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Die neue Business School und die neue Bibliothek der Wenzhou-Keane University in China. Foto: LiveEO/Google Earth/Airbus

Wirtschaft von oben #326 – UniversitätenNach Harvard geraten die US-Unis in China in Trumps Visier

Es sind nicht nur Harvard und Studenten aus dem Ausland. Trump und Verbündete gehen auch gegen Hochschulen mit Joint Venture in China vor. Satellitenbilder lassen erahnen, was auf dem Spiel steht. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.Thomas Stölzel 29.05.2025 - 11:34 Uhr

Donald Trumps aktuelle Angriffe auf ausländische Studierende an der Harvard-Universität und jetzt auch im ganzen Land sind nur Teil einer sehr viel größeren politischen Kampagne der US-Republikaner gegen die Universitäten. So attackieren Verbündete des Präsidenten im Kongress zurzeit auch solche US-Hochschulen, die in China Niederlassungen betreiben oder betrieben haben.

Das sind unter anderem namhafte Institutionen wie die Duke University aus North Carolina, die New York University (NYU) oder die University of California Berkeley. Ein aktuelles Schreiben zweier republikanisch dominierter Ausschüsse aus dem Repräsentantenhaus lässt darauf schließen, dass sie ihr Durchgreifen gerade deutlich verschärfen.

So fordern die republikanischen Vorsitzenden des „Ausschusses für Bildung und Arbeitskraft“ sowie des „Sonderausschusses für strategischen Wettbewerb zwischen den Vereinigten Staaten und der Kommunistischen Partei Chinas“ den Präsidenten der Duke-Universität auf, ein entsprechendes Joint Venture nahe Shanghai dichtzumachen. Der Vorwurf: Forscher der Duke Kunshan University hätten „gemeinsam mit chinesischen Rüstungswissenschaftlern aus Unternehmen wie Huawei, Tencent und Lenovo, die an der Spitze von Pekings militärisch-ziviler Fusionsstrategie stehen, [wissenschaftliche] Arbeiten veröffentlicht“.

Studieren in den USA

Bekommen deutsche Studenten noch ein US-Visum?

Das Schreiben bezeichnet die Universität Wuhan, mit der zusammen die Duke University die chinesische Gemeinschaftshochschule betreibt, als direkte Erweiterung des chinesischen Militär- und Geheimdienstapparates. Andere US-Hochschulen haben dem Druck der Ausschüsse bereits nachgegeben und sich aus der Volksrepublik zurückgezogen.

Eine Recherche der WirtschaftsWoche mit Satellitenbildern von LiveEO zeigt nun, wie groß der potenzielle Verlust für die US-Einrichtungen wäre, setzen sich die Republikaner mit ihrer Forderung weiter durch. Denn gemeinsam mit chinesischen Partnerhochschulen haben die US-Unis in der Volksrepublik unter ihrem Namen beachtliche Niederlassungen hochgezogen.

Allein an der Duke Kunshan University sind heute 3000 Studenten eingeschrieben – Tendenz steigend. Wer hier studiert oder forscht, kann sowohl vor Ort als auch in der Duke-Heimatstadt Durham in North Carolina Kurse belegen und wissenschaftlich arbeiten. Und erhält am Ende einen Abschluss der renommierten US-Hochschule.

Universitäten investierten hunderte Millionen

Die Universität Wuhan und die Duke haben dafür auf einst landwirtschaftlichen Flächen am Stadtrand von Shanghai ihren seit 2013 entstandenen Campus gerade noch einmal um mehr als ein Dutzend Gebäude und mehrere Sportanlagen erweitert. Die Kosten allein für diesen Komplex: mehrere Hundert Millionen Dollar. Ausgebildet werden hier Ingenieure, Betriebswirte, Umwelttechniker und Medizintechniker.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus

Die Duke University will trotz der Angriffe aus dem Capitol offenbar nicht so leicht kleinbeigeben: „Duke respektiert die wichtige Aufsichtsfunktion des Kongresses und wird daran arbeiten, den Kongress weiter über die globale Bildungsmission von Duke aufzuklären“, sagte ein Sprecher der universitätseigenen Zeitung „Duke Chronicle“.

Nach chinesischem Recht müssen solche Joint-Venture-Universitäten einen Vorstand haben, der mehrheitlich aus Chinesen besteht. Der Kanzler muss chinesischer Staatsbürger sein. In der Praxis teilt sich der aber die Führung mit einem westlichen Konterpart – einem Vizekanzler etwa. Die chinesische Regierung gewähre dem auch mit Ausländern besetzten Vorstand zudem deutlich mehr Autonomie, als an chinesischen Unis üblich. Etwa beim Lehrplan, schreibt Denis Simon, früher Vizekanzler der Duke Kunshan University. Er bezeichnet die Joint-Venture-Universitäten auch deshalb als Leuchttürme der Zusammenarbeit, die es zu schützen gelte.

Große Nachfrage nach US-Universitäten

Gerade mal 60 Kilometer östlich von Kunshan liegt der Shanghaier Campus der NYU – einschließlich Seminarräumen, Hörsälen, Laboren und Sportanlagen. Hier können Studierende einen Abschluss der renommierten New Yorker Hochschule erwerben. Eigenen Angaben zufolge wird die NYU Shanghai dieses Jahr 251 chinesische und 249 internationale Studierende neu immatrikulieren.

Die Nachfrage jedenfalls ist gewaltig. Mehr als 24.000 Bewerbungen seien diese Saison eingegangen. Knapp über die Hälfte der internationalen Bewerbungen kämen aus den USA. Jeder ausländische Student hier muss Mandarin lernen und im ersten Jahr einen chinesischen Mitbewohner haben.

Satellitenbilder zeigen, dass auf dem erst 2023 eröffneten New-Bund-Campusgelände im Stadtteil Pudong bereits weitere Gebäude entstehen:

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth/Maxar

Die 2012 gegründete NYU Shanghai ist ein Joint Venture mit der East China Normal University in Shanghai. Anders als die Duke könnte die NYU allerdings unter einem gewissen präsidialen Schutz stehen. Denn kein geringerer als Donald Trumps Sohn Barron studiert gerade auf deren New Yorker Campus.

USA sehen China-Ableger als Sicherheitsrisiko

2018 fragte die US-Zeitschrift „Time Magazine“ noch: „Hat China irgendetwas von ausländischen Universitäten zu befürchten?“ Inzwischen scheinen eher die USA vor diesen Dependancen Angst zu haben. Ein Bericht der beiden Repräsentantenhaus-Ausschüsse bezeichnet gemeinsame Institute und akademische Programme der USA mit China „als Kanäle, über die sensible US-Technologien und Forschungswissen an die Volksrepublik China weitergegeben werden und die die Verteidigungsindustrie und die militärischen Modernisierungsbemühungen der Volksrepublik China direkt unterstützen“. Eine Position, die neben den Republikanern in Washington durchaus auch Demokraten teilen.

Neben Duke und NYU betreibt die Keane University aus dem Bundesstaat New Jersey einen großen Campus in China. Der liegt in der Stadt Wenzhou, 350 Kilometer südlich von Shanghai. Das Besondere hieran, Keane ist die einzige öffentliche Hochschule der USA, die einen solchen chinesischen Ableger besitzt. Die anderen Unis sind allesamt privat organisiert. Und die Größe dieses Ablegers ist durchaus beeindruckend: Für ihn musste ein ganzes Dorf weichen.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth/Maxar

Ende vergangenen Jahres, zum zehnjährigen Bestehen des Joint Ventures, hatte Keane eine gemeinsame Forschungsinitiative gestartet, die die Campusse in den USA und China noch enger verzahnen soll. Auch das dürfte den republikanischen China-Falken kaum gefallen haben. Selbst wenn bei der Wenzhou-Keane University bisher keine vergleichbare Intervention des Repräsentantenhauses bekannt ist, ist dies wohl nur eine Frage der Zeit.

US-Unis ziehen sich aus China zurück

Ähnlich wie die Duke jetzt hatten beide Ausschüsse schon 2023 (unter republikanischer Führung) die University of California in Berkeley unter Druck gesetzt, ihr Joint Venture mit der Pekinger Tsinghua-Universität in China aufzukündigen. Mit Erfolg. Die Hochschule verkündete den Ausstieg aus China diesen Februar. Dabei hatte das gemeinsame Tsinghua-Berkeley Shenzhen Institute (keine vollwertige Universität) in Shenzhen gerade erst einen neu gebauten Komplex bezogen.

Auch hat Trump erst im April mit einer Executive Order Ermittlungen zu 220 Millionen Dollar angeordnet, die die Universität im Rahmen der Kooperation vom chinesischen Staat erhalten habe.

TSINGHUA-BERKELEY SHENZHEN INSTITUTE, SHENZHEN, PROVINZ GUANGDONG, CHINA
31.10.2024: Trotz nagelneuem Gebäude hat sich die kalifornische Universität auf politischen Druck hin aus China zurückgezogen. Foto: LiveEO/Google Earth/Airbus

Keine guten Zeiten also für solche Kooperationen. Ebenfalls aus ihren chinesischen Joint Ventures zurückgezogen haben sich offenbar auf politischen Druck hin in den vergangenen Monaten die Oakland University, das Georgia Institute of Technology und die University of Michigan.

Zumindest technologisch weniger kritisch dürfte eine Universität in der nordchinesischen Stadt Tianjin sein, die die berühmte New Yorker Musik- und Schauspielschule Juilliard errichtet hat: Die Tianjin Juilliard School. Diese besitzt neben Studienräumen auch mehrere Konzertsäle und ein Kabinetttheater, wurde 2020 in Betrieb genommen. Die Schule ist das Zentrum des Binhai New Area, einem gewaltigen Städtebauprojekt, das durch die Immobilienkrise im Land in Schwierigkeiten geraten war. Ein Ende des Prestigeprojekts Tianjin Juilliard wäre ein persönlicher Affront gegen Chinas Staatschef Xi Jinping. Denn zu dessen Verkündung in New York war eigens die chinesische First Lady Peng Liyuan, selbst Sopranistin und Hochschullehrerin, angereist. Sie hält zudem einen Ehrendoktortitel der New Yorker Julliard.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Maxar

Sechs weitere US-Universitäten – Carnegie Mellon, Purdue, Stanford, University of Illinois Urbana-Champaign, University of Maryland und die University of Southern California – erhielten im März ebenfalls Post vom „Sonderausschusses für strategischen Wettbewerb zwischen den Vereinigten Staaten und der Kommunistischen Partei Chinas“. Sie wurden aufgefordert, Informationen darüber weiterzureichen, in welchen Programmen chinesische Studenten in den USA lernen und forschen.

Hier finden Sie alle Beiträge aus der Rubrik „Wirtschaft von oben“

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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