Delta- & Lambda-Variante Wie gefährlich sind die Corona-Mutationen wirklich?

Wie gefährlich sind die Corona-Mutationen für den Erfolg der globalen Impfkampagne? Quelle: dpa

Seit Beginn der Coronapandemie sind weltweit Mutationen des Virus aufgetaucht. Neben den Alpha-, Beta- und Gamma-Mutationen, machen nun insbesondere die Delta- und Lambda-Mutationen Schlagzeilen. Wie wirksam sind die bisherigen Corona-Impfstoffe gegen die Virusvarianten? Ein Überblick.

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Die Alpha-Variante – B.1.1.7

Die SARS-CoV-2-Virusvariante B.1.1.7 (Alpha) trat vermutlich erstmals im September 2020 in Großbritannien auf und breitete sich seitdem rasant aus. Im Dezember 2020 berichteten britische Behörden über die Mutation, die sich in den folgenden Wochen und Monaten weiter verbreitete – auch in Deutschland.

In der Kalenderwoche 16 des Jahres 2021 (19. – 25. April 2021) machte die Virusvariante B.1.1.7 (Alpha) bereits über 90,3 Prozent der Coronafälle in Deutschland aus. Zum Vergleich: In der Kalenderwoche acht (22. – 28. Februar 2021) lag die Anzahl der positiv getesteten mit der SARS-CoV-2-Virusvariante B.1.1.7 bei rund 40 Prozent.

Der rasante Anstieg der Virusmutation liegt vor allem daran, dass die Variante leichter übertragbar ist und somit eine deutlich höhere Reproduktionsrate aufweist. Grund für die höhere Reproduktionsrate soll eine Mutation des sogenannten Spike-Proteins sein, welche dazu führt, dass das Virus leichter an den Zielzellen andocken kann.

Inzwischen macht die Delta-Variante den größten Anteil der Corona-Infektionen in Deutschland aus. Der Anteil der Alpha-Variante liegt in der Kalenderwoche 25 nur noch bei rund 33,3 Prozent.

Ist die B.1.1.7-Mutation (Alpha) wirklich tödlicher?

Zunächst gingen Forscher davon aus, dass die Virusmutation B.1.1.7 (Alpha) tödlicher sei als das eigentliche Coronavirus. Inzwischen gibt es aber Studien, die dies widerlegen.

Forscher des University-College in London untersuchten die Viruslast der Infizierten mithilfe von PCR-Tests und verglichen diese dann mit den Daten des ursprünglichen Coronavirus. Sie stellten fest, dass die Infizierten mit der Alpha-Variante zwar eine höhere Viruslast aufzeigten, die Anzahl der Infizierten die an der B.1.1.7 (Alpha) Variante starben war allerdings nicht höher.

Verringert die B.1.1.7-Virusvariante (Alpha) die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe?

Laut RKI gibt es aktuell keine „Hinweise auf eine substantiell verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe“. Die bisher verfügbaren Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca weisen laut ersten Erkenntnissen eine etwa gleich hohe Wirksamkeit gegen die B.1.1.7-Mutation wie gegen das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus auf.

Allerdings gibt es auch eine Sonderform der Virusvariante, genannt B.1.1.7 E484K. Das RKI geht laut aktuellem Kenntnisstand davon aus, „dass die derzeit erhältlichen Impfstoffe gegen diese Variante eine geringere Wirksamkeit aufweisen könnten“. Die Sonderform der B.1.1.7-Mutation weist eine zusätzliche Mutation im Spike-Protein auf, welche die B.1.1.7 E484K Sonderform unempfindlicher gegenüber bereits gebildeten Antikörpern macht.

Die Beta-Variante – B.1.351 (Beta)

Über die SARS-CoV-2-Virusvariante B.1.351 (Beta) wurde ebenfalls im Dezember 2020 erstmals berichtet. In Deutschland macht die B.1.351-Virusmutation laut RKI allerdings nur einen geringen Anteil der Corona-Infektionen aus. Aktuell sind in Deutschland etwas weniger als ein Prozent der Corona-Infektionen auf die Variante aus Südafrika zurückzuführen.

Genau wie die Mutation B.1.1.7 (Alpha) beinhaltet die Beta-Variante B.1.351 mehrere Mutationen. Eine der Mutationen befindet sich ebenfalls auf dem Spike-Protein.

Infektion und Krankheitsverlauf

Eine weitere Gemeinsamkeit der Alpha-Variante B.1.1.7 und der Beta-Variante B.1.351 ist die höhere Reproduktionsrate, die beide Mutationen aufweisen. Die Beta-Variante ist somit ansteckender als die ursprüngliche SARS-CoV-2-Virusvariante, da eine Infektion bei einer deutlich geringeren Virusmenge erfolgen kann.

Zudem gibt es Anzeichen, dass sich bereits Genesene erneut mit der B.1.351 (Beta) Mutation anstecken können. Forscher aus Südafrika konnten nach ersten Erkenntnissen allerdings auch bei der Beta-Mutation nicht feststellen, dass diese tödlicher verläuft als die Ursprungsvariante des Coronavirus.

Verringert die Beta-Mutation B.1.351 die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe?

Die B.1.351-Variante (Beta) ist aufgrund der Spike-Mutation unempfindlicher gegenüber Antikörpern und kann der Immunantwort somit besser ausweichen.

Forscher der Universitäten Oxford und Witwatersrand haben herausgefunden, dass der AstraZeneca-Impfstoff nur einen minimalen Schutz gegen leichte und mittelschwere Krankheitsverläufe bietet. Trotz Impfung entwickelten Teilnehmer an der durchgeführten Studie Symptome. Positiv sei jedoch, dass der AstraZeneca-Impfstoff weiterhin vor schweren Krankheitsverläufen schütze.

Bereits im Februar veröffentlichten die Corona-Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna zwei Studien im „New England Journal of Medicine“. Beide Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Impfstoffe eine geringere Schutzwirkung gegen die Beta-Mutation aufweisen, da die Zahl der gebildeten Antikörper geringer war als bei Infizierten mit anderen Virusvarianten. 

Zwei Studien aus Katar und Israel kommen zu dem Ergebnis, dass der Biontech/Pfizer-Impfstoff außerordentlich wirksam gegen schwere Verläufe der Virusvarianten B.1.1.7 (Alpha) und B.1.351 (Beta) ist. Zwar schütze der Impfstoff vor einer Infektion mit der Beta-Mutation B.1.351 nur zu 72,1 bis 75,1 Prozent, das seien dennoch gute Nachrichten. Forscher halten die Beta-Variante für eine der besorgniserregendsten bisher bekannten Mutation. Deshalb seien die Erkenntnisse trotz einer Verringerung des Impfschutzes positiv. Insgesamt verhindere die Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff schwere, kritische und tödliche Krankheitsverläufe bei einer Infektion mit der B.1.1.7- und der B.1.351-Mutation zu 100 Prozent.

(Hinweis: Bei einer Infektion mit dem ursprünglichen Coronavirus schützt der Biontech/Pfizer-Impfstoff laut derselben Studie zu 97,4 Prozent vor schweren, kritischen oder tödlichen Krankheitsverläufen. Die Erkenntnis, dass der Schutz vor schweren, kritischen oder tödlichen Krankheitsverläufen bei Infektionen mit der B.1.1.7- und der B.1.351-Mutation etwas höher ist, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die betrachtete Stichprobengröße kleiner war.)

Die Gamma-Variante – P.1

Die SARS-CoV-2-Virusvariante P.1 (Gamma) wurde erstmals im Dezember 2020 im brasilianischen Staat Amazonas entdeckt. Sie weist ebenfalls mehrere Mutationen auf, unter anderem auch die Mutation N501Y auf dem Spike-Protein und ähnelt der Beta-Mutation B.1.351.

In Deutschland wurden bisher nur wenige Fälle der Virusvariante P.1 (Gamma) gemeldet. Laut RKI liegt die Anzahl der positiv getesteten mit der Virusmutation P.1 (Gamma) in Deutschland konstant bei etwa 0,8 Prozent.

Infektion und Krankheitsverlauf

Ähnlich wie bei der Beta-Virusmutation B.1.351 gehen Forscher davon aus, dass die Mutation P.1 (Gamma) ansteckender ist als das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus. Die Übertragbarkeit der Variante P.1 soll 1,4 bis 2,2 mal höher sein als bei dem ursprünglichen Virus.

Zudem scheint die SARS-CoV-2-Virusvariante P.1 (Gamma) der Immunantwort ebenfalls leichter ausweichen zu können, weshalb davon ausgegangen wird, dass sich Genesene und Geimpfte erneut mit dem Virus infizieren können. 

Das zeigen erste Erkenntnisse aus der brasilianischen Stadt Manaus. In der Stadt hatten sich bereits mehr als dreiviertel der Bevölkerung mit dem Virus infiziert, weshalb man davon ausging, dass in der Stadt eine Herdenimmunität herrscht. Dennoch kam es in Manaus zu einem erneuten Ausbruch mit der Virusvariante P.1 (Gamma), bei der sich viele Menschen nach einer bereits überstandenen Infektion erneut mit dem Virus infizierten. 

Hinweise darauf, dass die Virusmutation P.1 auch zu einer erhöhten Sterblichkeit führt, gibt es bislang nicht.

Verringert die Gamma-Mutation P.1 die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe?

Inwieweit die verfügbaren Corona-Impfstoffe gegen die Virusmutation P.1 (Gamma) schützen, ist bisher nicht abschließend geklärt. 

Erste Studien liefern Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit der verfügbaren Corona-Impfstoffe einen geringeren Impfschutz gegen die Virusmutation P.1 (Gamma) bieten. 

Im Vergleich zu der sehr ähnlichen Virusmutation B.1.351 (Beta) scheinen die Impfstoffe bei der brasilianischen Mutation aber einen höheren Schutz zu bieten.

Die Delta-Variante – B.1.617.2

Zuletzt sorgte vor allem die SARS-CoV-2-Virusvariante B.1.617.2 (Delta) für Aufsehen. Die Virusvariante die zunächst in Indien entdeckt wurde und sich dort rasch verbreitete, ist inzwischen auch in Europa angekommen und dominiert das Infektionsgeschehen. Die WHO geht davon aus, dass die Virusvariante weltweit dominierend sein wird.

Während die Delta-Variante in Großbritannien bereits 96 Prozent der Corona-Infektionen ausmacht, liegt ihr Anteil in Deutschland in der Kalenderwoche 25 bereits bei rund 59 Prozent. Der Anteil der zuvor dominierenden Alpha-Variante liegt in Deutschland inzwischen bei rund 33 Prozent, berichtet das Robert-Koch-Institut.

Im Zusammenhang mit der indischen Mutation B.1.617.2 wird oftmals von einer „Doppel“-Mutation gesprochen. Das liegt daran, dass die B.1.617.2-Variante zwei Mutationen auf einem Oberflächenprotein (dem Spike-Protein) aufweist. Diese Mutationen treten einzeln schon bei anderen bekannten Varianten auf, bei der indischen Variante treten sie jedoch gemeinsam auf.

Genau wie die Alpha-, Beta- und Gamma-Varianten, hat die WHO auch die Delta-Variante als „Variant of Concern“, also als besorgniserregend eingestuft.

Infektion und Krankheitsverlauf

Aufgrund der aktuell geringen Datenlage zu der Virusmutation B.1.617.2 (Delta), ist es bisher schwer, verlässliche Aussagen über erschwerte Krankheitsverläufe oder eine höhere Sterblichkeit zu treffen.

Verringert die Delta-Mutation B.1.617.2 die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe?

Auch zu der Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe im Zusammenhang mit der Virusvariante B.1.617.2 gibt es bisher nicht genügend Daten, um eine verlässliche Aussage zu treffen. Erste positive Nachrichten zur Wirksamkeit der bisher verfügbaren Impfstoffe gegen die Delta-Variante kommen aus Großbritannien.

Die Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) veröffentlichte erste Studienergebnisse nach denen der Biontech/Pfizer-Impfstoff nach zwei Impfdosen zu 96 Prozent vor Krankenhausaufenthalten im Zusammenhang mit der Delta-Variante schütze. Der AstraZeneca-Impfstoff schütze laut der Studie zu 92 Prozent vor Krankenhausaufenthalten nach einer Infektion mit der Delta-Variante.

Auch Johnson & Johnson vermeldete vor wenigen Tagen, dass das J&J-Vakzin nach einer Dosis zu 85 Prozent vor schweren Krankheitsverläufen im Zusammenhang mit der Delta-Variante schütze.

Laut ersten Erkenntnissen zeigte sich bei dem Moderna-Impfstoff eine geringfügige Reduktion der neutralisierenden Antikörper im Zusammenhang mit der Delta-Variante. Dennoch bilde das Vakzin weiterhin genügend neutralisierende Antikörper gegen die Virusvariante B.1.617.2.

Delta Plus-Variante

Bei der Delta Plus-Variante B.1.617.2.1 handelt es sich um eine erst kürzlich in Indien entdeckte Virusvariante. Die Virusvariante weist neben den ursprünglichen Mutationen der Delta-Variante eine weitere Mutation auf dem Spike-Protein auf. Diese Mutation, auch K417N genannt, kommt auch in der Beta- und Gamma-Variante vor. 

Bisher ist wenig über die Delta Plus-Variante bekannt. Experten schätzen die Delta Plus-Variante zwar als besorgniserregend ein, dennoch gebe es bisher keine Erkenntnisse darüber, dass die Variante aufgrund der zusätzlichen Mutation auf dem Spike-Protein auch gefährlicher sei.

Lambda-Variante C.37

Die sogenannte Lambda-Variante wurde erstmals im Dezember 2020 in Peru entdeckt.

Seit dem 14. Juni listet die WHO die Lambda-Variante C.37 als „Variant of Interest“ (VOI).

Auch in Europa ist die C.37-Mutation angekommen. Bei einem Corona-Ausbruch in Spanien haben sich laut offiziellen Angaben mindestens 80 Personen mit der Lambda-Variante infiziert. In Deutschland liegt der Anteil der mit der Lambda-Variante infizierten Personen laut Angaben des RKI zwischen 0,1 und 0,2 Prozent.

In Peru wird die Lambda-Mutante inzwischen bei 82 Prozent der Neuinfektionen nachgewiesen. Auch in Argentinien und Chile liegt der Anteil der Lambda-Variante bei jeweils über 30 Prozent.

Infektion und Krankheitsverlauf

Da die Datenlage bisher gering ist, können kaum verlässliche Aussagen zur Infektion und dem Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit der Lambda-Variante getroffen werden. Obwohl man auch bei der Lambda-Mutation von einer erhöhten Reproduktionsrate ausgeht, gibt es bisher allerdings keine Hinweise, die auf eine aggressiveres Verhalten oder eine erhöhte Sterblichkeit im Zusammenhang mit der Mutation deuten.

Verringert die Lamda-Mutation C.37 die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe?

Auch zur Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe gegen die Lamda-Variante ist bislang wenig bekannt. Einer ersten Studie der New York University Grossman School of Medicine zufolge, gebe es eine hohe Chance, dass die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna bei einer Infektion mit der Lamda-Variante unverändert hoch sei.

Bisher wurden die Vakzine allerdings nur in Labor-Untersuchungen getestet, weshalb auch hier die Datenlage zu gering ist, um verlässliche Angaben über die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe gegen die Lamda-Variante zu machen.
Mehr zum Thema: Corona-Update: Aktuelle News zum Coronavirus.

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