Wirtschaft von oben #39 – Fracking Wie Fracking die USA befeuert

Das Permische Becken ist der größte Ölschatz der USA. Dank des Frackings kommen die Ölkonzerne in bisher unerreichbare Tiefen. Quelle: LiveEO/USGS

Neue Fördermethoden verändern den Energiesektor der USA und sorgen dafür, dass die Amerikaner zuletzt sinkende CO2-Emissionen vermelden konnten. Allein im Permischen Becken in Texas wird so viel Öl und Gas aus dem Boden geholt, wie seit den Siebzigerjahren nicht mehr, zeigen exklusive Satellitenbilder. Der Boom stellt auch jahrzehntealte Überzeugungen in Frage. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Dass unter dem Westen von Texas der Reichtum liegt, weiß die Energieindustrie seit Generationen. Rund 100 Jahre ist es her, dass im 220.000 Quadratkilometer großen Permischen Becken, in der Grenzregion zwischen Texas und New Mexico, das erste Mal Erdöl gefördert wurde. Der Rohstoff wandelte kleine Wegstationen wie Midland oder Odessa zu boomenden Städten und beschleunigte den Aufstieg des Lone Star States zu einem der wirtschaftlichen Schwergewichte der Vereinigten Staaten.

Den Erfolg war man dort also lange gewohnt. Und trotzdem ist der Schub beeindruckend, den die Fracking-Industrie dem Landstrich im Südwesten der USA seit einigen Jahren verpasst. Allein im Bone Spring, im westlichen Teil des Permischen Beckens gelegen, hat sich die Zahl der Fracking-Anlagen zwischen 2005 und 2019 verzehnfacht.

Im ganzen Gebiet mehren sich die Bohrlöcher, wie exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen. So versuchen die amerikanischen Ölkonzerne die riesigen Öl- und Gasreserven zu erreichen, die Geologen hier festgestellt haben. Insgesamt vermutet die US Energy Information Administration acht Milliarden Barrel Öl unter dem Becken – und 27 Kubikfuß Erdgas.


Dank immer besserer Technik liegen diese Rohstoffreserven mittlerweile nicht mehr außerhalb der Reichweite der Förderindustrie. Die neuen Bohranlagen bringen die Energieträger immer effizienter an die Oberfläche. Fracking hat dafür gesorgt, dass die vorher über Jahrzehnte gesunkene Fördermenge im Permischen Becken mittlerweile wieder steigt. Förderrekorde aus den 1970er-Jahren liegen wieder in Reichweite. Das hat Folgen. Nicht nur für Texas, sondern für das ganze Land.

Denn der Fracking-Boom ist nicht nur auf Texas beschränkt – er beeinflusst auch das wirtschaftliche Leben überall in den USA. In weniger als zwei Jahrzehnten hat der Boom der Technologie den Energiesektor auf den Kopf gestellt. Das große Angebot an Gas hat die Preise sinken lassen und so dreckige Kohlekraftwerke vom Markt gedrängt. Dass die USA zuletzt sinkende CO2-Emmissionen vermelden konnten, hängt vor allem mit dieser Entwicklung zusammen.


Gleichzeitig hat der Zugriff auf die riesigen Reserven den Energiehunger der Vereinigten Staaten mehr als gesättigt. Nach 70 Jahren als Importeur sanken die Netto-Rohöleinfuhren im vergangenen Jahr erstmals auf Null. Auch ließ der Fracking-Boom die USA zum größten Gasproduzenten der Welt aufsteigen. Immer mehr der geförderten Energieträger wandern mittlerweile in den Export, gern in Form von Flüssiggas (LNG), das per Frachtschiff in die ganze Welt geschickt werden soll.

Dafür entstehen seit Jahren neue LNG-Terminals an den Küsten der Vereinigten Staaten. Längst übertrifft der Bedarf dort die ursprüngliche Planung. Das Sabine Pass Terminal am Golf von Mexiko an der Grenze zwischen Texas und Louisiana etwa, seit rund zwölf Jahren im Dienst, hat bereits mehrere Erweiterungen hinter sich, wie auf den Satellitenbildern zu erkennen ist. Aktuell wird schon an fünf Stationen Erdgas in LNG umgewandelt, eine sechste soll folgen. Nach Abschluss des Ausbaus sollen allein von dieser einen Station aus jährlich rund 27 Millionen Tonnen Flüssiggas ihren Weg auf die Märkte der Welt finden.


Das Interesse ist groß. Die immer weiter sinkenden Preise machen amerikanisches Flüssiggas mittlerweile konkurrenzfähig – auch in Europa. Laut Zahlen der EU-Kommission importierten die Mitgliedstaaten bis Ende des vergangenen Jahres fast 20 Milliarden Kubikmeter – ein Anstieg von fast 600 Prozent seit dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Ex-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Bis 2023 könnten weitere acht Milliarden Kubikmeter hinzukommen. Damit ist die EU bereits heute der zweitgrößte Naturgaskonsument der Welt nach den USA.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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