von 4,8 Milliarden Euro im vierten Quartal rechnet die Deutsche Bank mit 3,9 Milliarden Euro Verlust für das gesamte Geschäftsjahr 2008. Das ist deutlich schlimmer, als sich mit dem Wort „tiefrot“ beschreiben lässt. Das weiß auch die Börse, die Aktien der Deutschen Bank verloren bis zum Nachmittag mehr als ein Zehntel ihres Wertes.

Die Deutsche Bank bezahlt einen großen Teil des 62-Prozent-Pakets an der Postbank, das sie mittelfristig von der Deutschen Post übernimmt, mit Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Die Post bekommt rund acht Prozent der Deutschen Bank in ihr Portfolio. Dass Josef Ackermann über das schwache Abschneiden seiner Bank enttäuscht ist, darf man ihm glauben. Getrost dürfen wir auch davon ausgehen, dass der Deutsche-Bank-Chef sich sehr wohl klar darüber war, dass das Zahlungsmittel Deutsche-Bank-Aktie schon heute deutlich weniger Wert sein würde. Und da vor einer Beteiligung in dieser Höhe Einblick in die Bücher üblich ist, muss das auch Post-Chef Frank Appel bewusst gewesen sein.

Nach den dramatischen Kursverlusten der vergangenen vier Monate – gerade bei der Postbank-Aktie – waren Nachverhandlungen der Übernahme-Konditionen ohnehin geboten. Aber der eigentliche Grund dürfte wohl in der katastrophalen Bilanz der Deutschen Bank gelegen haben. Denn jetzt zahlt die Deutsche Bank statt der vereinbarten 4,6 Milliarden sogar 4,9 Milliarden Euro. Im Gegenzug übernimmt die Post mit dem Aktientausch höhere Risiken, denn die Deutsche Bank könnte noch stärker unter Druck geraten. Für die Deutsche Bank ein gutes Geschäft, denn durch die neuen Übernahmebedingungen sinkt die Kapitalbelastung von 2,2 auf 1,0 Milliarden Euro. Den Deal noch unmittelbar vor Bekanntgabe des Milliardenverlustes unter Dach und Fach gebracht zu haben, zeugt von strategischer Finesse. Auch ohne Rettungsschirm der Bundesregierung hat Ackermann einen Platz im Trockenen gefunden - zumindest vorerst.

Ein bisschen Staat

Die neuen Konditionen bringen der Deutschen Bank also Vorteile in mehrfacher Hinsicht: Die ohnehin belastete Bilanz wird geschont, erst Recht das Eigenkapital. Trotzdem sichert sich der Bankkonzern mit der Mehrheit an der Postbank ein Filetstück des deutschen Retail-Banking, also des Privatkundengeschäfts der Banken. Zugleich holt sich die Deutsche Bank einen Anteilseigner ins Haus, wie er in diesen Zeiten nicht besser sein könnte: Die Deutsche Post ist immerhin noch zu 31 Prozent in Besitz der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), einem Kreditinstitut, dass zu 100 Prozent in den Händen von Bund und Ländern ist. Auch wenn die Beteiligung der Post an der Deutschen Bank auf ein Jahr befristet ist, kann sich Josef Ackermann über einen Großinvestor mit ruhiger Hand freuen. Zumal es ein Großinvestor ist, der in der sich zuspitzenden Finanz- und Wirtschaftskrise sicher nicht unter die Räder kommt. In einem Jahr sieht die Welt ja vielleicht schon wieder besser aus.

Statt Rettungsschirm gibt es jetzt für Deutsche Bank und Postbank erst einmal ein Plätzchen im Schatten. Und für die Deutsche Post scheint die Sonne – sie ist große Teile ihres Bankgeschäfts erst einmal los und erhält kurzfristig 3,8 Milliarden Euro aus dem Postbank-Verkauf. Geprellt sind die Aktionäre der Deutschen Bank: Ihre Dividende wird wohl im Vergleich zum Vorjahr eher auf homöopathischem Niveau liegen, ihre Anteile werden durch die Beteiligung der Post verwässert, der Kurs ist bereits dramatisch gesunken und könnte in den kommenden Quartalen noch weiter sinken. Sie stehen im Regen.

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