Edeka gegen Nestlé Wir lieben Druckmittel

Edeka-Tasche steht auf einer zerquetschten Cornflakes-Packung, auf der

Der Streit mit Nestlé zeigt die neue Marktmacht des Handelsriesen Edeka. Die Supermarktkette wird zum Angstgegner vieler Lieferanten.

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Der Gewinner stand fest, kaum hatte die Schlacht begonnen. „Yes!“, „Es trifft den Richtigen“, hieß es in Kommentaren im Netz. „Gratulation an Edeka“, bejubelten Onlinenutzer die Entscheidung der Supermarktkette, rund 160 Nestlé-Produkte aus den Bestelllisten zu streichen. Knapp zwei Monate sind seither vergangen, und Edeka hat den Boykott zuletzt noch ausgeweitet.

An der Wahrnehmung der Verbraucher hat das nichts geändert, wie eine Analyse des Marktforschungsinstituts YouGov für die WirtschaftsWoche zeigt. „Beim Publikum kann bislang Edeka überzeugen“, sagt Yougov-Experte Simon Kluge. Nestle hatte bei den Befragten schon im Vorfeld „keinen leichten Stand“, sagt Kluge. Doch seit Edekas Regalbann geht es richtig abwärts.

Der so genannte Buzz-Wert, über den Yougov misst, wie positiv oder negativ Nachrichten über eine Marke wahrgenommen werden, stürzte von minus vier auf zeitweise minus 17 ab und hat. Edekas Werte liegen dagegen konstant bei guten 16 bis 19 Punkten.



Der Zuspruch der Verbraucher ist kaum verwunderlich, zu sehr scheint die Auslistung von Wagner-Pizza und Kitkat-Schokoriegel dem klassischen David-gegen-Goliath-Motiv zu entsprechen. Auf der einen Seite der größte Nahrungsmittelhersteller der Welt, ein anonymer wie skandalumwitterter Konzern. Auf der anderen ein sympathischer Verbund kleiner Kaufleute, die in der TV-Werbung Schürzen mit gelben Herzen tragen und stolz verkünden: „Wir lieben Lebensmittel“.

Doch Wahrnehmung und Wirklichkeit klaffen im Fall Edeka weit auseinander. Wie kein zweiter Lebensmittelhändler dominiert die blau-gelbe Truppe das Brot- und Butter-Geschäft in Deutschland. Dabei agiert der Krämerkoloss gleichermaßen erfolgreich wie aggressiv - und überschreitet beim Preisgefeilsche mit Lieferanten schon mal die Grenzen des Erlaubten. 

Kampf der Giganten

Bereits 1907 war die „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ mit dem Ziel gegründet worden, den Markenherstellern bessere Preise abzutrotzen. Tatsächlich ist Edeka formal bis heute eine Genossenschaft - allerdings eine, mit dem Druck- und Drohpotenzial eines Handelsimperiums. 

Das sind die größten Lebensmittelhändler

Zusammen mit dem konzerneigenen Billigheimer Netto Markendiscount hat Edeka ein Netz von mehr als 11.200 Märkten über Deutschland gespannt. Rund  50 Milliarden Euro Umsatz zementieren Edekas Position als Marktführer im deutschen Lebensmittelhandel.

Im Kampf mit Nestlé hat  Unternehmenschef Markus Mosa zudem seine Verbündeten aus der europäischen Allianz Agecore eingespannt. Der Einkaufsclub steht für 140 Milliarden Euro Bruttoumsatz im Jahr, neben Edeka gehören ihm europäische Handelsketten wie Intermarché, Coop Schweiz und Colruyt an. Nestlé, so die Forderung von Agecore, soll auf breiter Front die Einkaufspreise senken.

Bislang sträubt sich Konzernchef Mark Schneider und rügt die „aggressive und europaweit koordinierte Vorgehensweise“ der Händler. Er kann sich Widerstand leisten. Jenseits des Imageschadens bleiben die wirtschaftlichen Folgen für Nestle wohl überschaubar.

Anders sieht es bei vielen mittelständischen Lieferanten aus. Die Lokalmatadore haben kaum eine andere Wahl als sich Konditionenwünschen zu fügen, wollen sie nicht einen Großteil ihrer Umsätze und damit ihre Existenz riskieren. „Der Streit zwischen Edeka und Nestlé ist ein Kampf zwischen Giganten“, sagt Katharina Dröge, wettbewerbspolitische Sprecherin der Grünen. Die Situation für kleinere Zulieferer sei „ungleich härter“ und habe sich zuletzt noch zugespitzt.

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