IHK-Studie Binnenschiffe – in 15 Jahren ohne Kapitän

Binnenschiffe könnten schon in 15 Jahren autonom fahren Quelle: dpa

Binnenschiffe könnten bald schon autonom fahren. Im Ruhrgebiet soll das jetzt schon mal auf Flüssen und Kanälen getestet werden. Im größten europäischen Binnenhafen hat man derweil aber ganz andere Probleme.

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Mehr Schiffe statt Lastwagen - das könnte ein wichtiger Beitrag zur Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme sein. Doch der Gütertransport auf den Wasserstraßen kommt in Deutschland nicht so recht voran. Im vergangenen Jahr wurden 222 Millionen Tonnen über die Flüsse und die Kanäle transportiert. Zehn Jahre zuvor waren es noch fast 250 Millionen Tonnen.

Und das Binnenschiff droht weiter gegenüber Lastwagen und Zügen ins Hintertreffen zu geraten, befürchtet die Branche. Vor allem der Lastwagen drohe den Schiffen noch mehr Ladung abzujagen, warnen die Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Lastwagen erst ferngesteuert und dann völlig autonom über die Straßen rollen“, vermutet Ocke Hamann, Geschäftsführer der IHK Duisburg, zu deren Bereich der größte Binnenhafen Europas gehört. Damit gerate auch der Kostenvorteil des Binnenschiffs ins Wanken.

Die Kammern haben deshalb ein Projekt angestoßen, damit in Zukunft Schiffe ohne einen Kapitän am Ruder auf Flüssen und Kanälen fahren, sich selbstständig in Schleusen einfädeln und in Häfen anlegen können. „Wir haben das konkrete Ziel, in 15 Jahren autonom fahrende Binnenschiffe auf unseren Wasserstraßen zu sehen“, sagte Hamann am Mittwoch bei der Vorstellung einer Machbarkeitsstudie in Duisburg.

Autonomes Fahren biete die Chance, auch kleinere Frachtschiffe wettbewerbsfähig betreiben zu können, betont das Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme, das die Studie erstellt hat. So könnten Güter von den großen Rheinfrachtern statt auf Lastwagen auf kleinere Schiffe umgeladen und über die Kanäle weiter transportiert werden. Solche Schiffe mit deutlich weniger Ladekapazität seien nur wettbewerbsfähig, wenn sie automatisiert betrieben werden, heißt es in der Studie. Außerdem werde der Personalmangel, unter dem auch die Binnenschifffahrt leide, entschärft.

Ein Testgebiet schlägt die Studie auch vor: Ein Abschnitt des Dortmund-Ems-Kanals zwischen Dortmund und Waltrop sei dafür besonders geeignet. Auf der etwa 20 Kilometer langen Strecke gebe es relativ wenig Schiffsverkehr, die Gefahr eine Kollision mit einem Gefahrgutschiff sei gering, es könnten Schleusenmanöver und das Anliegen in verschiedenen Hafenbecken getestet werde.

Die erste Testfahrt mit einem automatisierten Schiff peilen die Autoren der Studie schon für 2021 an, da auf den Schiffen schon jetzt eine ganze Menge technischer Navigationshilfen im Einsatz seien, die weiterentwickelt werden könnten. Kommen könne der Test aber nur, wenn es Fördergelder gebe. Denn anders als in der Autobranche gebe es in der Binnenschifffahrt keine Milliardenkonzerne, die mit Hochdruck an autonomen Fahren forschten.

Für Thomas Schlipköther, im Vorstand des Duisburger Hafens für Technik und Betrieb zuständig, ist das alles ferne Zukunftsmusik. Er hat momentan ganz andere Sorgen. „Warum bauen wir nicht endlich Schiffe, die auch bei einer Wassertiefe von nur 1,20 Metern fahren können“, sagte er bei der Präsentation der Studie. „Extrem niedrige Wasserstände wie zur Zeit werden wir mehr kriegen“, fürchtet der Hafenmanager.

Und noch ein anderes Problem der Binnenschiffer braucht eine Lösung. Viele Schiffe tuckern noch mit alten Dieselmotoren über die Flüsse, die viele Schadstoffe in die Luft pusten. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) forderte deshalb in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) Umrüstprämien auch für Binnenschiffe.

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