Wirtschaft von oben #49 – Tulpen, Narzissen, Primeln So trifft Corona den Blumenhandel

Die Niederlande erstrahlen derzeit wieder in bunten Farben, das ist selbst aus dem All sichtbar. Doch die Touristen bleiben zur Tulpenblüte aus und der Blumenhandel spürt starke Verluste in der lukrativsten Zeit – auch hierzulande. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Nicht umsonst gelten die Niederlande auch als Blumenladen der Welt. Selbst aus dem All sind die vielen bunten Felder im Frühjahr zu erkennen.

Rot, orange, gelb, weiß, dunkelviolett – wie bunte Teppiche ziehen sich die Tulpenfelder durch die Niederlande. Doch wo normalerweise scharenweise Touristen und Brautpaare blumige Fotos machen oder die Felder vom Boot, aus dem Helikopter oder auf einem Spaziergang bestaunen, herrscht in diesem Jahr Leere.

Exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie in der Region Bollenstreek die Tulpenfelder in voller Blüte stehen. Ähnlich sieht es derzeit auch in der niederländischen Gemeinde Noordosstpoldern oder in Nordholland in der Nähe von Alkmaar aus. Doch durch die Coronakrise und das damit einhergehende Reiseverbot bleiben die zahlreichen Touristen aus. Der niederländische und beliebte Blumenpark Keukenhof etwa verzeichnete im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Besucher in nur acht Wochen.


Auch den Tulpenzüchtern und -händlern brachten die Felder bisher keine Freude. Denn sie sind ihre Ware in den vergangenen Wochen kaum losgeworden. Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt ihnen in den blühenden Tulpenfeldern aber noch. Denn ein Teil der Blumen, die sie züchten, ist nicht für die Vasen bestimmt. Vielmehr geht es um die Zwiebeln.

Von Ende April an fahren die Züchter auf die Felder und köpfen die Tulpen, damit sie keine Kraft in die Bildung der Samen stecken. Erst im Sommer holen sie die Zwiebeln aus dem Boden. Die kleineren sähen sie im Herbst wieder aus, die größeren verkaufen sie in die ganze Welt – insgesamt beläuft sich ihr Exportwert auf etwa 600 Millionen Euro. Manche der Zwiebeln wiederum dient auch der Produktion für die nächsten Schnittblumen. Um bereits von Januar an wieder Tulpen anbieten zu können, wachsen viele davon in Gewächshäusern heran. Dort sind sie zudem vor Kälte und Wind geschützt.

Die Tulpe gilt als Wahrzeichen der Niederländer, obwohl sie ursprünglich aus der Türkei stammt. Doch auch sonst produziert das kleine Land so viele Blumen wie kaum ein anderes. Im vergangenen Jahr erreichten die Exporte einen Rekord von 6,2 Milliarden Euro. Doch diese Marke rückt nun in der Coronakrise in weite Ferne.

Das grassierende Virus sorgte dafür, dass Länder ihre Grenzen schlossen, Blumenläden vielerorts nicht öffnen durften, Hochzeiten, Kommunionsfeiern und andere Feste abgesagt wurden. Die Discounter und Lebensmitteleinzelhändler, aber auch die Kunden griffen laut Jürgen Mertz, Präsident des Zentralverbands Gartenbau, eher zu Konserven, Nudeln und Toilettenpapier statt auf kleine Blumengrüße. Und das in der für viele Blumenhändler und -züchter lukrativsten Zeit im Jahr. Fast 40 Prozent der Blumen- und Pflanzenverkaufe finden zwischen März und Mai statt – angetrieben vor allem durch Ostern und des am Sonntag anstehenden Muttertages.

In den vergangenen Wochen aber vernichteten Züchter und Händler Millionen Tulpen, Narzissen und Primeln. Statt auf Küchen- und Esszimmertischen landeten sie vielerorts in Biogasanlagen.

Den Nachfrageeinbruch spürte auch die weltweit größte Handelsorganisation für Blumen und andere Pflanzen, Royal Floraholland. Am Anfang der Coronakrise wurden laut dem Unternehmen 50 Prozent der Blumen in ihren Auktionen nicht verkauft. Am 1. April lagen die Umsätze fast 60 Prozent, am 24. April noch rund 25 Prozent unter Vorjahr. Das zeigt sich auch auf einem Satellitenbild von dem deutlich leereren Parkdeck an der Royal Floraholland Niederlassung in Naaldwijk.

Da weniger Menschen Blumen kauften, gleichzeitig aber laut dem Verband des Deutschen Blumen Groß- und Importhandels etwa im März durch das sonnige Wetter viele Blumen und Pflanzen reif zur Ernte waren, brachen die Preise ein. Royal Floraholland verhängte zur Preisstabilisierung Lieferbeschränkungen für die Züchter, die nur noch 30 Prozent der üblichen Menge liefern durften.

Auch hierzulande leiden fast alle Floristen an den im März und April eingebrochenen Umsätzen. Hoffnung bietet noch der anstehende Muttertag. Da bundesweit die Blumenläden wieder öffnen dürfen, greifen die Menschen vielleicht zum klassischen Blumenstrauß als Geschenk.

Doch das wird einigen Händlern nur ein schwacher Trost sein. In Bundesländern, in denen die Blumenläden während des Shutdowns geschlossen bleiben mussten, beklagten laut dem Fachverband Deutscher Floristen einige Geschäfte Umsatzeinbußen von bis zu 95 Prozent. Und das obwohl sie Onlineshops und Lieferdienste anboten. Etwas Entspannung immerhin sei inzwischen zu spüren, wie Präsident Mertz vom Zentralverband Gartenbau erläutert: „Seit Ostern geht es langsam aufwärts. Alle Absatzwege sind wieder offen.“

Die Rubrik „Wirtschaft von oben“ entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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