Zahlungsverkehrsstudie Die Welt verabschiedet sich vom Bargeld

Zahlungen per Karte und im Internet wachsen schneller als das BIP. Selbst die Deutschen verzichten immer häufiger auf die Nutzung von Scheinen und Münzen. Immer mehr Zahlungen werden ohne Banken abgewickelt.

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Welche Zahlungsmittel Europäer bevorzugen
Das Geschäft mit dem Versenden von Geld über Smartphone-Apps lockt jetzt auch etablierte Banken an. Die Deutsche Kreditbank (DKB) kooperiert dafür mit dem Startup Cringle. Pro Monat kann ein Nutzer bis zu 100 Euro über die Cringle-App verschicken, abgewickelt wird die Zahlung per Lastschrift von der DKB. Pro Transaktion werden 20 Cent fällig, zum Start wurde die Gebühr auf 10 Cent gekappt. Das neue Angebot trifft bereits auf Wettbewerb im Markt. So bietet der Online-Bezahldienst PayPal seit Juli das Versenden von Geld über seine Smartphone-App in Deutschland an. Für Kunden, die ihren PayPal-Account mit einem deutschen Bankkonto verknüpft haben, ist das Angebot kostenlos, bei Kreditkarten wird eine Gebühr fällig. In vielen europäischen Ländern tun sich moderne Bezahlsysteme jedoch noch so schwer... Quelle: dpa
ÖsterreichOhne Bargeld geht in Österreich gar nichts. 86 Prozent bezahlen an der Kasse in bar, 12 Prozent mit EC-Karte. Eine Kreditkarte kommt nur in einem Prozent der Fälle zum Einsatz. Auf sonstige Alternativen wie Schecks, PayPal, Lastschrifteinzug oder Ähnliches entfällt insgesamt nochmal ein Prozent.Quelle: Deutsche Bundesbank; Europäische Kommission; Deloitte (Stand: 2014) Quelle: dpa
PolenIn Polen werden 80 Prozent der Bezahlvorgänge an der Kasse bar beglichen. Eine EC-Karte nutzen –ähnlich wie in Österreich – 13 Prozent der Bevölkerung. Immerhin werden auch drei Prozent der Bezahlvorgänge durch Kreditkarten abgewickelt. Auf die alternativen Zahlungsmittel entfallen vier Prozent. Quelle: dpa
DeutschlandAuch die Deutschen haben ihr Geld beim bezahlen lieber in fester Form in der Hand – in 79 Prozent der Fälle wird bar bezahlt. Zwölf Prozent der Käufe werden mit der EC-Karte beglichen, weitere sechs Prozent per mit Lastschrifteinzug, Scheck und anderen alternativen Zahlungsmethoden. Quelle: dpa
ItalienZwar ist Bargeld mit 69 Prozent noch immer das beliebteste Zahlungsmittel in Italien, aber auf Platz zwei kommen auch schon alternative Zahlungsmittel mit 17 Prozent. So sind Schecks, Kundenkarten, PayPal und andere Alternativen zusammen genommen bei den Italienern beliebter als die EC-Karte mit neun Prozent und die Kreditkarte mit sechs Prozent. Quelle: dpa
Sagrada Familia Quelle: AP
London Tower Bridge Quelle: dpa

Frankfurt Hitzig wird seit Monaten über eine Abschaffung des Bargelds diskutiert. Weil die Notenbanken die Wirtschaft in den Industrieländern nicht mehr ankurbeln können, soll ein Verbot von Cash her, forderte zuletzt erneut vor zwei Wochen der Chefvolkswirt der Bank of England, Andrew Haldane. Der Protest gegen solche Vorschläge ist jedes Mal erheblich. Dabei verabschieden sich die Menschen ganz freiwillig immer mehr vom Bargeld.

Das Volumen der bargeldlosen Zahlungen befindet sich auch 2014 weiterhin auf einem starken Wachstumskurs, zeigt der jährlich veröffentlichte World Payments Report der Beratungsgesellschaft Capgemini und der Royal Bank of Scotland (RBS). Das Gesamtvolumen wird 2014 voraussichtlich um 8,9 Prozent auf ein neues Allzeithoch von 389,7 Milliarden Transaktionen steigen und damit die Wachstumsrate von 7,6 Prozent aus dem Jahr 2013 deutlich übertreffen.

Wo die Deutschen gerne mit dem Smartphone zahlen würden

Der World Payments Report beschäftigt sich mit den neuesten Entwicklungen im Hinblick auf den globalen Zahlungsverkehr. Die in der Studie verwendeten Daten sind aus dem Jahr 2013, die Daten für das Jahr 2014 werden auf dieser Basis prognostiziert.

Das solide Wachstum an bargeldlosen Transaktionen in Indien, China und anderen asiatischen Schwellenländern und die zunehmende Akzeptanz mobiler Zahlungsmethoden in den etablierten Märkten (Asien-Pazifik-Region mit Australien, Japan, Singapur und Südkorea sowie Europa und Nordamerika) trugen dazu bei, dass das Gesamtvolumen an bargeldlosen Transaktionen 2013 stärker anstieg als das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Aus welchen Gründen Amerikaner auf das Bezahlen per Handy verzichten

Die Studienautoren glauben, dass sich dieser Trend 2014 fortsetzt hat. Sie leiten das ab aus der stetig voranschreitenden Konjunkturerholung in etablierten Märkten, der raschen Expansion in China, der zunehmenden Akzeptanz mobiler und kontaktloser Technologien sowie dem globalen Trend zu Echtzeit-Zahlungen. Letztere sind Zahlungen, mit denen ein Geldtransfer von einem Konto zum anderen innerhalb von Sekunden durchgeführt werden kann und der Zugriff auf die eingehende Zahlung ebenso schnell möglich ist.


Verborgene Zahlungen nehmen zu

China konnte 2013 mit einem Anstieg der bargeldlosen Zahlungen um 37,7 Prozent einen neuen Rekord verzeichnen. Der Report prognostiziert, dass hier 2014 gemessen am Volumen stärker auf Cash verzichtet wird als in Deutschland, Großbritannien, Frankreich oder Südkorea - damit rückt China an die vierte Stelle hinter den USA, der Eurozone und Brasilien.

Grund für die chinesische Aufholjagd ist die von den dortigen Regulatoren schneller vorangetriebene Öffnung des Inlandmarkts für Kartenzahlungen von ausländischen Anbietern Auch die Anzahl der über Mobilgeräte durchgeführten Transaktionen wuchs um 170 Prozent auf insgesamt 4,5 Milliarden getätigter Zahlungsvorgänge. Damit sind Mobil-Zahlungen ein bedeutendes Element in Chinas Zahlungssystem.

In Deutschland stieg der Anteil der bargeldlosen Transaktionen 2013 um 9,5 Prozent auf 19,9 Milliarden Zahlungen - das sind durchschnittlich 247 Transaktionen pro Einwohner. Finnland hat weltweit mit durchschnittlich 451 die meisten Transaktionen pro Einwohner.

Bedeutend ist inzwischen auch der Umfang verborgener Transaktionen, also über Nicht-Banken abgewickelte Zahlungsvorgänge. Hierzu zählen Zahlungen mittels Closed-Loop-Karten (z.B. Geschenkkarten), mobiler Apps, digitaler Geldbörsen oder Transaktionen durch virtuelle Währungen wie Bitcoins. Ihr Volumen schätzt Capgemini auf einen Anteil von 10 Prozent (40,9 Milliarden) des Gesamtvolumens an bargeldlosen Transaktionen im Jahr 2014. Dieser Anteil dürfte in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen, sind sich die Studienmacher sicher.

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