Unsere Gedanken haben Einfluss auf unser Tun. Psychologie und Coaching haben im Zuge von Wellnessbewegung und Selbstoptimierungstrend wissenschaftliche Grundlagen für die Erklärung des Einflusses unserer Gedanken auf unseren Körper und unser Leben gelegt.
Allerdings haben sie auch dazu beigetragen, dass viele Menschen heute zwiegespalten auf das Thema reagieren. Es gibt leider zu viele „Tschakka - Du schaffst es Gurus“ und stumme Vorwürfe, dass man nur nicht gewollt oder richtig dahinter gestanden habe, wenn etwas nicht gelingt. Das alles hat uns ein bisschen abgeklärt. Trotzdem lohnt es sich, am heutigen Tag des positiven Denkens, dem Ganzen noch eine Chance zu geben. Denn was und wie wir denken, bestimmt, was wir wahrnehmen, tun und fühlen.
Wirft man einen Blick ins Gehirn zeigt sich: Enthusiastische, positive Menschen sind aufgrund der Aktivitäten im linken präfrontalen Kortex neugierig und energievoll und freuen sich an den kleinen Dingen des Alltags. Nachgewiesen hat das Richard Davidson, Psychologe an der Universität Wisconsin.
Ist dagegen der rechte präfrontale Kortex aktiv, sind wir nervös, gestresst, ängstlich. Der rechte vordere Gehirnlappen ist also der "Jammerlappen". Doch man kann den Jammerlappen ausschalten: Je häufiger Sie positive Gedanken haben, angenehme Dinge tun oder sich entspannen, umso mehr trainieren Sie die linke Seite. Wenn Sie sich allerdings immer wieder aufregen und dann in der negativen Stimmung verharren, wird sich auch das im Gehirn abbilden.
Denken Sie positiv!
Das Konzept stammt von Günter Lueger und ist ein leichter Einstieg in positives Denken. Wir tendieren dazu, Menschen und Dinge als stabil wahrzunehmen. Bei einer Kollegin, die wir als schwatzhaft abgespeichert haben, fällt es uns jedes Mal auf, wenn sie schwatzt. Achten Sie mal darauf, wann die Kollegin still ist.
Der amerikanische Begründer der Positiven Psychologie, Martin Seligmann, hat 80 Millionen Tweets und Nachrichten bei Facebook bezüglich der verwendeten Worte ausgewertet. Es zeigte sich, dass die besonders häufige Verwendung von Worten wie „fucked“ „hate“ „bored“ das Auftreten einer Herzkreislauferkrankung besser vorhersagt, als die Auswertung der medizinischen Risikofaktoren. Es gab auch Worte, die mit einem geringen Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden waren wie „thanks“, „great“, „interesting“, „love“.
Die Psychologin Barbara L. Fredrickson und Ihr Team wiesen nach, dass Menschen, die viele positive Erinnerungen haben, freundlicher und glücklicher sind. Glückliche Erinnerungen kann man sich schaffen. Zählen sie am Abend die angenehmen Dinge des Tages statt der negativen Erlebnisse.
Ute Eberle verfolgte Experimente zum Training von Optimismus und konnte zeigen, dass 5 Minuten Tagträumen zu mehr Optimismus führen.
Christian Heinrich konnte zeigen, dass unsere guten Gefühle, egal ob echt oder unecht, wirken und uns z. B. stressresistenter und gesünder machen. Es lohnt sich also auch, sich einzureden, gut gelaunt zu sein.
Das ist nicht nur schlecht für die Laune, sondern auf Dauer auch für die Gesundheit. Denn positives, ressourcenorientiertes Denken stärkt das Immunsystem. Einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse zufolge bekommen optimistische Studenten auch in stressigen Prüfungsphasen weniger leicht eine Erkältung als ihre pessimistischen Kommilitonen. Außerdem sehen Menschen, die pessimistisch denken, Prüfungsphasen eher als Belastung denn als Herausforderung.
Menschen, denen es gut geht, sehen, nutzen und erweitern ihre psychischen Ressourcen und sind dadurch nicht nur kreativer, motivierter und energievoller, sondern auch hilfsbereiter und sozial engagiert. So entsteht ein sich selbst verstärkender positiver Kreislauf.
Glück lässt sich beeinflussen
Die Glücksforschung hat sich darauf verständigt, dass es keine geborenen Optimisten oder Pessimisten gibt, genauso wenig wie Glückspilze und Pechvögel. Zu 50 Prozent bestimmt zwar die genetische Disposition, wie leicht oder schwer es uns fällt, glücklich zu sein und positiv zu denken. Von den restlichen 50 Prozent entfallen 10 Prozent auf die äußeren Umstände. 40 Prozent sind wir also selbst.
Dabei ist es allerdings wichtig zu betonen, dass Glück selten unglaublich intensiv und ekstatisch, sondern eher mittel angenehm ist. Es ist nicht der Millionengewinn im Lotto, sondern das entspannte Frühstück mit der ganzen Familie, bei dem mal keiner streitet oder quengelt. Der Urlaub im eigenen Garten macht nicht weniger glücklich als die teure Kreuzfahrt.
Und wir können das Glück noch verstärken, wenn wir uns mit ihm beschäftigen, wie Kai Ludwigs, Direktor der Happiness Research Organisation, nachgewiesen hat. Wer sich also jeden Tag an den ruhigen Stunden mit Buch und Kaffee im Garten freut, profitiert davon also mehr, als wenn er sich ausmalt, wie schön doch die Kreuzfahrt gewesen wäre.
Die Psychologin Sonja Lyubomirsky hat ein Experiment zur Wirkung von Wohlbefindenstrainings durchgeführt und nachgewiesen, dass man sich bewusst dafür entscheiden muss, sich wohl zu fühlen. Denn in jeder Suppe ist ein Haar – die Kunst ist es, nicht danach zu suchen.
Auch das muss man lernen. Oft erlebe ich, dass Menschen zu schnell aufgeben, wenn sie sich etwas vorgenommen haben und es nicht so schnell wie erhofft funktioniert. Von Violinisten und Schachspielern ist bekannt, dass in der Regel 10 Jahre bzw. 10.000 Stunden Übung nötig sind, um richtig gut zu sein. Spitzenleistungen gibt es nicht ohne Üben und tüchtige Unbegabte bringen keine Spitzenleistungen. So dürfte es auch mit dem Wohlbefinden sein.
Die Anlage entscheidet, ob es einfacher oder schwieriger ist, positiv zu denken, doch die tägliche Praxis entscheidet über den langfristigen Erfolg. Ein bemerkenswertes Nebenergebnis von Lyubomirskys Arbeit war übrigens, dass sowohl die Trainings- als auch die Kontrollgruppe den subjektiven Eindruck hatten, dass sie von der Teilnahme profitierten. Ich schlussfolgere daraus, dass schon allein die Absicht, etwas Gutes für sich zu tun, eine entsprechende Wirkung hat.