Wirtschaft von oben #61 – Airbus Hier parkt Airbus massenhaft neue Flieger, weil Kunden sie nicht abnehmen

Die Coronakrise setzt dem europäischen Flugzeugbauer sichtbar zu. Er muss exklusiven Satellitenaufnahmen zufolge immer mehr fabrikneue Maschinen an ostdeutschen Flughäfen parken, weil er sie nicht abgesetzt bekommt. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Am Flughafen Dresden parkt Airbus fabrikneue Maschinen.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat zunehmend Probleme, seine neu produzierten Maschinen loszuwerden. Das geht aus exklusiven Satellitenaufnahmen von LiveEO hervor, die die WirtschaftsWoche ausgewertet und mit Daten des Flugportals Flightradar24 abgeglichen hat. Demnach lagern an drei ostdeutschen Flughäfen mittlerweile rund 30 fabrikneue Maschinen der A320-Reihe von Airbus, die in Hamburg hergestellt wurden. Insgesamt haben diese Flugzeuge nach Listenpreis einen Wert von ungefähr vier Milliarden Dollar.

Bereits im März hatte Airbus den Satellitenaufnahmen zufolge damit begonnen, neue Flugzeuge auf dem Regionalflughafen Rostock-Laage zu parken. Inzwischen stehen dort Bildern vom vergangenen Donnerstag zufolge 14 Maschinen. Im April belegte der Konzern dann auch den Flughafen Erfurt, der zurzeit der größte unter den provisorischen Airbus-Parkplätzen hierzulande ist. Hier stehen den Aufnahmen zufolge aktuell 22 nagelneue Mittelstrecken-Jets.

Seit wenigen Tagen stellt das Unternehmen nun auch auf dem Flughafen Dresden Flugzeuge ab. Hier sind es bisher drei Maschinen. Außerdem soll Airbus auch noch 15 Stellplätze in Braunschweig gebucht haben, um dort ab August weitere Jets lagern zu können. „Flugzeuge, die fest bestellt sind, sind auf die konkrete Bestellung der Fluggesellschaft hin zugeschnitten,“ erklärt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. „Wenn die nicht abgenommen werden, dann werden die von dieser Fluggesellschaft auch nicht vollständig bezahlt.“ Zwar gibt es bei Flugzeugbestellungen eine Anzahlung und Zahlungen je nach Baufortschritt. Der größte Posten sei aber eine „sehr kräftige Abschlagszahlung“, die ausbleibt, wenn die Fluggesellschaften die Maschinen nicht abnehmen. Für Flugzeugbauer wie Airbus bleibe dann nur, sie zu parken und zu hoffen, dass die Fluggesellschaft die Krise übersteht.

Für die Quartalszahlen des Konzerns, die am Donnerstag veröffentlich werden, lässt das nichts Gutes erwarten. Die hier geparkten fabrikneuen Maschinen dürften vor allem den Cash-Flow des Konzerns belasten. Die Käufer versuchen offenbar, die Auslieferung und Bezahlung der Flugzeuge hinauszuzögern, weil sie die Maschinen aufgrund der Coronakrise und der damit einhergehenden Krise des Luftverkehrs zurzeit nicht brauchen. Zwar hat der weltweite Flugverkehr gegenüber April und Mai wieder etwas zugelegt, ist jedoch längst nicht auf dem gewohnten Niveau.

„Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Flugzeugbauer sind enorm“, erläutert Großbongardt. Sie könnten zwar theoretisch auf Halde produzieren, „das ist wohl etwas, das Airbus zum Teil machen wird“, führt der Experte aus. „Aber das kostet natürlich Geld, bindet Liquidität und ist ein teures Unterfangen. Der Umstand, dass jetzt keine Flugzeuge von den Kunden mehr abgenommen werden, unterstreicht die Dramatik der Lage.“

Bei den nun in Dresden, Erfurt und Rostock geparkten Maschinen handelt es sich zu einem sehr großen Teil um solche, die eine Lackierung asiatischer Airlines tragen. Darunter sind Maschinen für Air China, die vietnamesische Billiglinie Vietjet, für China Southern, den Singapore-Airlines-Billigableger Scoot, China Eastern, für Chengdu Airlines, aber auch für Turkish Airlines und die US-Linie JetBlue.

Airbus bestätigte zwar auf Anfrage der WirtschaftsWoche, dass der Konzern neue Maschinen in Dresden, Erfurt und Rostock parkt, nannte allerdings keine Details. Ob die Auslieferung für die Flugzeuge sich nur verzögert oder sogar teilweise ganz storniert ist, bleibt derweil unklar. Im April musste Airbus sechs fabrikneue A320neo, die eigentlich für die malaysische Billiglinie AirAsia bestimmt waren, zum Verkauf stellen, weil die Airline auf die Kostenbremse getreten war. AirAsia werde dieses Jahr keine neuen Auslieferungen mehr akzeptieren, hieß es derzeit aus Kuala Lumpur.

Die Produktion der A320-Reihe wurde hier inzwischen stark reduziert.

Die Rubrik „Wirtschaft von oben“ entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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