Abwehrschirm der Ampel Union unterstützt Lindner und fordert: „Mal zwei Jahre die Pobacken zusammenkneifen“

Der haushaltspolitische Sprecher von CDU/CSU, Christian Haase, bei einer Rede im Bundestag. Quelle: imago images

Mit 200 Milliarden Euro will die Regierung den Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausstatten, um die Energiepreise zu deckeln und Unternehmen zu retten. Das ist besser als die Aufhebung der Schuldenbremse, findet der haushaltspolitische Sprecher von CDU/CSU, Christian Haase.

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WirtschaftsWoche: Herr Haase, die Koalitionsspitzen haben sich auf einen Abwehrschirm gegen die extremen Gas- und Strompreise verständigt. Eine zentrale Rolle spielt der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der nach der Coronakrise modifiziert und mit bis zu 200 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Können Sie als Haushaltspolitiker, der auf strenge Sparsamkeit achtet, damit leben?
Christian Haase: Das ist schon eine riesige Summe. Wir befinden uns aber in einem Energiekrieg mit Putin. Insofern gehen die Überlegungen in die richtige Richtung. Es sind aber noch viele Fragen offen, insbesondere die konkrete Entlastung ist nur nebulös beschrieben. Wenn man es aber macht, ist die Mobilisierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds deutlich sinnvoller als eine Finanzierung aus dem allgemeinen Bundeshaushalt.

Warum? Schließlich haben wir damit einen weiteren Schattenhaushalt, mit dem die Regierung die Schuldenbremse umgeht.
Angesichts der dramatischen Preisentwicklung bei Gas und Strom muss die Regierung entschlossen handeln. Hier fehlt es aber noch an der notwendigen Klarheit und einem konkreten Gesamtkonzept. Bei einer Finanzierung aus dem regulären Haushalt müsste die Schuldenbremse offiziell aufgehoben werden – was meiner Befürchtung nach einen Dammbruch bedeuten würde. Dann könnte jeder Minister auf Bundes- wie auch auf Landesebene hemmungslos weitere Ausgabenwünsche anmelden und womöglich leichter durchsetzen. So kann Finanzminister Christian Lindner beim Einsatz des Wirtschaftsstabilisierungsfonds jenseits der erforderlichen Stützungsmaßnahmen noch auf Einhaltung der allgemeinen Haushaltsdisziplin pochen. Wir unterstützen Lindner hier ausdrücklich gegen die grünen und roten Gegner der Schuldenbremse.

Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds hat in der Coronakrise für viele Milliarden Euro Kredite vergeben und ist – etwa bei der Lufthansa – mit Eigenkapital eingesprungen. Nun soll es aber auch verlorene Zuschüsse geben. Möglicherweise kassieren dann Stadtwerke Zuschüsse, obwohl sie eigentlich auf Dauer kerngesund sind. Finden Sie das richtig?
Zuschüsse sollten immer das allerletzte Mittel sein. Besser wäre eine Kombination. Aber auch da bestehen noch Fragen. Ich sehe auch die Verstaatlichung von Uniper kritisch. Da hat der finnische Staat als Eigentümer über viele Jahre riesige Gewinne abgesaugt und jetzt sollen die Verluste vom deutschen Staat sozialisiert werden. Das ist mit meinem marktwirtschaftlichen Verständnis einfach nicht vereinbar, die Eigentümer so leicht aus der Verantwortung zu lassen.

Und was heißt das bezogen auf die vielen Stadtwerke?
Stadtwerke arbeiten im Normalbetrieb hochprofitabel. Ich bin dafür, die Versorger über Gewährleistungen temporär zu stützen. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds könnte mit einer Einlage einspringen, die die Stadtwerke nach der Krise mit den dann wieder sprudelnden Einnahmen zurückzahlen. So ähnlich wie im Fall Lufthansa. Ich möchte in keinem Fall Stadtwerke verstaatlichen. Wie die Bremsen technisch umgesetzt werden sollen, ist mir noch unklar.

Trotzdem geht der Bund mit bis zu 200 Milliarden Euro erst einmal gegen die Krise vor, was die Staatsverschuldung in die Höhe treibt. Sollte die Koalition deshalb nicht im regulären Haushalt Ausgaben kürzen?
Auf jeden Fall. Wir haben jetzt einfach nicht das Geld für so schöne Projekte wie das Bürgergeld oder weitere Bundeszuschüsse für den öffentlichen Personenverkehr oder zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen. Wenn die Haushaltslage das nicht hergibt, dann müssen wir mal zwei Jahre die Pobacken zusammenkneifen und alle nicht absolut notwendigen Ausgaben verschieben.

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Wie kann der Staat angesichts der hohen Inflation, die über die Energiepreise hinausgeht, den Bürgern unter die Arme greifen?
Zunächst einmal bin ich mit Finanzminister Lindner auch hier einer Meinung, dass der Staat keine riesigen Ausgabenpakete schnüren sollte, die die Inflation weiter anheizen würden. Geld gibt es im System schon mehr als genug. Statt dessen bin ich für gezielte Entlastungen. Konkret plädiere ich für eine weitere Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags. Das hätte zur Folge, dass gerade die unteren Lohngruppen mehr Geld in ihren Geldbeuteln hätten. Und der Staat würde auf einen Teil der inflationsbedingten Steuermehreinnahmen verzichten.

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