Ich meine es ernst: Diesmal wähle ich Spaßpartei. Meine Stimme bei der Europawahl am kommenden Sonntag bekommt "Die Partei". Eine obskure Splitterpartei, der politische Arm des Satiremagazins Titanic, angeführt von Spitzenkandidat Martin Sonneborn, dem früheren Titanic-Chefredakteur.
Ein Scherz?
Ganz und gar nicht. Ich setze darauf, dass "Die Partei" die Europäische Union rettet.
Mit Spaß und Spesen
Niemand ist für diese Herkulesaufgabe besser geeignet als Sonneborn. Immerhin hat er für die Rettung der Welt schon einen Grimme-Preis eingeheimst. Nun also die EU. "Auch wenn die Aufgabe unmöglich zu bewältigen scheint, wir haben nach der Rettung der Welt einfach neue, größere Herausforderungen gesucht", schreibt Sonneborn der WirtschaftsWoche auf Anfrage. Er hat einen ausgeklügelten Plan. "EU-Rettung mit Spaß und Spesen" nennt Sonneborn das Vorhaben.
Was das bedeutet, ist klar: "Wir melken die EU fast wie einer dieser kleinen südeuropäischen Staaten!" 60 Kandidaten hat die "Die Partei" – mit vollem Namen "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" – auf ihre Liste gesetzt. Mit einem einzigen Parlamentssitz wären die Satiriker allerdings schon zufrieden: Sie planen eine Sitzrotation, bei der jeder Abgeordnete nach einem Monat zurücktritt und Platz macht für den nächsten auf der Liste.
"Jeden Monat kann sich also jemand anders Brüssel aus der Nähe ansehen", sagt Sonneborn, "außerdem kommen so 60 Parteimitglieder in den Genuss der rund 30.000 Euro, die man in Brüssel ausgeben muss." Für Bürokosten etwa und Mitarbeiter. Und auch die Übergangsgelder für ausgeschiedene Abgeordnete sollen in die Höhe schnellen.
Die Ein-Prozent-Hürde
Um den Plan in die Realität umsetzen zu können, ist am Sonntag etwa ein Prozent der Stimmen nötig. So viel braucht es für einen Sitz im Europaparlament, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar die Drei-Prozent-Hürde gekippt hat. Meine Stimme bekommt die Partei.
Nicht aus Protest. Auch nicht aus Politik- oder Europaverdrossenheit. Okay, die EU zu retten ist vielleicht ein bisschen zu viel verlangt. Doch ich glaube, dass die Partei, die mit einem Sitz im Europaparlament vertreten ist, das Beste ist, was Europa passieren kann.