Möbelhersteller Trotz hoher Inflation verkaufen sich teure Möbel besser. Warum ist das so?

Ein Kunde schaut sich Musterküchen an Quelle: dpa

Die hohe Inflation macht der Möbelindustrie zu schaffen – vor allem im Preiseinstiegssegment. Warum sich teure Sessel und Sofas derzeit besser verkaufen als Billigprodukte.

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Die deutsche Möbelindustrie bekommt die Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu spüren – ausgelöst durch die hohe Inflation und den Ukraine-Krieg. Nach einem guten Start ins Jahr 2022 sei die Nachfrage in den Monaten Juni und Juli deutlich zurückgegangen, berichtet Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie (VDM/VHK).

Im Juli lag der Auftragseingang demnach in der Wohnmöbelindustrie fast 35 Prozent und in der Polstermöbelindustrie sogar um 38,3 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Bei Küchenmöbeln lag das Minus bei 6,7 Prozent. Ein ähnlicher Abwärtstrend ist derzeit bei Haushaltstechnik zu beobachten.

Allerdings hofft die Branche, dass die Nachfrage nach dem Ende der Urlaubssaison im Herbst trotz weiter steigender Preise wieder anzieht. Schließlich gewinne das Zuhause als sicherer Rückzugsort gerade in unsicheren Zeiten an Bedeutung, so Kurth. Auch große Player im Möbelhandel bleiben optimistisch. 

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„Bis dato verspüren wir keine geringere Nachfrage“, heißt es etwa bei der Möbelkette Ikea. In der Pandemie habe das Zuhause einen noch größeren Stellenwert für die Menschen bekommen, als es bisher sowieso schon der Fall war. Ikea blicke daher „sehr optimistisch in die Zukunft“.

Auch Ikea-Wettbewerber XXXLutz sieht bislang keine Geschäftseintrübung. „Was eine nachlassende Nachfrage hinsichtlich einer etwaigen Konsumflaute angeht, so macht sich das bei uns aktuell nicht bemerkbar“, teilt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage mit. Möbel und Einrichtungen für die heimischen vier Wände seien „werthaltige Langzeitanschaffungen“, gerade in von Unsicherheiten geprägten Zeiten „kaufen unsere Kunden sogar hochwertiger ein, diese Bereitschaft spüren wir vermehrt“. Daher „sind wir auch weiterhin optimistisch“, lässt das Unternehmen wissen.

Keine Sorge ums Gas

Auch die Hersteller berichten, dass sich Premiumprodukte weiter gut verkaufen. Vor allem das untere Preissegment sei dagegen stärker von der Kaufzurückhaltung betroffen. Denn hier müssten die Käufer angesichts der hohen Energiepreise besonders auf ihr Geld achten, erläutert Branchenvertreter Kurth.

Für das Gesamtjahr erwartet die Möbelindustrie nur „eine leicht rückläufige Mengenentwicklung“. Die Umsätze sollen aufgrund der Preissteigerungen sogar um sechs bis acht Prozent zulegen. Vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte die Branche allerdings mit einem Umsatzplus von rund zehn Prozent gerechnet.

Im ersten Halbjahr 2022 konnten die deutschen Möbelhersteller ihren Umsatz noch um 13,4 Prozent auf rund 9,5 Milliarden Euro steigern. Rund zehn Prozent des Wachstums entfielen allerdings auf Preissteigerungen aufgrund gestiegener Materialkosten. Dabei wuchs das Inlandsgeschäft etwas stärker als die Exporte. Wichtigster Auslandsmarkt für die deutschen Möbelhersteller war weiterhin Frankreich, gefolgt von der Schweiz und Österreich. Die Exporte nach Russland brachen im bisherigen Jahresverlauf um 29 Prozent ein.

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Weniger Sorgen als der Rest der deutschen Industrie machen sich die Möbelhersteller wegen einer möglichen Gasknappheit – zumindest was das Heizen angeht. Denn die Heizenergie werde bei den Herstellern in der Regel durch das Verbrennen von Holzabfällen aus der eigenen Produktion erzeugt, erzählt Kurth.

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