Novavax-Impfstoff Spritze für Impfskeptiker – die ersten Dosen treffen ein

Viele Impfskeptiker warten auf den Impfstoff von Novavax. Quelle: imago images

In diesen Tagen kommt ein neues Corona-Vakzin auf den deutschen Markt. Das Mittel Nuvaxovid des US-Herstellers Novavax könnte die schwächelnde deutsche Impfkampagne wieder etwas in Schwung bringen. Die bewährte Technologie lockt Impfskeptiker – die brauchen allerdings viel Geduld.

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Es gibt bereits Tausende Vorbestellungen. Allein in Rheinland-Pfalz, wo sich Interessierte in einem Portal registrieren können, wollen sich bereits knapp 10.000 Menschen das Vakzin des US-Herstellers Novavax spritzen lassen. Die meisten von ihnen misstrauen den bisher verabreichten Impfstoffen von Herstellern wie Biontech und Moderna, die auf der innovativen mRNA-Technologie basieren. Das Novavax-Mittel Nuvaxovid ist laut Studien ähnlich wirksam, basiert aber auf einem seit vielen Jahren erprobten Verfahren.

Laut einer Forsa-Umfrage würden sich 56 Prozent der Ungeimpften womöglich impfen lassen, wenn es ein Vakzin mit klassischer Technologie gäbe. Das trifft auf Nuvaxovid zu – bislang ist es in Indonesien und auf den Philippinen im Einsatz. An diesem Mittwoch sollen die ersten 1,4 Millionen Novavax-Impfdosen Deutschland erreichen. Wann das Vakzin dann verabreicht wird, ist Sache der Bundesländer. 

Vorzug für ungeimpftes Pflegepersonal

Dabei dürfte es allerdings noch Wochen dauern, bis die meisten ihre Dosis Nuvaxovid erhalten. Viele Interessierte, die deswegen gerade ihre Hausärzte kontaktieren, werden von diesen auf das Frühjahr vertröstet. Etwa vier Millionen Dosen Nuvaxovid sollen bis Ende März verimpft werden, erklärt das Bundesgesundheitsministerium. Zum Zuge kommen dabei zunächst aber ausschließlich bislang ungeimpfte Pflegekräfte und medizinisches Personal. Dort drängt die Zeit: Ab dem 15. März gilt für Beschäftigte in Krankenhäusern und Heimen eine Impfpflicht. Erst danach können auch andere Impfskeptiker die Spritze nach und nach erhalten – ab April werden weitere 30 Millionen Impfdosen ausgeliefert. Zweimal im Abstand von drei Wochen muss das Vakzin verabreicht werden. Das Novavax-Mittel ist nach Biontech, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson der fünfte Impfstoff, der in Deutschland auf den Markt kommt.

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Insgesamt kann Novavax dafür sorgen, dass die derzeit arg schwächelnde Impfkampagne in Deutschland einen Schub bekommt – wenn auch nur einen überschaubaren. So geht Pharma-Experte Markus Manns, Fondsmanager bei Union Investment, davon aus, dass der Einsatz von Nuvaxovid die Impfquote in Deutschland „um zwei bis drei Prozentpunkte steigern“ könnte. Nicht ganz so optimistisch ist Elmar Kraus, Pharma-Analyst bei der DZ Bank: „Im Frühjahr und bei den geplanten Lockerungen wird die Impfbereitschaft nachlassen. Das bekommt auch Novavax zu spüren.“

Fondsmanager Manns ist promovierter Mediziner. Den Unterschied zwischen Nuvaxovid und den mRNA-Impfstoffen erklärt er so: „Bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna wird eine Bauanleitung gespritzt, damit der Körper das Spike-Protein, an das die Antikörper andocken, selbst bildet. Beim Impfstoff von Novavax wird gleich das gesamte Spike-Protein gespritzt. Was bei Biontech und Moderna der Körper erledigt, übernimmt bei Novavax der Bioreaktor im Labor.“

Novavax: Gestern am Abgrund, heute obenauf

Die Protein-Impfstoff-Technologie, wie sie Novavax nutzt, hat sich bereits anderswo bewährt. Nach dem gleichen Prinzip arbeitet etwa ein Grippeimpfstoff des französischen Pharmakonzerns Sanofi. Neu ist bei Novavax allerdings, dass der Impfstoff noch einen Wirkverstärker (Adjuvans) enthält. Fondsmanager Manns: „Zu Protein-Impfstoffen gibt es, anders als bei mRNA-Impfstoffen, bereits Daten zu Langzeitwirkungen. Allerdings deutet auch bei mRNA-Impfstoffen nichts daraufhin, dass es bedenkliche Langzeitwirkungen gibt.“

Der Impfstoff ist der erste große Erfolg für das US-Unternehmen Novavax aus dem US-Bundesstaat Maryland und seinen CEO Stanley Erck. 1987 gegründet, hat Novavax eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich, zuweilen stand das Unternehmen kurz vor dem Aus. Mehrmals versprachen die Amerikaner bereits Rettung vor Krankheiten wie HIV, Schweinegrippe oder Ebola – es blieb dann bei den Ankündigungen. Diesmal hat es funktioniert. „Novavax wird mit seinem Impfstoff in diesem Jahr einen weltweiten Umsatz von fünf bis sechs Milliarden Dollar erzielen“, schätzt Fondsmanager Manns. Zunächst litt Novavax an einigen Herstellungsproblemen, wodurch sich die Zulassung verzögerte, schaffte es aber, nach und nach die Qualität des Impfstoffs zu verbessern.

Konkurrenz dürfte Novavax  in naher Zukunft durch einen Impfstoff von Sanofi und GlaxoSmithKline erhalten, der nach dem gleichen Wirkprinzip arbeitet und  dessen klinische Daten noch im ersten Quartal veröffentlicht werden sollen: DZ Bank-Analyst Kraus sieht für die Konzerne einen Vorteil: „Als etablierte Impfstoff-Hersteller genießen Sanofi und GlaxoSmithKline bei Ärzten und Patienten  ein höheres Vertrauen als Novavax, das bislang noch kein Medikament auf den Markt gebracht hat.“

Hauptsache, man lässt sich impfen

Einige Fragezeichen bleiben. So ist noch unklar, inwieweit Nuvaxovid gegen die vorherrschende Omikron-Variante wirkt. Als das Vakzin in Studien getestet wurde, dominierte noch die Alpha-Variante. Wahrscheinlich ist, dass Nuvaxovid – wie die anderen Impfstoffe auch – gegen Omikron wirkt, wenn auch in reduziertem Maße. Unklar ist auch noch die Eignung als Booster-Impfstoff – dabei scheinen die Vakzine von Biontech und Moderna im Vorteil zu sein.

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Bei seinen Befürwortern gilt Nuvaxovid als Totimpfstoff – was nicht ganz exakt ist. Denn als Totimpfstoff gilt etwa ein Vakzin, das keine vermehrungsfähigen Viren bildet. Das allerdings gilt für alle bislang zugelassenen Corona-Vakzine, inklusive Biontech und Moderna. Der entscheidende Unterschied ist viel mehr, dass bei Nuvaxovid der Körper das Spike-Protein nicht selbst bildet.

Viele Forscher tun sich schwer, die Bedenken gegen die bisherigen Impfstoffe wissenschaftlich nachzuvollziehen. Letztendlich sei das aber auch egal, sagt einer der Wissenschaftler: „Wenn sich einer mit dem Totimpfstoff – warum auch immer immunisieren lassen will –, ist das sicher eine gute Option für die Zukunft.“

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst am 15.02.2022. Wir haben ihn aktualisiert.

Mehr zum Thema: Novavax-Chef Stanley Erck hat schon einmal Großes versprochen – und dann kamen die Probleme.

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