Rentenmarkt Bonds überraschen mit Rekorderträgen

Das Tauwetter nach der Eiszeit an den Finanzmärkten setzte bei Anleihen bonitätsstarker Unternehmen und Schwellenländern schon Mitte Oktober 2008 ein. Da war die US-Bank Lehman Brothers gerade erst einen Monat pleite, und den Aktienmärkten standen die schlimmsten Abstürze erst noch bevor.

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Vier bis fünf Jahre laufende Anleihen von großen Konzernen wie BMW und Daimler rentierten im März 2009 mit rund sechs Prozent. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

FRANKFURT. Der Sinkflug der Dividendentitel Anfang des Jahres ließ zwar auch noch mal kurz die Kurse vieler riskanter Anleihen absacken und ihre Renditen im Gegenzug steigen. Die Kurstiefs und Renditehochs hatten die meisten Bonds aber schon Monate vorher erreicht.

Der Grund: Geld hatten die Investoren dank der niedrigen Leitzinsen und der ersten Liquiditätsspritzen der Notenbanken in Europa und den USA schon im schwarzen Herbst 2008 reichlich und im Jahr 2009 wurde es dank der konzertierten Rettungsprogramme immer mehr. Dieses Geld musste irgendwo angelegt werden. Und dazu boten sich Firmen- und Schwellenländer-Bonds an wie nie: Sie lockten mit historisch hohen Renditen und waren damit attraktiver als sichere Staatspapiere aus Deutschland oder den USA. Denn die wollte schon lange jeder haben, und deshalb warfen sie nur noch wenig ab.

Hohe Risikoprämien locken

So fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe Anfang März auf ein historisches Tief von knapp unter 2,9 Prozent. Zum Vergleich: Vier bis fünf Jahre laufende Anleihen von großen Konzernen wie BMW und Daimler rentierten zu diesem Zeitpunkt mit rund sechs Prozent. Bei dreijährigen Zinspapieren von bonitätsschwächeren Schuldnern wie Tui oder Heidelberg Cement, die nur sogenannte Junk-Bonds (Schrottanleihen) begeben können, lagen die Renditen sogar bei gut 20 Prozent.

Außerdem wurde der Run auf die Anleihen von Unternehmen und Schwellenländern dadurch gespeist, dass sie weithin als die sicherere Alternative im Vergleich zu Aktien angesehen wurden.

Das galt auch noch, als die Aktienmärkte schon längst auf Erholungskurs gegangen waren. Irgendwie misstrauten viele Investoren trotz der rasanten Rally den Dividendentiteln noch und suchten andere Anlagemöglichkeiten. Ein Zeichen dafür: Insgesamt haben europäische Anleger nach Daten des Analysehauses Lipper in diesem Jahr fast 52 Mrd. Euro netto in Fonds angelegt, die schwerpunktmäßig in europäische Unternehmensanleihen mit guter Bonität investieren. Das ist so viel wie in den gesamten sechs Jahren zuvor.

Den Ansturm auf ihre Zinspapiere nutzten Unternehmen, um sich reichlich frisches Geld von den Anleiheinvestoren zu borgen. Insgesamt haben Konzerne abseits der Finanzbranche in diesem Jahr Anleihen über 1 010 Milliarden Dollar begeben - so viel wie nie zuvor.

Für die Unternehmen wurde die Mittelaufnahme im Jahresverlauf immer günstiger. Denn dank der großen Nachfrage stiegen die Kurse der Firmenbonds rasant, und die Renditen sanken. Das brachte den Investoren Rekorderträge aus Kursgewinnen und Zinsen. Dabei lohnte vor allem der Kauf von riskanten Junk-Bonds. Allein die auf Euro lautenden Schrottanleihen brachten den Anlegern in diesem Jahr Erträge aus Kursgewinnen und Zinseinnahmen von 74 Prozent.

Zinseinnahmen plus Kursgewinne

Mit Anleihen von auf Dollar lautenden Schwellenländer ließen sich im Schnitt ebenfalls rekordverdächtige 28 Prozent verdienen. Die größten Gewinne brachten dabei Anleihen aus Lateinamerika mit Erträgen von 120 Prozent. Mit Unternehmensanleihen solider Bonität ließen sich in diesem Jahr 15 Prozent verdienen.

Die Kehrseite der Rally liegt auf der Hand. Investoren, die jetzt noch Anleihen kaufen wollen, müssen sich mit wenig Rendite zufrieden geben und die Gefahr, dass die Kurse im kommenden Jahr fallen, ist groß. So werfen auf Euro lautende Anleihen von Unternehmen - inklusive denen der Finanzbranche - mit ordentlicher Bonität im Schnitt nur noch 3,9 Prozent Rendite ab und liegen damit auf dem Niveau von vor fast vier Jahren. Auch bei Junk- und Schwellenländer-Anleihen sind die Renditen kräftig gesunken.

Das die Investoren dennoch bis Jahresende bei den Anleihen von Unternehmen und Schwellenländern zugriffen, lässt sich auch damit erklären, dass die Papiere immer noch mehr Rendite als deutsche und amerikanische Staatsanleihen bringen. Die Risikoprämien genannten Renditeabstände sind zwar auch deutlich gesunken, liegen aber weiter überdurchschnittlich hoch. Das ist für Experten ein Zeichen dafür, dass die Sorgen mit Blick auf die Konjunktur noch nicht ausgestanden sind.

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