Bewerbungsfotos Worauf es beim Businessfoto ankommt

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So kommt die gewünschte Körpersprache zustande

Auch bei dem männlichen Foto-Kandidaten Wolfgang Doerfler, Partner bei der Management-Beratung EIM Executive Interim Management, entscheiden winzige Veränderungen in Haltung und Gesichtsausdruck darüber, ob man sich ehrfurchtsvoll verneigen oder mit dem Mann auf dem Foto ein Bier trinken gehen möchte. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, braucht es aber nicht nur den richtigen Anzug, sondern auch die angemessene Körpersprache. Die lässt sich im Zweifelsfall durch kleine Gedankenspiele, wie sie auch Sommerfeldt mit ihren Kunden macht, beeinflussen.

Dass das wirklich funktioniert, hat die amerikanische Sozialpsychologin Amy Cuddy in einem Experiment nachweisen können. Dafür ließ sie rund 40 Studenten verschiedene Posen einnehmen. Eine Gruppe sollte Haltungen einnehmen, die Stärke und Überlegenheit demonstrieren: Sie legten die Füße auf den Tisch oder verschränkten die Arme hinter den Kopf. Die andere Gruppe machte sich körperlich klein und kauerte sich zusammen.
Das Ergebnis: Bei denjenigen, die die Machtpositionen eingenommen hatten, stieg der Testosteronspiegel im Blut und das Stresshormons Cortisol wurde geringer. Diejenigen, die sich klein gemacht hatten, hatten dafür eine höhere Cortisol-Dosis und weniger Testosteron im Blut. Dementsprechend sicher beziehungsweise unsicher verhielten sich die Probanden auch in anschließenden Befragungen.

Siegerposen machen selbstbewusst, Selbstbewusstsein macht Siegerposen

Wer also ein wichtiges Gespräch vor sich hat oder einen wichtigen Vortrag halten muss, sollte davor ein paar Minuten in einer Siegerpose verharren. Statt mit gesenktem Kopf, gebeugtem Rücken und überkreuzten Füßen vor der Tür des Chefs zu warten, sollte man lieber eine raumgreifende Position einnehmen: Breite Schultern, gerader Rücken, Arme locker, Kopf hoch - das färbt auf den Hormonspiegel im Blut ab und macht selbstsicher. Umgekehrt sorgen die Gedanken an einen Sieg - Doerfler malte sich aus, wie er einen Kontrahenten beim Tennis besiegte - auch für eine Körperhaltung, die sagt: Mir kann keiner was.

"Ein breitbeiniger Stand weckt den inneren Cowboy", sagt Sommerfeldt. "Auch wenn der Kandidat im Bewerbungsprozess vielleicht gerade nicht so gut drauf ist." Sie empfiehlt ihren Kunden außerdem, während des Fotografierens die Hände in die Hosentaschen zu stecken. Dadurch entstehe eine ganz andere Körperspannung, als wenn die Arme einfach nur schlaff herabhängen. Die Hände und Beine sieht man ja nachher auf dem Foto nicht – die Ausstrahlung schon. Und die könne auch der begabteste Fotograf oder Visagist nicht hin- oder wegschminken oder retuschieren. "Das muss von Innen kommen."

So kleiden Sie sich richtig

Also lässt Sommerfeldt ihre Kunden nicht nur an gewonnene Tennismatchs denken, sondern auch ein bisschen turnen: "Wer zu aufrecht steht, wirkt im Bild unnahbar", sagt sie. "Wer dagegen Kopf, Hals und Rücken aufrecht hält und nur aus der Hüfte leicht nach vorn auf die Kamera zukippt, wirkt auf dem Foto offen und zugewandt."

Deshalb müssen sich sowohl Doerfler als auch Gohm so lange verbiegen und vor oder zurück schaukeln, bis das Foto perfekt ist. Den einen Fuß nach links, den anderen nach vorn, fester Stand, Hüfte hierhin, Rücken dorthin, Schultern nicht hängen lassen, aber auch nicht hochziehen – und dabei freundlich und natürlich wirken. Beide sind sich einig: Das ist ganz schön anstrengend. "Das fühlt sich alles seltsam an, sieht aber hinterher ganz natürlich aus", sagt Sommerfeldt. Aber warum der ganze Aufwand? "Wenn man Leute so fotografiert, wie sie sich natürlich geben würden - bequem sitzend - wirken sie meist zu passiv und eher unprofessionell." Und so sollte sich im beruflichen Kontext niemand präsentieren, der nicht auch in Jogginghose zur Vorstandssitzung gehen würde.

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