Wirtschaft von oben #46 – VW ID.3 Parkt VW hier seine ID.3?

Schon seit dem vergangenen Jahr kursieren im VW-Konzern Berichte über Schwierigkeiten bei der Entwicklung des wichtigsten Elektroautos der Wolfsburger. Exklusive Satellitenbilder zeigen zwei Stellen, an denen der Autobauer zuletzt immer mehr neue Autos parkt. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Hunderte geparkte ID.3 im Umfeld des Zwickauer VW-Werks

Der ID.3 – gesprochen „ID“ in Englisch, „3“ in Deutsch – soll in der Elektrowelt das werden, was der Golf im alten Autozeitalter war: der Champion in seiner Klasse, der Innovativste, der Zuverlässigste, der Meistverkaufte. Die Messlatte könnte nicht höher liegen. Entsprechend groß wäre die Freude bei Wettbewerbern und E-Auto-Feinden, von denen es nicht wenige auch im VW-Konzern gibt, wenn es mit dem ID.3 nicht klappte wie geplant.

Nicht jedes böse Gerücht ist daher wahrheitsgetreu. Aber: Dass es Probleme gibt, ist klar. Das bestätigen viele Konzern-Insider. Die Gretchenfrage ist, ob das Auto dennoch wie geplant im Sommer auf den Markt kommt und es dann auch hält, was VW verspricht. Gelingt das den Wolfsburgern, werden die ganzen Unkenrufe schnell vergessen sein. Tesla kann davon ein Lied singen. Gelingt es nicht, wird es bestenfalls sehr peinlich fürs VW-Management, schlimmstenfalls kommt zu der Coronakrise noch eine selbst verschuldete Elektrokrise hinzu.

Es lohnt sich deshalb, genau hinzuschauen. Zum Beispiel aus dem All: Kann man die vielen produzierten ID.3, die VW angeblich so lange zwischenparkt, bis der Autobauer sie mit einer funktionierenden Software versorgen kann, auf Satellitenfotos erkennen? Das wäre ein Beleg für die kolportierten Entwicklungs- und Produktionsprobleme.

Im Umfeld des Zwickauer VW-Werks, wo die Wolfsburger den ID.3 fertigen, finden sich tatsächlich hunderte geparkte Neuwagen, etwa am Flughafen Leipzig-Altenburg Nobitz und in Zwickau wie exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen. Dass es sich dabei um zwischengeparkte ID.3 handelt, wird von Volkswagen nicht klar dementiert. Allerdings, so sagt ein Sprecher des Konzerns, würden in Zwickau auch noch andere Modelle produziert: „Am Flughafen Altenburg stehen meines Wissens zum Beispiel ausschließlich Golf Variant.“ Die Elektroauto-Vermietung Nextmove hatte auf dem Parkplatz in Zwickau auf jeden Fall jede Menge ID.3 gefunden und darüber in einem Youtube-Beitrag berichtet.

Schwerwiegenden Problemen, die einen Verkaufsstart im Sommer unmöglich machen, widerspricht der Sprecher hingegen eindeutig: „Der Zeitplan des ID.3 steht so, wie bereits seit Monaten kommuniziert: Die Weltpremiere fand auf der IAA 2019 statt, Produktionsstart war plangemäß im November 2019 und wir gehen nach wie vor davon aus, dass die europaweite Markteinführung des ID.3 im Sommer 2020 erfolgen kann.“

Das Ziel von VW sei es, „dann europaweit 30.000 ID.3 1st Edition Fahrzeuge gleichzeitig an die Kunden auszuliefern“. Die gleichzeitige Auslieferung der Fahrzeuge soll, so wird bei VW argumentiert, auch der Grund für das Zwischenparken im Umfeld des Werks sein: Die 30.000 Autos müssten vorproduziert werden, um sie dann im Sommer gleichzeitig ausliefern zu können. Die Autos würden in der Produktion „mit der jeweils aktuellen Software bespielt“, so der Sprecher. „Vor Auslieferung an unsere Kunden im Sommer werden sie auf den neuesten Software-Stand gebracht.“ Nach dem Marktstart würden „die digitalen Funktionen in den Folgemonaten dann in regelmäßigen Abständen weiter aktualisiert“.


So wird es also – bestenfalls – laufen: Die 30.000 ID.3 werden in Zwickau bis Sommer gebaut. Die Kunden bekommen sie mit maximal zwei, drei Monaten Verzögerung. Die Software ist aber noch nicht final, es ist nur der zu dem Zeitpunkt „neuste Software-Stand“. Die Autos werden fahrtüchtig sein, denn sonst dürften sie nicht übergeben werden. Aber es wird noch einiges bei der Software nicht funktionieren. Das kommt dann später per Update. Für einen Autoingenieur alter Schule ist das eine katastrophale Vorstellung. In der neuen IT-Welt, in die VW mit dem ID.3 eintaucht, sind ständige Updates und Fehlerkorrekturen aber ein normaler Vorgang. Siehe Tesla.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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