Hertie & Karstadt Es gibt wieder Käufer für Kaufhäuser

Die klassischen Kaufhäuser kommen wieder in Mode - bei Immobilieninvestoren. Mehrere Warenhäuser von Hertie und Karstadt haben jetzt neue Besitzer gefunden - sogar Marodes geht dabei über den Ladentisch.

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Das Kaufhaus Oberpollinger hat gerade den Besitzer gewechselt. Quelle: handelsblatt.com

Selten haben Kauf- und Warenhäuser so schnell den Besitzer gewechselt wie in den vergangenen Tagen. Größter Coup: Ein Gemeinschaftsunternehmen des Immobilienprojektentwicklers Centrum und der Immobiliengruppe Signa aus Österreich hat vor wenigen Tagen das Karstadt-Traditionshaus Oberpollinger und ein Karstadt-Sporthaus in München gekauft.

Das Gemeinschaftsunternehmen zahlt dafür nach eigenen Angaben 250 Millionen Euro an Highstreet, den Eigner der meisten Karstadt-Immobilien. Highstreet ist ein Konsortium, an dem Fonds der Deutsche-Bank-Immobilientochter Rreef und der Goldman-Sachs-Fondsgesellschaft Whitehall sowie weitere Investoren beteiligt sind.

Erst wenige Tage zuvor hatte Highstreet drei Karstadt-Häuser in Hamburg und München an einen offenen Immobilienspezialfonds der auch im Projektentwicklungsgeschäft aktiven Quantum-Gruppe veräußert. Von ursprünglich 164 Liegenschaften, darunter Parkhäuser und Lagerhallen, besitze Highstreet heute nur noch gut 120, heißt es in Marktkreisen. Wie viele Warenhäuser darunter sind, wissen Außenstehende nicht, und das Konsortium gibt dazu keine Auskunft. Ursprünglich sollen es etwa 90 gewesen sein.

Auch die Verkäufe von Hertie-Häusern kamen jüngst in Schwung. Der überwiegende Teil ist im Besitz der niederländischen Mercatoria Acquisitions. Hinter ihr stehen der seit drei Jahren insolvente Finanzinvestor Dawnay Day und weitere Gesellschafter. Vermarktet werden die Häuser von Christoph Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung der BNP Paribas Real Estate (BNP Paribas RE), der Maklertochter der französischen Großbank BNP. In den vergangenen Tagen wurden zwei weitere Objekte verkauft, so dass Meyer nun für 27 der 64 Häuser einen Käufer gefunden hat.

Den Käufern der Karstadt-Immobilien in den Großstädten München und Hamburg geht es dabei vor allem darum, langfristige Mietverträge zu erwerben. Wie sehr solche Objekte von in- und ausländischen Investoren gesucht werden, zeigen Zahlen des Immobiliendienstleisters Jones Lang Lasalle. Der hat im ersten Quartal 2011 etwa 3,8 Milliarden Euro Umsatz mit Einzelhandelsgebäuden gezählt, das ist schon die Hälfte dessen, was im gesamten Jahr 2010 umgesetzt wurde.

Auch Marodes wird gekauft

Das Faible der Anleger für Einzelhandelsgebäude kommt nicht von ungefähr. Dem deutschen Einzelhandel geht es gut. Der Handelsverband Deutschland, Sprachrohr des Sektors, erwartet nach einem kräftigen Plus im vergangenen Jahr 2011 ein weiteres Umsatzplus von 1,5 Prozent auf 411 Milliarden Euro. Mehr wurde in keinem der vergangenen zehn Jahre umgesetzt.

Deshalb finden sich inzwischen sogar wieder Investoren für leerstehende und manchmal auch heruntergekommene Kaufhäuser in kleineren Städten. Denn das Angebot an guten Flächen in den Innenstädten ist knapp und in der City neu zu bauen, ist nicht möglich. „Es gibt keine leeren Grundstücke in den deutschen Innenstädten“, sagt BNP-Experte Meyer. Wer Flächen sucht, kommt deshalb an sanierungsbedürftigen Gebäuden nicht vorbei.

Also wird auch Marodes eingekauft, umgebaut, anschließend an andere Nutzer neu vermietet und zum Schluss verkauft. Ein Konzept, nachdem beispielsweise die von Dawnay Day gegründete und in London an der Börse notierte Treveria arbeitet. Obwohl immer wieder wegen der gemeinsamen Vergangenheit mit Dawnay Day mit Hertie-Häusern in Verbindung gebracht, besaß die nur in Deutschland investierte Treveria nach der Insolvenz ihrer Gründerfirma nur fünf Hertie-Häuser, ein Bruchteil des aus rund 400 Liegenschaften bestehenden Portfolios. Statt in Großstädten ist Treveria nur in Fußgängerzonen mittelgroßer und kleinerer Städte vertreten. Auch dort wächst die Nachfrage, sagt Treveria-Chef Bernhard Fuhrmann: „Das Interesse der Investoren schwappt auch in die B-Städte.“

Dort steht noch so manches ehemalige Hertie-Haus leer oder wird zwischenzeitlich von Discountern oder Ein-Euro-Shops genutzt. Ein Umfeld, das für den übrigen Einzelhandel zum Problem wird, wie das Beispiel Wilhelmshaven lehrt. Dort beklagte der auf Eins-a-Innenstadtlagen spezialisierte Makler Comfort vor einem Jahr: „Wilhelmshaven leidet unter der Schließung des Hertie-Kaufhauses.“ Das Leiden könnte bald zu Ende sein: Treveria hofft auf die baldige Unterschrift unter den ersten Mietvertrag im neuen Gebäude.

Auch die Städte wollen, dass weiter saniert wird. „Die Bürgermeister fragen ständig: Wann haben Sie unser Hertie-Haus verkauft?“, berichtet Meyer. Wie viele ehemalige Kauf- und Warenhäuser leerstehen oder Mieter haben, die gerade einmal die Unterhaltskosten erwirtschaften, weiß niemand.

Eine Studie der Hafen-City-Universität in Hamburg lässt die Dimension erahnen. Sie stellt fest, dass Hertie, Karstadt und Kaufhof zwischen 1994 und 2008 die Zahl ihrer Standorte auf rund 200 halbiert haben. Noch nicht das Ende: Gerade hat Kaufhof angekündigt, vier nicht profitable Filialen in einem Jahr zu schließen.

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