Die Deutsche Bank stutzt unter ihrem neuen Chef Christian Sewing ihr Geschäft zurecht. Dazu gehört vor allem die Beschränkung des zuletzt schwächelnden Investmentbankings. Das teilte das größte deutsche Geldhaus am Donnerstagmorgen mit.
"Die Bank will sich konsequenter auf stabilere Ertragsquellen konzentrieren und die Geschäftsfelder stärken, die für europäische und multinationale Kunden besonders relevant sind", heißt es in einer Ad-hoc-Meldung. Dadurch sollen die Ressourcen besser verteilt werden können. Verschiedene Bereiche, "in denen der Vorstand im veränderten Marktumfeld keine nachhaltigen Wettbewerbsvorteile mehr sieht", sollen zurückgefahren werden.
Die Veränderungspläne konzentrieren sich konkret auf drei Maßnahmen:
- Erstens soll sich das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft stärker fokussieren. Die Deutsche Bank möchte sich hier auf Emissions- und Finanzierungsgeschäfte sowie die Branchen konzentrieren, die für die europäischen Kunden interessant sind. Von dieser Fokussierung scheinen sich die Banker viel zu versprechen - dort sei man schließlich Marktführer. Neben dem Heimatmarkt Deutschland will sich die Deutsche Bank auf wachsende Märkte wie Italien und Spanien konzentrieren sowie auf das Geschäft mit vermögenden Kunden, das in Deutschland und international ausgebaut werden soll.
- Zweitens werde in den USA und Asien das Geschäft in jenen Bereichen reduziert, die kaum grenzüberschreitend tätig seien.
- Drittens soll das Zinsgeschäft in den USA deutlich verkleinert werden, "um die Bilanz der Bank, die Verschuldungsposition und die Repo-Finanzierung zu reduzieren".
Die Veränderungen sprechen für eine Konzentration der Deutschen Bank auf ihre Firmenkunden. Man wolle weiterhin "weltweite Expertise (...) für Unternehmen, Finanzinstitute und Finanzinvestoren [bieten], die für die Wirtschaft in Deutschland und Europa besonders relevant sind".
Mit der Reduzierung des schwierigen US-Geschäfts setzt Deutsche-Bank-Chef Sewing zudem eine Forderung namhafter Analysten um. In der Region muss sich das Geldhaus mit großen heimischen Spielern wie JPMorgan Chase oder Goldman Sachs messen. Die US-Konkurrenz verdiente im ersten Quartal des laufenden Jahres deutlich besser.
Auch das weltweite Aktiengeschäft soll vom Vorstand auf den Prüfstand gestellt werden. Hier rechnen die Banker in "bestimmten Bereichen" ebenfalls damit, dass das Geschäft zurückgefahren wird.
Die Maßnahmen werden notwendig, weil das angestrebte Kostenniveau ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreicht werden könne, heißt es bei der Deutschen Bank. Zu solchen Maßnahmen zählt dann auch: Weniger Mitarbeiter, knappere Infrastruktur und schlankere Führungsstrukturen. "Wir planen im laufenden Jahr einen spürbaren Stellenabbau", sagte Sewing am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Die Einschnitte sollen vor allem die Investmentbank treffen.
Darüber hinaus sollen laut dem Geldhaus Ausgaben für externe Dienstleister und für Gebäude weltweit sinken. Sewing sagte, die aktuellen Renditen seien für die Aktionäre der Deutschen Bank "schlicht nicht akzeptabel". Die angestrebten Maßnahmen seien "schmerzlich, aber leider unvermeidlich, wenn unsere Bank dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben soll".
Gewinneinbruch bei der Deutschen Bank
Die jüngsten Quartalszahlen, die die Bank am Donnerstag vorlegte, zeigen, warum die Chefetage Handlungsbedarf sieht: Sie sind alles andere als rosig.
Im ersten Quartal 2018 ging der Gewinn unterm Strich deutlich zurück auf 120 Millionen Euro, die Erträge gaben um fünf Prozent auf sieben Milliarden Euro nach. Im ersten Quartal 2017 hatte das Institut noch einen Nettogewinn von 575 Millionen Euro eingefahren. Vor allem die Investmentbank musste kräftig Federn lassen - die Erträge der Sparte sanken im Vergleich zum Vorjahresquartal um 13 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Der neue Deutsche-Bank-Chef Sewing hat erst vor zweieinhalb Wochen von seinem Vorgänger John Cryan übernommen. In einer Krisensitzung des Aufsichtsrats war er am 8. April mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger ernannt worden. Zuvor war der 47-Jährige Privatkundenchef. Das erste Quartal hat daher noch Cryan zu verantworten, dem vorgeworfen wurde, er habe zu zögerlich agiert und nötige Entscheidungen, um das Institut wieder auf Kurs zu bringen, auf die lange Bank geschoben. Die Ergebnisse des ersten Quartals machten die "Notwendigkeit, sofort zu handeln" deutlich, sagte Sewing. "Es gibt keine Zeit zu verlieren".
Die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank
Der gelernte Banker handelt in den 1950er Jahren das Londoner Abkommen über deutsche Auslandsschulden aus. Ministerangebote von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) schlägt er aus. Als Aufsichtsratsvorsitzender von zeitweise bis zu 30 Aktiengesellschaften erlangt Abs später enormen wirtschaftlichen Einfluss in der Bundesrepublik.
Die erste Doppelsitze besteht, bis Klasen 1970 Präsident der Bundesbank wird. Ulrich setzt sich gegen den „Ausverkauf“ der deutschen Wirtschaft ins Ausland ein. Die Deutsche Bank übernimmt etwa 29 Prozent des Grundkapitals der Daimler-Benz AG von der Familie Flick.
Christians gilt als „Außenpolitiker“ und Vorreiter der Annäherung an die Sowjetunion. Die Deutsche Bank finanziert 1970 das bis dahin größte Ost-West-Handelsgeschäft: Mannesmann-Röhren für Gasleitungen gegen sowjetisches Erdgas. 1985 erzielt die Bank eine Milliarde Mark Gewinn durch Zerlegung und Verkauf der Flick-Gruppe.
Der Politikwissenschaftler will die Deutsche Bank zu einem Institut mit Weltstatus umbauen. Er fädelt große Übernahmen anderer Geldhäuser ein. Das „Allfinanz“-Konzept (Finanzprodukte aus einer Hand) wird zum Vorbild für andere deutsche Banken. Herrhausen kommt 1989 durch ein Attentat der RAF ums Leben.
Kopper baut das Investmentbanking aus und richtet die Bank zunehmend international aus. Eine der größten Pannen ist der Crash des Immobilien-Imperiums von Jürgen Schneider. Aus Koppers Bemerkung, offene Rechnungen in Höhe von 50 Millionen Mark seien „Peanuts“, wird das Unwort des Jahres 1994.
Als „Mister Finanzplatz“ baut er Frankfurt zu einem internationalen Finanzstandort aus. Ein Rückschlag ist 2000 die gescheiterte Fusion mit der Dresdner Bank. Später äußert sich Breuer kritisch zur Kreditwürdigkeit Leo Kirchs. Der Medienkonzern bricht zusammen, der Unternehmer verklagt Breuer und die Deutsche Bank. Eine juristische Dauerfehde beginnt.
Der Schweizer polarisiert wie kaum ein anderer Bankmanager. Im Mannesmann-Prozess zeigt er 2004 im Gerichtssaal das Victory-Zeichen, 2005 streicht er Tausende Stellen und verkündet zugleich ein Renditeziel von 25 Prozent. Die Deutsche Bank wird unter Ackermann eine weltweit führende Investmentbank, er steuert sie ohne Staatshilfen durch die Finanzkrise.
Jain verdiente jahrelang als oberster Investmentbanker Milliarden für die Deutsche Bank. Viele Probleme des Hauses haben ihre Wurzeln in der von ihm geführten Sparte. Fitschen blieb noch bis zum Ablauf der Hauptversammlung Mitte Mai 2016 im Amt.
Der als Sanierer geschätzte ehemalige UBS-Finanzchef beendete teure juristische Altfälle, stärkte das Institut mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung und brachte die Fondstochter DWS an die Börse. Allerdings gelang es ihm nicht, die Erosion der Erträge aufzuhalten. Drei Jahre hintereinander schrieb die Deutsche Bank rote Zahlen - auch wegen der Beilegung teurer Rechtsstreitigkeiten.
Der neue starke Mann: Sewing, der fast sein ganzes Berufsleben in der Deutschen Bank verbracht hat, hat Anfang April 2018 das Ruder von John Cryan übernommen.
Mit Material von Reuters und dpa