Den Heimvorteil gibt es nicht nur beim Fußball. Nutzen kann ihn auch jeder, der zu Verhandlungen einlädt – und über die Sitzgelegenheiten entscheidet. Denn wie die Verhandelnden sitzen, kann ihr Verhalten spürbar beeinflussen.
Wer will, dass der andere weich wird – und genau darum geht es ja –, sollte dafür sorgen, dass der Gesprächspartner möglichst weich sitzt. Um selbst gut, also beinhart zu verhandeln, sollte man sich bewusst für den härteren Stuhl entscheiden. Zusätzlich sollte man sich selbst mit einem Kaltgetränk begnügen und dem Gegenüber einen warmen Kaffee oder Tee kredenzen.
Hokuspokus? Ganz und gar nicht.
Die Härte des Stuhls und die Temperatur des Getränks färben nämlich tatsächlich auf die innere Haltung ab, wie Psychologen um Joshua Ackerman vor einiger Zeit in Experimenten herausfanden, die sie in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichten.
Sie ließen ihre Probanden zum Beispiel über den Preis eines Autos verhandeln. Ein Teil von ihnen saß dazu auf einem harten, ungepolsterten Stuhl, die anderen in einem weichen Sessel. Während letztere schneller zu Zugeständnissen bereit waren, zeigten sich die Leute auf den harten Stühlen weit weniger kompromissbereit. Ähnliches hatten die Psychologen zuvor mit Probanden festgestellt, die wahlweise einen warmen Kaffee oder ein Kaltgetränk in der Hand hielten.





Aber warum beeinflusst der Tastsinn offenbar unsere Wahrnehmung?
Ackerman und die anderen Psychologen bieten eine plausible Erklärung: frühkindliche Erfahrungen. Babys entwickeln aus dem Zusammenspiel von Ertasten und eigenen Bewegungen möglicherweise ein psychisches Gerüst für die Entwicklung ihrer begrifflichen Wahrnehmung. Wenn sich das Kind weich gebettet fühlt, kann es sich entspannen, weil man es offensichtlich gut mit ihm meint. Und diese Erfahrung prägt sich so tief ein, dass es auch im Erwachsenenalter fortwirkt.
Der Tastsinn werde weithin unterschätzt, glauben die Forscher. „Die Hand ist eines der wichtigsten Anpassungsergebnisse in unserer Evolutionsgeschichte. Von der Kindheit an nutzen Menschen ihre Hände für zwei vorrangige Zwecke: Um Informationen zu gewinnen und ihre Umwelt zu beeinflussen.“
Mindestens so stark wie das Berühren von Dingen wirken zwischenmenschliche Berührungen. Wer Vertrauen und Sympathie seines Gegenübers gewinnen will, sollte für kurze Berührungen sorgen. Zumindest der Handschlag zu Beginn und zum Ende eines Gesprächs sollte nie fehlen.
Der positive Effekt von kurzen Berührungen ist vielfach belegt. Die Psychologen Jonathan Levav und Jennifer Argo haben zum Beispiel gezeigt, dass Probanden eher bereit waren, ein Risiko einzugehen, wenn sie vorher scheinbar zufällig sanft berührt wurden, oder man ihnen zumindest die Hand gab. Ohne Begrüßung mit Handschlag waren die Teilnehmer deutlich seltener bereit, einen Betrag, der ihnen angeboten wurde, aufs Spiel zu setzen.





Schon in dem uralten Brauch werden Verträge durch Handschlag besiegelt – dahinter verbirgt sich womöglich das Wissen um die vertrauensschaffende Wirkung von Hautkontakt.