Währungskrise Türkische Lira auf Rekordtief – deutsche Wirtschaft besorgt

Lira-Absturz: Deutsche Wirtschaft verzeichnet Exporteinbruch Quelle: imago images/ZUMA Wire

Trotz hoher Inflation senkt die türkische Zentralbank zum wiederholten Mal ihre Zinsen. Die Landeswährung Lira begibt sich erneut auf Talfahrt. Der Kurssturz der Währung beunruhigt die deutsche Wirtschaft zunehmend.

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Die türkische Landeswährung Lira ist vor einer erwarteten weiteren Zinssenkung auf ein Rekordtief abgestürzt. Ihr Kurs brach am Montag zum Dollar um bis zu sieben Prozent auf 14,99 Lira ein. Im Jahresverlauf hat die Währung damit etwa die Hälfte ihres Wertes verloren. Das rief die Zentralbank auf den Plan, die bereits zum vierten Mal binnen zwei Wochen am Devisenmarkt intervenierte: Wegen „ungesunder Preisbildung“ verkaufte sie Dollar, um die eigene Währung zu stützen.

Präsident Recep Tayyip Erdogan will Insidern zufolge noch am Montag mit dem Chef der Zentralbank, dem Finanzminister und den Vorständen staatlicher Banken über die Talfahrt beraten, wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr.

Grund für den Abwärtstrend ist die Geldpolitik der Notenbank, die trotz hoher Inflation wiederholt die Zinsen gesenkt hat. Für diesen Freitag erwarten von Reuters befragte Ökonomen, dass der Zinssatz erneut zurückgenommen wird – von aktuell 15,0 auf dann 14,0 Prozent. Und das, obwohl die Inflationsrate derzeit bei mehr als 21 Prozent liegt und nach nahezu einhelliger Meinung von Ökonomen eigentlich höhere Zinsen zum Gegensteuern notwendig wären. Erdogan hat sich wiederholt „Zinsfeind“ bezeichnet. Er will mit billigem Geld die Konjunktur anschieben.

„Deutsche Exporte leiden darunter“

Der Kurssturz der Währung beunruhigt auch die deutsche Wirtschaft. „Weil dadurch Waren aus dem Ausland teurer werden, verringert sich die Nachfrage in der Türkei und deutsche Exporte leiden darunter“, sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura, zu Reuters. So seien die Ausfuhren in die Türkei im August um 30 Prozent eingebrochen.
Betroffen seien vor allem Exportwaren wie Maschinen, Autos und Autoteile sowie chemische Produkte. Deutschland ist wichtigster Handelspartner und einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei: 2020 betrug das bilaterale Handelsvolumen 36,6 Milliarden Euro.

Die Zentralbank hat rapide an Ansehen bei Investoren verloren. Dazu hat Präsident Erdogan beigetragen, der wiederholt Zinssenkungen gefordert und drei Notenbankchefs binnen zweieinhalb Jahren geschasst hat, was die Unabhängigkeit der Währungshüter infrage stellt. Vor wenigen Tagen hat er zudem Finanzminister Lütfi Elvan nach nur rund einem Jahr im Amt gegen dessen bisherigen Stellvertreter Nureddin Nebati ausgetauscht.

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Nach Fitch hat zuletzt auch die US-Ratingagentur S&P den Bonitäts-Ausblick für die Türkei auf „negativ“ von zuvor „stabil“ gesenkt. Die Einstufung der Kreditwürdigkeit bleibe zunächst bei „B+“ und damit im spekulativen Bereich, teilten die Bonitätswächter am Freitag mit. Grund für den Schritt sei unter anderem die hohe Inflation und die Währungskrise in dem Land.

Mehr zum Thema: Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan fährt die Wirtschaft mit seiner wirren Geldpolitik vor die Wand. Kommt er nicht zur Räson, steht das Land mittelfristig vor einem Währungsschnitt.

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