Ehrensold, da kennt Walter Scheel sich aus. Schließlich ist er der längst kassierende BuPrä a. D. 1974 gewählt, fehlte für eine zweite Amtszeit die Mehrheit. Seitdem hat der Liberale in 33 Jahren – nach heutigem Tarif hochgerechnet – über 6,5 Millionen Euro Pension kassiert. Plus Sekretärin, Referent, Fahrer und Büro, versteht sich. Dass er Christian Wulff die Apanage nicht gönnt, ist verwunderlich. Schließlich schien er selbst in der Vergangenheit mit den 199 000 Euro pro Jahr nicht auszukommen. So reichten die eigenen Mittel für die Hochzeit mit seiner dritten Frau Barbara 1988 offenbar nicht. Scheel ging Freunde und Bekannte um Unterstützung an.
So bettelte er beim Generalbevollmächtigten des MoëtHennessy-Schampuskonzerns, Henri François-Poncet, dem Sohn des früheren französischen Botschafters in Bonn, er möge die Party flüssig machen. François-Poncet verstand das anfangs nicht ganz richtig und bot 100 Flaschen Moët & Chandon an. Doch Scheel beharrte nicht nur auf dem noch nobleren Dom Perignon, sondern verlangte auch Bares (20.000 Mark), um das Drumherum zu finanzieren. Das zwölfgängige Hochzeitsmenü (unter anderem Hummer-Ragout und Safranrisotto mit Blattgold) spendierten zwölf Sterneköche, den Wein steuerte ein befreundeter Konzertagent bei (kein Filmmanager!).
Der graue Wulff
Elegant sparte das Ehepaar Scheel auch 2009 beim Umzug aus Berlin in den Breisgau. Was nicht mehr gebraucht wurde, vermachten die Cleverles der FDP als Grundstock für das „Walter-Scheel-Zentrum“ – zwei Hinterzimmer im Thomas-Dehler-Haus. Ablehnen konnte die Partei die raffinierte Gabe ihres Ehrenvorsitzenden nicht. Gleich am Eingang hängen historische Fotos – Scheel mit der Queen, Scheel mit dem Fotomodell Nadja Auermann. Schließlich war der Ex-Präsident dem Glamour genauso wenig abgeneigt wie Wulff, beehrte beispielsweise die Verleihung des „Kneipen-Oscar“ mit seiner Anwesenheit. Dann schweift der Blick über das Geweih eines kapitalen 14-Enders, und man weiß nicht genau, ob der Ex-Präsident diesen Bock geschossen hat oder ob es sich um eine Hommage handelt an Burkhard Hirsch, einen anderen Urliberalen.
Geringe Ausbeute
Schreibtisch, Bücherschrank und etliche Regale im Stil der Siebzigerjahre brachte das Umzugsunternehmen aus der aufzulösenden Scheel-Wohnung – und natürlich die umfangreiche Bibliothek. Leider keine wertvollen Folianten und historischen Dokumente, sondern vor allem ein ungeordnetes Sammelsurium aus dem durchschnittlichen Wohnzimmerschrank – bloß en masse. Sicher, auch die in Leder gebundenen Sitzungsprotokolle des Bundestages sind dabei, vor allem aber meterweise Kunstbände und Werke, die über die Hobbys des Besitzers erzählen: vom „Golfführer ’87“ über den „ADAC Straßen- und Städteatlas 2005/2006“ und „Alles über Wein“ bis zu „Dr. Oetkers Vollwertkost“. Die „Kleine Geographie des deutschen Witzes“ steht direkt neben dem „Programm der Liberalen“.
Auf dem Schreibtisch liegt ein ramponiertes Fotoalbum vom Katerfrühstück nach dem „Presse- und Funkball 1977“ in Berlin. Aufschrift: „Besiegeln wir’s mit Kindl-Pils“. Hinter dem Schreibtisch schließlich ganz besondere Kleinodien: ein öliger Scheel auf Leinwand und seine alte Golftasche; daran festgeknotet: ein Beutel mit den ausrangierten Golfschuhen. Die Räume des Walter-Scheel-Zentrums kann man übrigens mieten, für Veranstaltungen. Das Geld geht – nein, nicht ins Breisgau. Das bekommt eine Immobiliengesellschaft, an der die FDP beteiligt ist.