Wirtschaft von oben #12 – Dortmund Hier entsteht Deutschlands größter Geldspeicher

Die Deutschen lieben ihr Bargeld, das wissen unsere Währungshüter. Exklusive Satellitenbilder zeigen: In Dortmund nimmt die Bundesbank bald einen Tresor in Betrieb, der Dagobert Duck zur Ehre gereichen würde.


Eine Welt ohne Münzen und Scheine? Während in Schweden die physische Krone quasi ein Relikt ist und nach neuesten Schätzungen schon in vier Jahren vollständig als Zahlungsmittel ausgedient haben könnte, ist das in Deutschland undenkbar. Der damalige Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele brachte die innige Beziehung voriges Jahr auf den Punkt: „Die Deutschen lieben das Bargeld.“

Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, dass die Bundesbank in Dortmund einen neuen Geldspeicher in Betrieb nimmt. Der Neubau ist nicht irgendein Gebäude, sondern ein Hochsicherheitstrakt, der Dagobert Duck zur Ehre gereichen würde: Der Komplex an der Bundesstraße 1, einer sechsspurigen, stets ausgelasteten Ausfallstraße zwischen der Autobahn 1 und dem Ruhrgebiet, ist der größte Geldspeicher der Republik und gilt als modernster des Kontinents.

Genau genommen sind es sogar mehrere Neubauten: Ein vierstöckiger Kubus dient als Verwaltungsgebäude samt Kundenhalle und Kantine. Hinzu kommen Flachbauten, wo Geldtransporter Münzen und Scheine anliefern und Mitarbeiter das Geld bearbeiten und einlagern. Wo genau auf dem 79.000 Quadratmeter großen Grundstück – „das entspricht elf Fußballfeldern“, wie die Bundesbank bemerkt – das Geld gelagert wird, verrät sie nicht: Sicherheitsbedenken.

Mehr als 300 Millionen Euro hat die Bundesbank sich den Geldspeicher kosten lassen. Der Komplex ersetzt die bisherigen fünf Filialen in Dortmund, Bochum, Hagen, Essen und Düsseldorf. 200 Mitarbeiter werden künftig Geschäftsbanken und Handel in dem Ballungsgebiet mit Bargeld versorgen – insgesamt rund zwölf Millionen Menschen.

Geldspeicher der Bundesbank

Doch ist ein Projekt solcher Dimension noch zeitgemäß? Immer weniger Menschen suchen immer seltener Bankfilialen auf, die deshalb reihenweise schließen. Das bargeldlose Bezahlen ist nicht nur in Schweden im Kommen, 2017 wurden hierzulande Einkäufe an der Ladenkasse gemessen am Umsatz erstmals mehrheitlich mit Kredit- oder Bankkarte abgewickelt. Und Bargeld ist teuer: Experten beziffern die Kosten für Transport, Lagerung und Versicherung auf knapp 4,5 Milliarden Euro pro Jahr – allein in Deutschland.

Angesichts dessen wirkt der Dortmunder Geldspeicher aus der Zeit gefallen. Wäre da nicht die etwas andere Bargeld-Realität.

Bei drei von vier Einkäufen greifen Kunden nach wie vor zu Scheinen und Münzen, vor allem bei kleinen Beträgen, so die jüngste Statistik laut Bundesbank. In Umfragen sprechen sich die Deutschen mehrheitlich dagegen aus, Bargeld abzuschaffen. Und schrieb nicht der Russe Fjodor Dostojewski Mitte des 19. Jahrhunderts: „Geld bedeutet geprägte Freiheit“?

Der Dortmunder Geldspeicher ist, wenn man so will, das neue Monument dieser Freiheit. Die Bauarbeiten haben sich über mehr als vier Jahre gezogen. 2014 begannen auf dem einstigen Kasernengelände die Erdarbeiten, zwei Jahre später die Rohbauten mit 45.000 Kubikmeter Beton und 7000 Tonnen Stahl. Im Sommer 2017 war Richtfest.

Inzwischen steht der Komplex. Bis zur offiziellen Eröffnung dürfte es aber nach Aussage eines Bundesbank-Sprechers noch bis weit ins nächste Jahr dauern. Gegenwärtig laufen Testarbeiten. Das sei ein „längerer Prozess“. Abläufe und Technik müssen geprobt werden, aber auch die Transportunternehmen sind gezwungen, die Bargeldströme umzuplanen.

Einen Spitznamen haben die Einheimischen in Anlehnung an ihre eigene Herkunft und die legendäre US-Schatzkammer unterdessen schon gefunden. Sie nennen den Tresor an der B1 liebevoll: Pott Knox.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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