
Wirtschaft von Oben #327 – Pacific Palisades: Hollywood-Stars lassen Schutthaufen ihrer verbrannten Villen liegen
Feuerwalzen fressen sich durch Villenviertel, legen Teile einer der reichsten Städte der USA in Schutt und Asche. Bilder, die Anfang Januar aus dem Nobelvorort von Los Angeles, Pacific Palisades, um die Welt gingen. Egal ob Millionär oder Milliardär, egal ob Schauspielerin oder reicher Erbe: Aus prächtigen Villen wurde binnen Stunden ein Schutthaufen.
Dafür, dass es sich um einen der wertvollsten Baugründe der Welt handelt, mit einer Anwohnerschaft, die in puncto Vermögen wohl ebenfalls ihre Entsprechung sucht, verschwinden die Überreste der Brände auffallend langsam. Das zeigen aktuelle Satellitenbilder von LiveEO.
Dabei gab sich Bürgermeisterin Karen Bass Mitte Mai fast triumphal: „Der Wiederaufbau ist in vollem Gange. Jeden Tag arbeiten die Einsatzkräfte daran, die Trümmer in den Palisades zu beseitigen und die Familien schnell wieder nach Hause zu bringen“, sagte die seit 2022 regierende Demokratin. Jede Woche stelle die Stadt neue Genehmigungen aus, der Wiederaufbau sei auf dem besten Weg, „der schnellste in der modernen Geschichte Kaliforniens zu werden.“
Doch der Blick aus dem All erzählt eine andere Geschichte. Zwar ist an vielen Stellen der rötliche Boden der von Trümmern geräumten Grundstücke zu erkennen, aber von einem Wiederaufbau im großen Stil kann nicht die Rede sein.
Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/PLeiades, LiveEO/Sentinel-2
Verantwortlich für die Aufräumarbeiten ist das Ingenieurkorps der US-Army. Deren Verwaltung führt Buch über jeden geräumten Schuttberg. 980.000 Tonnen Schutt von über 3290 Grundstücken seien bisher im Stadtteil Pacific Palisades beseitigt worden. Bei 2670 davon sei auch schon die finale Freigabe der Regionalverwaltung erteilt, teilt die Army auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit.
Von einem baldigen Ende ist man jedoch weit entfernt. Laut Stadtverwaltung wurden mehr als 5600 Gebäude beschädigt oder zerstört. Bis diese Spuren beseitigt sind, dürfte es noch dauern. Das US-Militär will bis Ende des Sommers fertig sein, 100 Teams seien im Einsatz.
Die Arbeiten werden jedoch nicht nur durch beschränkte Kapazitäten der Aufräumteams gebremst, sondern auch durch die Bürokratie. Am 1. Juni lief eine wichtige Frist aus, bis zu der Hauseigentümer bei der US-Armee eine Räumung beantragen mussten.
Dem letzten bekannten Stand zufolge sind nur 4249 Anträge eingegangen. Das sind rein rechnerisch mehr als 1300 weniger, als die Stadtverwaltung als beschädigt angibt. Während einige Anwohner die Häuser unter Umständen in Eigenregie abtragen, haben andere dem regionalen Fernsehsender KABC zufolge die wichtige Information der Behörden nicht erhalten, weil sie ihnen mangels Wohnsitz nicht zugestellt werden konnte – schließlich sind offenbar zahlreiche bei Familie und Freunden oder in Hotels untergekommen.

Das könnte für die Eigner teuer werden. Wer das Grundstück nicht aus eigenem Antrieb räumt oder dies beim Staat beantragt, dem drohen Strafen. „Der Müll stellt nach wie vor ein Gesundheits- und Umweltrisiko für Anwohner und Arbeiter dar, insbesondere für unsere Wasserwege, unser Meer und unsere Tierwelt“, so Stadträtin Traci Park. Im Zweifel ist die Stadt befugt, selbst eine Räumung anzuordnen und die Kosten den Eignern in Rechnung zu stellen.
Während die Behörden bei der Räumung Druck machen, läuft die Vorbereitung für den Wiederaufbau zäh. Auf Anfrage erklärt die Stadt Los Angeles, dass bis zum 27. Mai nur 65 Aufbaugenehmigungen für 49 Grundstücke erteilt wurden. Für weitere 267 seien insgesamt 375 Anträge eingegangen. Nimmt man beide Zahlen zusammen, sind dies lediglich 5,6 Prozent der insgesamt beschädigten Gebäude. Fünf Monate nach den Waldbränden ist das vormalige Villenviertel also noch weit von einem Bauboom entfernt.

Die hohe Aufmerksamkeit für die Waldbrände in der Region Los Angeles kann zumindest zu einem Teil auch mit der hohen Dichte an öffentlich bekannten Bewohnern erklärt werden, die sich in den Pacific Palisades niedergelassen hatten. Während die tatsächlichen Adressen der Schauspieler, Regisseure und Musiker vielfach nicht öffentlich bekannt sind, haben einige sich in den sozialen Medien als Opfer der Flammen zu erkennen gegeben.
Hierzu zählen Leighton Meester und Adam Brody. Das Schauspieler-Ehepaar postete Bilder ihres brennenden Anwesens. Obwohl Geld kein größeres Problem sein dürfte, lässt sich auf Satellitenbildern Stand Ende Mai weder eine Räumung noch ein beginnender Neubau erkennen. Zumindest das im Jahr 2008 laut Medienberichten für 4,6 Millionen Dollar gekaufte Anwesen des Schauspielers John Goodman scheint hingegen inzwischen geräumt zu sein.
Doch wieso zögern die Anwohner? Eine Erklärung liefert eine Analyse des Joint Centers for Housing Studies der Universität Harvard. Die Studie schätzt den Schaden der Feuer in den Stadtteilen Pacific Palisades und Eaton auf rund 52,5 Milliarden Dollar. Das Problem? Kurz vor den Bränden hatten viele Hausbesitzer ihre Versicherungspolicen gekündigt.
Daten des Federal Insurance Office (FIO) zufolge lag die Zahl der gekündigten Policen in der Region Los Angeles vor Ausbruch der Brände über dem kalifornischen Durchschnitt. Dafür verantwortlich war demnach, dass die Preise bei Hausversicherungen zwischen 2018 und 2022 um 8,7 Prozent stärker gestiegen sind als die ohnehin schon hohe Inflation. Viele Anwohner waren daher auf die staatliche Notfallversicherung angewiesen, den sogenannten Fair Access to Insurance Requirements Plan. Mit schätzungsweise 5000 angemeldeten Schäden in Verbindung mit den Bränden in Palisades und dem nördlich der Stadt gelegenen Eaton hätte dies fast den Kollaps des Instruments verursacht.
Um eine Insolvenz infolge der hohen Ausgaben von vier Milliarden Dollar zu verhindern, müssen dahinterstehende Versicherer dieses Jahr eine Milliarde Dollar nachschießen. Trotz dieser Maßnahmen und weiterer Hilfen in Höhe von vielen Milliarden gehen die Harvard-Experten davon aus, dass der Aufbau sich in die Länge ziehen wird.
Auch an anderer Stelle dürfte es lange dauern, bis die Spuren der Naturkatastrophe verheilt sind: bei der Vegetation etwa. Daten des Nasa Earth Observatory zufolge wurden rund um Pacific Palisades insgesamt 97 Quadratkilometer Wald und bewohntes Gebiet in Mitleidenschaft gezogen. Auch hier ist der Kapitalbedarf erheblich.
Grant Canary, Gründer des auf Aufforstung spezialisierten US-Unternehmens Mast Reforestation, schätzt die Kosten im Schnitt auf mehrere Millionen Dollar für wenige Tausend Hektar. Gegenüber „Tech Crunch“ sagte er: „Wenn Sie ein Landbesitzer sind und es 60 bis 80 Jahre dauert, bis diese Bäume wachsen, wird jeder Vermögensverwalter sagen: Stecken Sie Ihr Geld buchstäblich in irgendetwas anderes.“
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