Finanzdienste im Internet Sie sind jung und wollen Ihr Geld

Konkurrenten aus dem Internet werben um Bankkunden und Anleger. Wie nützlich sind die Angebote wirklich? Und welche Chance haben sie, den etablierten Geldhäusern Geschäft wegzunehmen?

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Technisch hochgerüstete Angreifer wollen mit ihren digitalen Geschäftsmodelle den klassischen Kreditinstitute Marktanteile abjagen. Quelle: dpa Picture-Alliance

Manchmal liegen neue und alte Welt nur ein paar Schritte weit auseinander. Um die Jahrtausendwende kaufte und verkaufte Sarah Brylewski noch Wertpapiere im Dienst der Commerzbank. Heute leitet die 40-Jährige das Jungunternehmen Ayondo – um die Ecke vom Handelssaal ihres Ex-Arbeitgebers, direkt hinter dem Frankfurter Hauptbahnhof. Auch dort geht es darum, mit Finanzinstrumenten Geld zu verdienen, doch das Prinzip bei Ayondo ist komplett anders.

Das Portal hat nichts Geringeres vor, als die Transparenz sozialer Netzwerke aus dem Web auf die Finanzmärkte zu übertragen: Privatkunden können den Wertpapierkäufen und -verkäufen erfolgreicher Anleger folgen. Wikifolio aus Wien oder die Frankfurter United Signals kochen nach ähnlichen Rezepten. Setzen sie sich in großem Stil durch, werden Banker als Ratgeber bei Geldanlagen überflüssig, weil Anleger sich untereinander beraten und Tipps von Gleichgesinnten aus dem Netz holen.

Kreditinstitute durch digitale Geschäftsmodelle zu ersetzen, das ist bisher nur eine Vision – aber eine, die immer öfter diskutiert wird, seit kleine, technisch hochgerüstete Angreifer wie Ayondo und Co. den Banken Kunden abjagen wollen. Portale wie Smava vermitteln Kredite für Verbraucher und Kleinunternehmer, Avuba will ein Girokonto fürs Smartphone anbieten, das Start-up Weltsparen vom Niedrigzins geplagte deutsche Verbraucher mit lukrativeren Geldanlagen im Ausland beglücken. Und beim Internet-Zahldienst Klarna können Kunden auch Festgeld höher verzinst anlegen.

Die zehn wichtigsten jungen Finanzdienste aus dem Internet

Fintech-Firmen nennen sich die Anbieter. Ihre Gründer und Jungchefs sind gelangweilte Unternehmensberater, Ex-Banker oder kreative Techniknerds. Sie strotzen vor Selbstbewusstsein, reden gern vom disruptiven Charakter ihrer Geschäftsmodelle, mit denen sie Banken- und Finanzwelt aus den Angeln zu heben gedenken.

Bankenschreck PayPal

Noch schwimmen sie im Kielwasser der US-Internet-Giganten mit Millionen Nutzern. Die attackieren mit digitalen Finanzdiensten die Banken und werden von diesen auch als ernste Gefahr wahrgenommen – wie der Online-Händler Amazon mit seinem neuen Kartenleser für stationäre Einzelhändler, der Digitaldienst PayPal mit seinem Zahlsystem für Internet-Einkäufe oder jüngst Apple mit seiner virtuellen Geldbörse Apple Pay im neuen iPhone. „Auf die riesige Herausforderung im Privatkundengeschäft durch all das, was sich bei Google, PayPal und Co. abzeichnet, haben die Banken noch keine gemeinsame Antwort gefunden“, sagt Andreas Schmitz, Chef der Düsseldorfer Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt und bis April 2013 Präsident des privaten Bankenverbands.

„Gefährlich für die Banken ist vor allem PayPal“, urteilt Oliver Mihm, Chef der Beratung Investors Marketing aus Frankfurt. Die Ebay-Tochter nutzen in Deutschland rund 15 Millionen Kunden für Internet-Einkäufe. Mit seiner bekannten Marke und dem hohen Verbrauchervertrauen könne der Bezahldienst problemlos Girokonten und Tagesgeld anbieten, um mit den Einlagen Händler- oder Verbraucherkredite zu refinanzieren.

Doch auch den kleineren Finanzinnovatoren trauen immer mehr Branchenkenner Gefährdungspotenzial für die etablierten Geldhäuser zu, weil sie billiger sind und mehr Bequemlichkeit bieten. „Fintech-Unternehmen können günstiger anbieten als große Banken, denn sie spezialisieren sich auf wenige Dienste und schleppen keine teuren Altlasten mit sich herum“, sagt Andreas Hackethal, Professor für Retailbanking an der Universität Frankfurt und Aufsichtsratschef des Frankfurter Finanz-Start-ups Vaamo. Ihre Angebote setzten die Neuen oft aus bereits bestehenden Produkten von Fonds, Emissionshäusern oder Banken zusammen. So könnten sie an deren Größenvorteilen teilhaben und hätten kein Problem mit Regulierungsauflagen.

Berater Mihm hält die neuen Anlageportale jedoch nicht für massenmarkttauglich: „Den meisten Verbrauchern ist Geldanlage eher lästig, vor allem Social Trading ist daher ein Nischenangebot für eine kleine Zielgruppe, die Spaß daran hat.“

Die WirtschaftsWoche hat die spannendsten Finanz-Revoluzzer unter die Lupe genommen. Was bringen die neuen Finanzideen aus der digitalen Welt den Kunden, und wie steht es um ihre Chancen auf breiten Markterfolg?

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