Dass Serien schnell mal abgesetzt werden, ist bei Medienunternehmen wie Disney Alltag. Beim CEO ist das allerdings überraschend, zumal dieser gerade erst im Sommer seinen Vertrag einstimmig vom Verwaltungsrat bis 2026 verlängert bekommen hatte. Aber nun hat es Bob Chapek noch nicht mal ein halbes Jahr später getroffen. Der Disney-Veteran, der dem Unternehmen fast 30 Jahre diente, seit Februar 2020 als Vorstandschef, wird abgelöst. Ausgerechnet von seinem Vorgänger Bob Iger, der Chapek als seinen Nachfolger vorgeschlagen und installiert hatte. Iger verstritt sich allerdings schnell mit Chapek, weil er sich als Executive Chairman weiterhin stärker ins Tagesgeschäft einmischen wollte, als eigentlich vereinbart war.
Die Frage, ob der Chef von Disney, einem der größten Medienkonzerne der Welt, auch selbst ein Entertainer sein muss, ist nun mit einem endgültigen Ja beantwortet.
Chapek fremdelte von Anfang an mit der Rolle. Blass sei er, ohne Visionen, ein Langweiler, wurde ihm in Hollywood vorgeworfen. Ein Entertainer wie Iger, der einst als Wetteransager gestartet war und mit seinem Charme jedes Publikum unterhalten und selbst so schwierige Charaktere wie den einstigen Apple-Chef Steve Jobs geschickt umgarnen konnte, war er nicht. Chapek wirkte auf viele eher hölzern.
Der studierte Mikrobiologe kannte sich zwar mit den Disney Themenparks aus, deren Geschäft er maßgeblich aufgebaut hatte. Aber mit dem sogenannten Talent, also den Kreativen, kam er nicht zurecht. Schlagzeilen machte seine Fehde mit Scarlett Johansson. Der Weltstar hatte Disney verklagt, weil der Film „Black Widow“ zeitgleich in den Kinos und auf dem Streamingportal Disney+ gestartet wurde. Dadurch, so Johansson, seien ihr Millionen an Einnahmen entgangen, weil ihre Entlohnung stark an die Kino-Verkäufe gekoppelt war. Man einigte sich außergerichtlich.
Der Verwaltungsrat hielt zu Chapek, gab sogar Ehrenerklärungen für ihn ab. „Bob Chapek ist der richtige Mann an der Spitze“, beteuerte Verwaltungsratschefin Susan Arnold noch im Sommer. Doch der Treueschwur galt nur so lang, wie die Zahlen stimmten. Und die sind im dritten Quartal schwer unter Druck geraten, verfehlten die Schätzungen der Analysten, und sollen auch den Verwaltungsrat überrascht haben. Zwar konnten die Disney-Parks – wegen der Schließungen während der Coronapandemie besonders gebeutelt – um 36 Prozent zulegen. Auch bei seinen Streaming-Diensten Disney+ und Hulu gewann Disney mehr Abonnenten als erwartet.
Aber all das kam zu einem hohen Preis – mehr, als die Aktionäre akzeptieren wollten. Seit Jahresbeginn hat die Disney-Aktie um 42 Prozent nachgegeben.
Der operative Gewinn bei den Vergnügungsparks verdoppelte sich zwar, brachte aber rund 100 Millionen Dollar weniger Gewinn ein als von Analysten erwartet. Ähnlich beim Film- und Mediengeschäft, dessen operativer Gewinn wegen den hohen Ausgaben beim Kampf um Marktanteile um satte 90 Prozent nachgab. Allein die Streaming-Dienste vermeldeten einen Quartalsverlust von fast 1,5 Milliarden Dollar, mehr als doppelt so viel wie im Vergleichsquartal des Vorjahres.
Jeder, wie er kann: Sieben Führungsstile
Der Chef gibt den charismatischen Führer, der die Arbeit visionär auflädt. So motiviert er die Mitarbeiter ohne materielle Anreize.
Vorgesetzte bauen auf Moral und Transparenz, außerdem kümmern sie sich um die persönlichen Belange der Mitarbeiter.
Chefs geben klare Ziele vor und unterstützen die Angestellten konstruktiv auf dem Weg dorthin, aber ohne Mikromanagement.
Auch hier gibt es Ziele, dazu aber Konsequenzen. Bei Erfüllung gibt es Belohnungen etwa durch Boni, bei Verfehlung Bestrafungen.
Erfordert Vertrauen und gute Nerven, denn Chefs geben weder detaillierte Vorgaben noch Feedback, sie lassen die Mitarbeiter machen.
Chefs verteilen Aufgaben mit Anweisungen und erwarten, dass sie befolgt werden. Wie gemacht für Kontrollfreaks und Perfektionisten.
Sie verwandelt das Büro in einen Truppenübungsplatz: Der Chef übt oft und gerne öffentlich harte Kritik an seinen Mitarbeitern.
Und auch der Ausblick fürs vierte Quartal sah nicht gut aus. Chapek plante deshalb Entlassungen und einen Einstellungsstopp. Der Verwaltungsrat hatte jedoch Zweifel, ob Chapek noch den Rückhalt seiner Manager hatte.
Die Sparmaßnahmen muss nun Iger vornehmen, der sich zunächst für zwei Jahre verpflichtet hat und dabei erneut nach einem Nachfolger suchen soll. Damit macht sich Disney jedoch sehr abhängig von Iger. Nun ist auch klar, dass dieser eigentlich nie in den Ruhestand gehen wollte, mehrfach hatte er diesen zwar angekündigt und verschoben. Mit seinen 71 Jahren fühlt er sich noch immer der Aufgabe gewachsen. Man stehe vor einer „Periode einer sehr schwierigen Transformation der ganzen Industrie und Bob Iger hat die besten Voraussetzungen dafür, das Unternehmen hindurch zu führen“, begründet Verwaltungsratschefin Arnold. So ähnlich klang es noch vor kurzem bei Chapek. Wie lange sich Arnold selbst mit ihren inhaltsleeren Treueschwüren noch halten kann, ist eine andere Frage.
Im nächsten Jahr feiert Disney sein 100-jähriges Jubiläum. Dass dieses unterhaltsam begangen wird – darum muss man sich bei Iger zumindest keine Sorgen machen.
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