US-Wahlkampf Trump ist eigentlich kaum noch zu halten

Kurz vor der TV-Debatte am Sonntag erschüttert ein neues Video von 2005 Amerika. Es zeigt, wie Trump Frauen als sexuelle Beute herabwürdigt. Parteifreunde fordern seinen Rücktritt.

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Trump „jämmerlich unvorbereitet“ für Präsidentschaft
„Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden, und ihr wisst, was für eine Katastrophe diese massive Einwanderung für Deutschland und die Menschen Deutschlands ist“, sagte Trump Mitte August in einer außenpolitischen Rede in Youngstown (Ohio). „Die Kriminalität ist auf ein Niveau gestiegen, das niemand geglaubt hat, je zu sehen.“ Die USA hätten genug Probleme, ohne sich durch die ungezügelte Aufnahme syrischer Flüchtlinge weitere aufzubürden. Quelle: AP
„Jämmerlich unvorbereitet“, um die USA als Präsident führen zu können, ist Donald Trump nach Aussagen von US-Präsident Barack Obama. Auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus forderte Obama die Republikaner am Dienstag auf, Trump nicht mehr zu unterstützen. Dabei gehe es um mehr als unterschiedliche Ansichten politischer Natur, sagte Obama. Trotz des wachsenden Unmuts gegenüber Trump hat bisher kein Republikaner ihm seine Unterstützung entzogen. Obama sagte, republikanische Politiker hätten wiederholt feststellen müssen, dass Äußerungen Trumps inakzeptabel seien. „Warum unterstützen Sie ihn dann noch?“, fragte Obama. Quelle: dpa
„Belgien ist eine wunderschöne Stadt und ein herrlicher Ort - großartige Gebäude“, sagte Donald Trump in einer Rede und zeigte, wie es um seine geographischen Kenntnissen bestellt ist. „Ich war mal dort, vor vielen, vielen Jahren. Vor ein paar Monaten habe ich dann ein Statement abgegeben, nach dem Motto, Belgien ist ein elendes Loch. Dafür wurde ich dann schwer kritisiert, man hat gesagt, was für eine böse Sache - und dann hatten sie in Belgien dieses massive Problem.“ Quelle: dpa
US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die Washington Post von künftigen Wahlkampfauftritten ausgeschlossen: Auf Facebook bezeichnete er das Blatt als "unehrlich und verlogen". Die Washington Post hatte erst kürzlich kritisch über den Milliardär berichtet. In den Augen von Trump sei die Berichterstattung "unglaublich fehlerhaft", deshalb habe er der Zeitung die Akkreditierung für seine Wahlkampfveranstaltungen entzogen.Der umstrittene republikanische Präsidentschaftsbewerber Trump ist ein Quereinsteiger und hat noch nie ein politisches Amt bekleidet. Im Wahlkampf macht er immer wieder mit skurrilen Aussprüchen auf sich aufmerksam. Quelle: AP
Donald Trump Quelle: REUTERS
Donald Trump Quelle: dpa
Trumps Knaller nach dem Sieg in den Vorwahlen von Nevada: „Wir haben bei den Evangelikalen gewonnen. Wir haben bei den Jungen gewonnen, wir haben bei den Alten gewonnen. Wir haben bei den gut Gebildeten gewonnen, wir haben bei den schlecht Gebildeten gewonnen. Ich liebe die schlecht Gebildeten.“ Quelle: REUTERS

Normalerweise spricht Donald Trump frei, ohne Teleprompter. Doch in diesem Fall hält sich der republikanische Präsidentschaftskandidat exakt an die fein abgestimmte Wortwahl seines Redemanuskripts. "Ich habe ein paar dumme Sachen gesagt", sagte Trump per Videobotschaft am Freitagabend, "aber es gibt einen großen Unterschied zwischen Worten und Taten anderer". Bill Clinton habe andere Frauen im Grunde missbraucht und Hillary habe seine Opfer erniedrigt und schikaniert.

Mal wieder sucht Trump im Angriff seine Verteidigung. Doch dieses Mal dürfte es ihm schwer fallen. Man spürt seine Nervosität. Trump spricht schneller als sonst. Als wolle er die unangenehme Aufgabe möglichst zügig über die Bühne bringen und die Botschaft schnell in die Öffentlichkeit tragen.

Ein Video von 2005, das die „Washington Post“ am Freitagabend veröffentlicht hatte, zeigt einen Bus, in dem sich Trump mit dem Moderator Billy Bush unterhält. Die beiden sind im Rahmen der Unterhaltungsshow „Access Hollywood“ unterwegs. Die Mikrofone sind an. Trump erzählt, wie er versucht habe, eine verheiratete Frau „zu vögeln“. Und davon, wie er sich von schönen Frauen wie ein Magnet angezogen fühle und er sie „automatisch küssen“ müsse. Und wie man sie alle haben könne, wenn man „ein Star“ sei.

Die Wirtschaftsberater von Donald Trump

Der Wahlkampf um das Präsidentenamt hat einen erneuten Tiefpunkt erreicht. Trumps Sexismus könnte ihm sogar den Sieg kosten. Denn immer mehr Republikaner gehen auf Distanz zu ihm. Der Sprecher des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, Paul Ryan, lud Trump von einer Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin aus. Neben der Präsidentschaftswahl finden in einigen Staaten auch Senats- und Kongresswahlen statt. Solche Aussagen machten ihn „krank“, so Ryan. Frauen dürften nicht zu Objekten abgewertet werden.

Noch weiter geht der ehemalige Senator von Utah, Mike Lee. Der Republikaner forderte Trump in einer selbst aufgezeichneten Videobotschaft auf, von der Bewerbung zurück zu treten. So eine Person dürfe nicht „Führer der freien Welt“ sein. „Sie, Herr Trump, sind der Wahnsinn.“ Und Lee appelliert an seine republikanischen Parteifreunde. „Lasst uns einen neuen Kandidaten suchen.“

John Huntsman, Ex-Gouverneur von Utah und früherer Botschafter der USA in China, zog seine Unterstützung für Trump, die er erst vor einer Woche verkündet hatte, wieder zurück. „In diesem Wahlkampf geht es ohnehin immer weiter abwärts“, sagte Huntsman. Huntsman forderte die Partei auf, den Vize-Kandidaten Mike Pence zum Kandidaten zu machen.

Die Marke Donald Trump

Die republikanische Partei, die aus den Vorwahlen bis Mitte des Jahres ohnehin schon als zerrissene Organisation heraus gegangen ist, steht derzeit völlig orientierungslos da. Vor allem aber erhöht sich nun der Druck auf Trump. Am Sonntag findet in Washington die zweite TV-Debatte statt.

Für Trump steht viel auf dem Spiel. Bei der ersten Debatte sahen ihn die meisten Beobachter auf der Verliererseite. Dass sein Vize Pence bei der TV-Debatte der running mates am vergangenen Dienstag eine gute Figur machte, sorgte in den USA für heftige Reaktionen. Tenor: Pence wäre im Prinzip der bessere Kandidat.

Doch die Wähler bewerten die vulgären Aussagen von Trump möglicherweise ganz anders als die politische Elite. Zum einen konnte Trump in den Vorwahlen vor allem deshalb überzeugen, weil er sich gegen das verhasste Establishment gestellt hat. Die Sexismus-Vorwürfe könnten deshalb folgenlos verhallen. Wenn sich namhafte Republikaner wie Ryan und andere Senatoren und Gouverneure gegen Trump stellen, dann fühlen sie sich möglicherweise in ihrer Ablehnung des Establishments bestätigt.

Die größten Absurditäten im US-Wahlkampf
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Die Illuminati und Trump Quelle: REUTERS

Mehr noch dürfte eine Rolle spielen, dass die meisten Trump-Unterstützer den Republikaner wählen, um Hillary Clinton zu verhindern. 33 Prozent geben dies als primäres Ziel an, heißt es in einer Studie des renommierten Forschungsinstituts Pew Research Center. Einen so hohen Anteil der Protestwähler hat es in der Geschichte der USA noch nie gegeben.

Trump kommt sogar zugute, dass auch Clinton ihre neue Affäre hat. Die Whistleblower-Plattform Wikileaks veröffentlichte über die „Washington Post“ Inhalte von Clinton-Mails, die darauf hinweisen, dass sich Inhalte von bezahlten Reden Clintons etwa vor der Bankenlobby in ihrer Arbeit als damalige Außenministerin wiederfinden. Trump will dies, so kündigte er bereits an, am Sonntag in der TV-Debatte ausschlachten.

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