Nikkei schnappt sich Financial Times Wie es für Springer nach der FT-Schlappe weitergeht

Beim Verkauf des Wirtschaftsblatts Financial Times aus London zog Axel Springer den Kürzeren – eine Last-Minute-Niederlage für Springer-Boss Mathias Döpfner.

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Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE (Societas Europea), Mathias Döpfner Quelle: dpa

Ein großer Teil der Leserschaft der Financial Times dürfte aufatmen – Axel Springer kommt nicht zum Zuge beim Verkauf der Londoner Wirtschaftszeitung. Der positivste Kommentar, den die Anhänger des lachsfarbenen Blattes zu der verfrühten Meldung noch hinterließen, Springer werde wohl zum Zuge kommen, lautete: Immer noch besser als Rupert Murdoch. Viele kündigten an, im Springer-Fall ihr Abo kündigen zu wollen. Das müssen sie nun wohl nicht, und das ist sicher eine gute Nachricht für das 1888 gegründete Traditionsblatt.

Eine schlechte Nachricht ist der geplatzte Verkauf natürlich für Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Hatte der sich 2013 noch geärgert, als Amazon-Gründer Jeff Bezos sich die „Washington Post“ für vergleichsweise kleines Geld – der Preis soll bei knapp 190 Millionen Euro gelegen haben – schnappte, ist er nun in offenbar letzter Minute in einem wahrhaft dramatischen Bieter-Finale vom japanischen Medienkonzern Nikkei ausgestochen worden. Springer, heißt es, sei zuvor schon seit geraumer Zeit in Verhandlungen mit dem FT-Mutterkonzern Pearson gewesen.

Umsätze der größten Medienkonzerne der Welt

Ging es anfangs wohl noch um eine Minderheitsbeteiligung, wuchs das Volumen des möglichen Geschäfts an bis zur möglichen Komplettübernahme. Erst das Angebot der Japaner, die FT gegen Cash zu übernehmen und auch die Höhe des Angebots gaben offenbar den Ausschlag für den Zuschlag. Da konnte und wollte Döpfner nicht mehr gegenhalten; einigermaßen gesichtswahrend verschickte der Berliner Konzern kurz vor Bekanntgabe des Verkaufs an Nikkei noch sein Kauf-Dementi.

Am Rande: Was allerdings danach beim Kurznachrichtendienst Twitter los war, ließ den superschnellen Dienst einigermaßen alt aussehen – selbst Stunden nach der offiziellen Bekanntgabe setzten Twitter-Nutzer noch Meldungen ab, Springer habe die FT gekauft.

Döpfner wird das alles wenig trösten. Denn der Traum vom Kauf der FT ist geplatzt. Zweifellos hätte das Blatt perfekt in sein Beuteschema gepasst: mehr als 500.000 der über 700.000 FT-Abonnenten zahlen für die Digital-Version des Wirtschaftsblattes, da sind die Londoner ein Vorbild für die Branche.

Vor allem jedoch hätte die FT dem Springer-Konzern die Tür zur englischsprachigen Welt weit geöffnet. Die FT wird weltweit gelesen, gleichzeitig bietet das dem Verlag in der Anzeigenvermarktung grenzenlose Möglichkeiten, von denen deutsche Medienhäuser nur träumen können. Ganz zu schweigen vom Prestigegewinn, den es für den Springer-Vormann bedeutet hätte, wenn er diese Perle erbeutet hätte.

Das kann er nun vergessen und es wird spannend sein zu sehen, welche neuen Ziele Springer anpeilt. Zweifel sind allerdings angebracht, ob zu diesen tatsächlich ein wie auch immer geartetes Zusammengehen mit dem Münchner TV-Konzern ProSieben Sat.1 gehört. Hier ist die Gemengelage einigermaßen verworren, beide Seiten haben sehr eigene Interessen und Vorstellungen von der Angelegenheit.

Einen wesentlichen Unterschied gibt es indes zum Fall FT – geht Döpfner an der Themse klar als Verlierer vom Platz, muss es bei der möglichen, aber noch immer eher unwahrscheinlichen Fusion mit ProSieben Sat.1 keinen Verlierer geben. Denn wenn am Ende der Gespräche zwischen beiden Häusern auch nur eine Zusammenarbeit stehen sollte, könnten beide Konzerne davon  mindestens ebenso wenn nicht noch mehr profitieren als von einer mit vielen Fragezeichen und Unwägbarkeiten versehenen Verschmelzung.

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